Vampirjagd: Roman (German Edition)
schmatzte.
Erschrocken zuckte sie zusammen und sagte sich, dass sie sich beherrschen musste. Ihr Hunger nach Blut ließ jedoch auch nach einer ausreichenden Portion Wurstsalat und zwei Viertel Wein nicht nach. Noch während sie mit der Versuchung kämpfte und sich sagte, dass sie Martin so schnell wie möglich verlassen musste, stellte er ihr eine direkte Frage. »Was hältst du davon, wenn wir uns einen schönen Abend machen?«
»Sehr viel!«, antwortete der Teil in Vanessa, der auf frisches Blut aus war.
»Müssen wir dafür wirklich noch durch die Stadt ziehen? Wir können doch genauso gut zu mir nach Hause fahren.«
»Dieses Angebot kann ich schlecht ablehnen.« Vanessa sog scharf die Luft ein und strich sich erneut mit der Zunge über die Eckzähne. Ihr Verstand sagte ihr, dass es besser wäre, sofort aufzuspringen und Martin sitzen zu lassen. Doch sie wusste ganz genau, dass sie danach über den ersten Menschen herfallen würde, der ihr über den Weg lief.
Mühsam zügelte sie die Gier, die sie innerlich beinahe auffraß, und lächelte. »Ich komme mit dir. Aber ich muss vorher noch Geld am Automaten ziehen!«
Gerade noch rechtzeitig hatte sie sich an die gestohlene Geldkarte erinnert. Wenn sie damit noch Geld abheben wollte, musste es geschehen, bevor der Kontobesitzer sie sperren ließ. Daher wartete sie ungeduldig, bis Martin bezahlt hatte, und verließ die Terrasse in Richtung einer Bankfiliale, die ihr auf dem Herweg aufgefallen war.
Da Martin dicht neben ihr herging, beschloss sie, seine Nähe auszunützen. Im Vorraum der Bank angekommen, suchte ihr Blick sofort die Überwachungskamera. Früher hatte sie dieses Ding nie bemerkt, doch jetzt entdeckte sie es auf Anhieb. Mit einem zufriedenen Lächeln hakte sie sich bei Martin ein und brachte ihn mit ein paar geschickten Bewegungen dazu, sie gegen die Videokamera abzuschirmen. Sie steckte die Geldkarte in den Automaten, tippte die Geheimzahl ein und ließ sich fünfhundert Euro auszahlen.
Zwar tat ihr der Besitzer der Karte leid, doch warum hatte er auch seine Geheimzahl darauf notieren müssen?, sagte sie sich, als sie mit Martin als Schutzschild gegen die Kamera die Bankfiliale verließ.
»So, jetzt können wir zu dir!«, sagte sie lächelnd.
»Es gibt nichts, was ich lieber täte!« Martin führte sie zu seinem Auto und öffnete ihr die Tür. Dann setzte er sich hinters Steuer und fuhr in Richtung Baumgarten.
»Gleich sind wir daheim!«, erklärte er, während er in die Tinterstraße einbog und sich in der Nähe des Friedhofs Baumgarten einen Parkplatz suchte.
Vanessa wartete, bis der Wagen stand, dann stieg sie mit geschmeidigen Bewegungen aus. Zwar lächelte sie scheinbar erwartungsvoll, aber innerlich fühlte sie sich entzweigerissen. Ein Teil von ihr sehnte sich nach dem Blut des Mannes, während ein anderer davor zurückschreckte, sich endgültig in ein Monster zu verwandeln.
Jetzt hab dich nicht so, rief sie sich selbst zur Ordnung. Du willst es doch Ferdinand Rubanter und seinen Freunden heimzahlen. Das geht nur, wenn du gesund bleibst – und um gesund zu bleiben, brauchst du menschliches Blut.
Obwohl sie wusste, dass dies der Wahrheit entsprach, kämpfte sie weiter mit Gewissensbissen und mahnte sich, Martin nicht mehr als notwendig zu verletzen oder gar umzubringen.
13
Martin wohnte in einem Siedlungsbau aus den Sechzigerjahren. Augenscheinlich lebte er allein, denn es herrschte ein legeres Durcheinander, das in jedem Frauenherzen den Wunsch wecken musste, hier einmal kräftig aufzuräumen.
Das hatte Vanessa jedoch nicht vor. Sie suchte sich einen Stuhl, auf dem keine Bücher oder DVDs lagen, und sah zu, wie ihr Gastgeber aus seiner Minibar, die wie ein großer Globus aussah, eine Flasche herausholte.
»Du willst doch sicher was trinken?«
»Eigentlich will ich heute Nacht nüchtern bleiben«, antwortete sie aus Angst, unter dem Einfluss von Alkohol ihre Beherrschung zu verlieren und über den Mann herzufallen. Gleichzeitig wunderte sie sich über sich selbst. Bis vor wenigen Stunden hatte sie nicht daran geglaubt, dass es so etwas wie Vampire gab, und nun benahm sie sich, als wäre es etwas ganz Normales. Dabei betrog sie den Mann, der sich auf eine erotische Stunde mit ihr freute und der für sie doch nur der Lieferant des begehrten roten Saftes sein sollte.
Der Gedanke, ihm etwas schuldig zu sein, wenn sie ihn benutzte, brachte sie dazu, Martin nicht abzuwehren, als er sie umarmte. Während er vor Leidenschaft keuchte,
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