Vampirjagd: Roman (German Edition)
Burschen, und deswegen ärgerte es ihn doppelt, dass es ihm und seinen beiden Freunden nicht gelungen war, Lasskys Villa anzuzünden. Stattdessen waren sie, wie Jonny es drastisch ausdrückte, voll auf die Schnauze gefallen.
»Wenn du nicht so dumm gewesen wärst, den Kanister wegzuwerfen, hätten wir die Bude in Brand stecken und dann verschwinden können.« Obwohl es in Erwin gärte, musste er die Sache kleinreden. »Macht aber nichts. Wir werden uns ein anderes Mal um den Farbkleckser und seine Schlampe kümmern. Jetzt ist erst einmal mein alter Freund Berni dran!«
Erwin klopfte erst Jonny und dann Rainer auf die Schulter und rang sich ein Grinsen ab. »Das wird ein Spaß, sage ich euch! Der Berni wird dafür bezahlen, dass er mich vor fünf Jahren an die Polizei verpfiffen hat.«
»Sollen wir ihm …« Jonny beendete den Satz nicht, machte aber eine Bewegung mit beiden Händen, als drehe er jemand den Hals um.
»Wenn er nicht kuscht, könnte das schon sein.« Erwin grinste voller Vorfreude. Seine Rache an dem Mann, der ihn vor fünf Jahren verpfiffen hatte, war ihm weitaus wichtiger als Ferdinand Rubanters Ärger über die Ehefrau des Malers Urban Lassky.
»Der Berni muss das Geld, das er dir unterschlagen hat, in den Sand gesetzt haben«, berichtete Rainer. »Zumindest habe ich erfahren, dass ihm etliche Geschäfte geplatzt sein sollen. Auch hat er eine stattliche Summe verzockt, weil er seine Verluste durch das Spiel wieder hereinholen wollte. Danach hat mein Gewährsmann ihn aus den Augen verloren.«
Erwin zog eine grimmige Miene. Wie es aussah, würde Bernhard Mattuschek – oder Berni, wie er zumeist genannt wurde – ihm das Geld, auf das er Anspruch hatte, nicht zahlen können.
»Er kommt mir trotzdem nicht aus!« In diesen Worten schwang eine Drohung mit, die Jonny und Rainer die Köpfe einziehen ließ.
Obwohl die Zwillinge größer und stärker waren als Erwin, wussten sie, dass sie auch zu zweit den Kürzeren gegen ihn ziehen würden. Schon früher war Erwin so explosiv gewesen wie eine halbe Tonne TNT – und nicht minder gefährlich. Die fünf Jahre in der Justizanstalt hatten ihn nicht weicher gemacht.
»Was tun wir jetzt?«, fragte Jonny, als sie zum fünften Mal die U-Bahn wechselten, um ihre Spuren zu verwischen.
»Wir gehen zuerst einmal brav nach Haus und legen uns schlafen. Morgen Nachmittag besuchen wir dann Berni. Er hat lange genug Zeit gehabt, um den Kies zu besorgen.«
»Und wenn er uns verpfeift?«
»Dann erzähle ich dem Staatsanwalt ein paar von seinen früheren Dingern. Vielleicht kommt er daraufhin in dasselbe Gefängnis wie wir. Was wir dort mit ihm machen, weiß er genau. Das riskiert er nicht!«
Da Erwin annahm, die Polizei und eventuelle Zeugen genug verwirrt zu haben, verließen er und die Zwillinge an der nächsten Station die U-Bahn. Von hier aus mussten sie zwei Kilometer bis zu dem Haus zurücklegen, in dem sie derzeit Unterschlupf gefunden hatten, und die Strecke gingen sie zu Fuß. Als sie endlich in ihrer Wohnung saßen und ein paar Bier getrunken hatten, konnten sie über das, was in Lasskys Garten geschehen war, bereits Witze reißen. Schließlich hatten sie dem Maler und dessen Frau einen gehörigen Schrecken eingejagt und zum anderen die Polizei von Wien wieder einmal dumm aussehen lassen.
9
Wenn Vollmond war, ging es Vanessa meistens schlecht. In diesen Nächten konnte sie nicht einschlafen oder wurde von fürchterlichen Albträumen gequält. Diesmal war es besonders schlimm. Sie brauchte nur die Augen zu schließen, da tauchte in ihren Gedanken bereits eine dicke, endlos lange Blutwurst auf. Der Geruch stieg ihr verlockend in die Nase, und sie schmatzte unwillkürlich.
Übergangslos stand sie in einem Schlachthaus und fing das Blut von Schweinen, Rindern, Schafen, aber auch von Pferden und Hühnern mit einem Becher auf und trank es durstig. Doch es sättigte sie nicht. Noch in ihrem Traum gefangen begriff sie, dass es etwas Köstlicheres geben musste, etwas, mit dem sie ihren Hunger stillen konnte, und sie verging fast vor Sehnsucht danach.
Im nächsten Moment wurde ihr übel. Würgend wachte sie auf, sprang aus dem Bett und eilte ins Badezimmer. Es gelang ihr gerade noch, den Kopf über die Kloschüssel zu halten, dann brach alles, was sie gegessen hatte, aus ihr heraus.
Erst nach geraumer Zeit hörten die Krämpfe auf, und sie konnte sich wieder aufrichten. Als sie sich den Mund ausspülte, sah sie aus den Augenwinkeln ihre Schwester in der
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