Vampirjagd: Roman (German Edition)
Toilettentür stehen.
»Kriegst du ein Kind?«, fragte Stephanie.
Vanessa schüttelte den Kopf. »Nein! Der Arzt meint, meine Beschwerden seien psychosomatisch bedingt.«
»Ist es seinetwegen?« Stephanie deutete mit dem Kopf in Richtung des ehelichen Schlafzimmers.
»Nein, sicher nicht. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Aber ich hatte schon als kleines Mädchen und dann wieder als Teenager ähnliche Anfälle.« Vanessa spürte, dass es vorbei war, und putzte sich rasch die Zähne. Doch auch danach blieb das Gefühl, als hätte sie eben schlachtwarmes Blut getrunken.
»Ich habe manchmal ähnliche Anfälle, aber so schlimm wie der deine eben waren sie noch nie. Wahrscheinlich hängt es mit der Blutarmut zusammen, die mir der Arzt bescheinigt hat.« Stephanie stieß einen Laut aus, der einem bitteren Lachen glich, und fragte dann, ob sie etwas für die Schwester tun könne.
»Nein danke! Es geht schon wieder.« Vanessa zog die Toilette ab und wusch sich die Hände. Dabei wunderte sie sich selbst. Die Schwäche, unter der sie eben noch gelitten hatte, war mit einem Mal verschwunden. Auch fühlte sie sich nicht mehr müde, dafür aber sehr, sehr hungrig.
»Ich glaube, ich mache mir ein Wurstbrot«, murmelte sie mehr für sich gedacht und ging im Nachthemd zur Küche.
Ihre Schwester folgte ihr und sah zu, wie sie sich zwei Brotscheiben abschnitt, diese mit Butter bestrich und schließlich dick mit Wurst belegte.
»Bist du sicher, dass du nicht doch schwanger bist?«, entfuhr es Stephanie.
»Ich war vor zwei Wochen beim Frauenarzt, und da war nichts«, antwortete Vanessa mit vollem Mund und schlang das Brot heißhungrig hinunter. Obwohl ihr Magen sich füllte, war sie nicht satt geworden, und sie fürchtete, dass sie auf diese Weise niemals mehr ihren Hunger würde stillen können.
»Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Es wird von Tag zu Tag schlimmer«, stöhnte sie, während sie sich ein weiteres Wurstbrot zurechtmachte.
»Wenn du kein Kind bekommst, hast du möglicherweise einen Bandwurm«, sagte Stephanie.
Vanessa sah sie empört an. »Bist du noch gescheit? Mit mir ist gar nichts, verstanden! Ich habe nur einen nervösen Magen. Und jetzt mach, dass du ins Bett kommst. Sonst fallen dir morgen in der Schule die Augen zu.«
Während Stephanie kopfschüttelnd abzog, verputzte Vanessa auch das zweite Brot und überlegte sich, ob sie sich noch eine weitere Scheibe abschneiden sollte. Sie ließ es jedoch sein und kehrte in ihr Schlafzimmer zurück.
Da sie erneut eine sexuelle Spannung fühlte, überlegte sie, ob sie Berni wecken sollte. Ihm würde Entspannung guttun, sagte sie sich, denn in seinem Gesicht arbeitete es, als träume er schlecht. Dabei stieß er immer wieder wimmernde Laute aus, so als hätte er Schmerzen – oder Angst.
Das musste mit den seltsamen Briefen zusammenhängen, die er ihr nicht hatte zeigen wollen, darauf hätte Vanessa alles verwettet, was sie besaß. Frustriert starrte sie Berni an. Warum zog ihr Mann sie nicht ins Vertrauen? Immerhin hatte sie vor dem Altar geschworen, in guten wie in schlechten Tagen zu ihm zu halten. Die Enttäuschung über sein Verhalten vertrieb ihre Lust, und sie legte sich wieder hin. Sie schlief sofort ein – und fand sich fast ansatzlos im nächsten Traumbild wieder.
Sie befand sich in einem Park, der ihr bekannt vorkam, ohne dass sie ihn zuordnen konnte. Der Vollmond stand fast im Zenit und leuchtete die Parkwege aus. Nur wenige Passanten waren zu dieser späten Stunde noch unterwegs. Eine Frau rannte hinter einem Pudel her, und eine andere ging quer über den Rasen, als suche sie etwas. Nicht weit davon entfernt sah Vanessa einen jungen Mann mit einem gefährlich aussehenden Hund. Als der Mann die einsame Spaziergängerin entdeckte, grinste er und ließ das Tier von der Leine.
»Pass auf!«, wollte Vanessa rufen. Doch ihr Mund war wie zugeklebt.
Verwundert sah sie, dass die Frau dem ersten Angriff des großen Hundes blitzschnell auswich. Bevor das Tier zu einer zweiten Attacke ansetzen konnte, stürzte sich ein anderer Hund auf ihn. Obwohl dieses Tier erheblich kleiner war, brachte es dem Rottweiler etliche klaffende Wunden bei, bis dieser schließlich – ganz untypisch für seine Rasse – die Rute einklemmte und jaulend vor dem viel kleineren Hund floh.
Der Kampf der beiden Hunde hatte Vanessa so fasziniert, dass sie nicht mehr auf die Frau und den Mann geachtet hatte. Als sie nach den beiden Ausschau hielt, lag er regungslos am Boden,
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