Vampirjagd: Roman (German Edition)
springen und alles hinter sich zu lassen.
Zwar hatte auch sie schon diesen Gedanken gehabt, um dem Teufelskreis ihrer Verwandlungen zu entkommen, doch bis jetzt war sie noch nicht so verzweifelt gewesen. Aber wie sie ihren Herrn kannte, würde es bald so weit sein.
In ihre Gedanken verstrickt, vergaß Stela ganz, die Passanten anzubetteln. Sie merkte auch nicht, wie sich Daniela und Dilia näherten und sich mit den Händen Zeichen gaben.
Beide spürten deutlich, dass es mit der Kleinen, die mit Tränenspuren auf den Wangen in der Nähe des Hauptportals am Stephansdom stand, etwas Besonderes auf sich hatte. Daniela behielt jedoch recht. Ein Vampir war das Mädchen nicht. Doch um herauszufinden, was es mit dem Kind auf sich hatte, würden sie es genauer untersuchen müssen.
»He, du da! Hier ist das Betteln verboten!« Ein magerer Mann mit Schnauzbart schob sich auf Stela zu und streckte die Hand nach ihr aus.
Bevor er das Mädchen packen konnte, roch Daniela seine wahren Absichten und mischte sich ein. »Das lassen Sie lieber! Oder sollen wir der Polizei mitteilen, dass Sie hier kleine Mädchen ansprechen?«
»Das geht dich gar nichts an«, sagte der Mann patzig, wich jedoch einen Schritt zurück. Seine Augenlider zuckten, und er sah sich unauffällig um. Als er keinen Polizisten in der Nähe entdeckte, atmete er sichtlich auf, wagte es aber nicht mehr, sich Stela zu nähern. Stattdessen bedachte er Daniela mit einigen boshaften Bemerkungen und zog ab.
»Diesen Kerl würde ich in der Nacht gerne mal besuchen und dafür sorgen, dass er keine hilflosen kleinen Mädchen mehr belästigen kann«, zischte Dilia empört.
Daniela wandte sich unterdessen Stela zu und ging dabei in die Hocke, um die Kleine nicht durch ihre Größe einzuschüchtern. »Wer bist denn du?«, fragte sie und schnupperte verwirrt, denn das Mädchen roch genauso wie die junge Hündin.
Ein ängstlich fragender Blick traf sie. »Ich Stela.«
»Wo kommst du her?«
Das verstand Stela nicht ganz und antwortete mit ein paar Worten in ihrer Muttersprache.
»Es sieht aus, als spräche sie kein Deutsch«, sagte Daniela zu Dilia.
»Das ist Absicht«, antwortete diese. »Die Kerle, die diese Kinder zum Betteln aus armen Ländern holen, wollen nicht, dass sie sich hier verständigen können, denn sie haben Angst, die Kleinen würden sonst um Hilfe bitten.«
Als Stela sich konzentrierte, konnte sie im Kopf hören, was die beiden sagten. Nun fragte sie sich, was sie tun sollte. Sie mochte Daniela und deren hoch aufgeschossene Freundin, aber das machte die Tatsache nicht ungeschehen, dass die beiden sie als Ungeheuer ansehen würden, wenn sie erfuhren, was mit ihr bei Vollmond geschah.
Daniela strich dem Kind über die Stirn und schloss die Augen, um sich zu konzentrieren. Sofort sah sie sich mit Stelas Augen selbst.
»Was machen wir nur mit ihr? Wir können sie doch nicht einfach mitnehmen!« Sie sagte es mehr für sich selbst, doch Stela begriff, was Daniela meinte.
Vielleicht war es wirklich besser, wenn sie mit dieser Frau ging, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie würde sich nur dann verstecken müssen, wenn sie sich in ihr anderes Ich verwandelte. In Danielas Haus gab es gewiss einen Ort, der ihr während dieser Zeit Schutz bot.
Da Daniela diesmal hoch konzentriert war, bekam sie die Überlegungen des Mädchens zum Teil mit. Also hatte sie doch die kleine Hündin vor sich. Damit war Stela ein noch exotischeres Wesen als sie selbst und die anderen Vampire. Nachdenklich drehte sie sich zu Dilia um.
»Wenn wir die Kleine mitnehmen, ist das Kidnapping. Aber wir können in der jetzigen Situation keinen zusätzlichen Ärger brauchen.«
»Genauso wenig können wir sie hierlassen. Du hast doch erlebt, wie brutal dieser Mensch ist, der sie geschlagen hat!« Bei diesen Worten sah Dilia sich suchend um, doch von dem Kerl war keine Spur zu sehen.
Stela hätte ihr sagen können, dass ihr Herr erst am Abend zurückkommen würde, wusste aber nicht, wie sie dies ausdrücken konnte. Zuerst versuchte sie es in ihrer Muttersprache, doch als die beiden Frauen nicht reagierten, legte sie die Hand auf Danielas Stirn.
Diese horchte kurz in sich hinein und atmete dann tief durch. »Er wird etwa um fünf wiederkommen.«
»Wer?«, fragte Dilia verwundert.
»Der Mann, der die Kleine hierhergebracht hat. Ich glaube, es ist am besten, wir verhandeln mit ihm, damit er sie uns überlässt.«
Dilia fauchte wütend. »Der Kerl gehört hinter Gitter, oder wenn das nicht
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