Vampirjagd: Roman (German Edition)
zurück, ohne auf mehr als ein paar frühe Jogger zu stoßen, überquerte den Parkring und tauchte in den Stadtpark ein.
Sie fand auf Anhieb die Stelle, an der sie sich am Abend versteckt hatte, und atmete auf, als sie sowohl ihre Kleidung wie auch das Geld wiederfand. Rasch zog sie sich um und machte sich wieder auf den Weg. Auf den ersten Metern roch sie das Blut, welches von dem großen Hund stammte, der Daniela angegriffen hatte. In Stela stieg eine rasende Wut auf das Tier und dessen Herrn auf, doch sie begriff, dass sie diesem Gefühl nicht nachgeben durfte. Ihre Mutter hatte sie davor gewarnt, richtig zornig zu werden, weil sie sich dann ebenso verwandeln würde wie in einer Vollmondnacht. Zwar war ihr dies bislang noch nie passiert, doch als sie in sich hineinhorchte, fühlte sie, dass sie kurz vor einer erneuten Umwandlung stand.
Das mochte am Mond liegen, der als blasse Scheibe am Himmel stand. Stela fauchte ihn an, kehrte dem Gestirn den Rücken zu und lief zum Stephansplatz. Touristen waren dort noch keine zu sehen, nur die Männer der städtischen Müllabfuhr, die den über Tag angesammelten Unrat zusammenkehrten und wegfuhren.
Keiner von ihnen kümmerte sich um das kleine Mädchen, das sich in eine Ecke des Platzes setzte und traurig vor sich hinblickte.
11
Beim Aufstehen nahm Vanessa sich fest vor, mit Berni Tacheles zu reden. So, wie es im Augenblick zwischen ihnen lief, konnte es nicht weitergehen. Während sie das Frühstück vorbereitete, verbarrikadierte ihr Mann sich jedoch hinter seiner Zeitung, und dazu kam Stephanie ungewohnt früh aus dem Badezimmer. Dann werde ich eben im Büro mit ihm reden, sagte Vanessa sich. Ihre Schwester sollte nicht mithören, was sie ihm zu sagen hatte.
Berni verließ die Wohnung schon nach der ersten Tasse Kaffee. Seine Semmel hatte er zwar belegt, aber nicht angerührt.
Stephanie sah ihre Schwester verwundert an. »Was ist mit deinem Mann los? Gehen die Geschäfte so schlecht?«
»Eigentlich nicht. Aber es müssen diese Woche noch zwei große Partien termingerecht zu den Kunden geliefert werden, und da gibt es Probleme. Wahrscheinlich setzt ihm das so zu. Sogar ich fühle mich angespannt. Dabei schreibe ich doch nur die Briefe und E-Mails.« Vanessa versuchte darüber zu lachen, doch es klang gezwungen.
»Du hättest diesen Mann nicht heiraten sollen«, stellte Stephanie fest und angelte sich Bernis Semmel.
Bislang hatte Vanessa dem stets massiv widersprochen, doch zum ersten Mal empfand sie nun ebenfalls Zweifel. Vielleicht hatte sie Berni tatsächlich zu schnell geheiratet. Dann aber erinnerte sie sich wieder an die Vorwürfe ihrer Mutter. Sie sei nichts wert und aus ihr würde nie etwas werden, hatte diese ihr bei jeder Gelegenheit an den Kopf geworfen. Tatsächlich hatte sie unter dem Druck, dem sie zu Hause ausgesetzt gewesen war, die Matura versemmelt. Daher war es ihr besser erschienen, mit Berni zu gehen, anstatt sich weiterhin daheim als Versagerin beschimpfen zu lassen.
»Ich glaube nicht, dass du das beurteilen kannst«, sagte sie zu ihrer Schwester und machte ihr das Pausenbrot zurecht. »Wie geht es dir zurzeit in der Schule?«
Stephanie zuckte mit den Schultern. »So lala! Die nächste Klasse werde ich wohl schaffen, auch wenn es eng wird. Irgendwie geht es mir wie dir damals. Das Lernen ist halt nicht unser Ding.«
»Sieh wenigstens du zu, dass du die Matura schaffst. Das ist wichtig! Ich bekomme keinen vernünftigen Job, obwohl ich wirklich gut mit dem Computer umgehen kann, und ohne Berni müsste ich putzen gehen. Wenn du keinen Abschluss vorweisen kannst, bist du nämlich gar nichts!« Für Augenblicke spürte Vanessa die Bitterkeit über ihr damaliges Versagen. Doch sie hatte sich ständig krank gefühlt, und der Arzt war der Ansicht gewesen, ein paar Vitaminspritzen würden ihr helfen. Niemand hatte ihre Beschwerden ernst genommen.
»Ich krieg das schon hin«, versprach Stephanie und nahm die Dose mit den Broten und ihre Schulmappe an sich. Doch ihre Bewegungen wirkten müde.
Während Vanessa den Tisch abräumte, blickte sie immer wieder zum Fenster hinaus. Wenigstens erreichte ihre Schwester die Bushaltestelle früh genug und musste sich nicht abhetzen. Das wollte auch sie nicht, daher verließ sie kurz darauf die Wohnung und fuhr mit Bus und U-Bahn zu Bernis Büro.
Als sie dort ankam, ärgerte sie sich, weil Berni den Briefkasten schon wieder nicht geleert hatte. Das Blechding war mit Werbezeitschriften vollgestopft, obwohl sie
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