Vampirjagd: Roman (German Edition)
geht, sollte man ihn in der Nacht besuchen. Wenn wir das eine Mädchen nehmen, holt er sich gleich das nächste.«
»Das befürchte ich auch. Aber ich sehe derzeit keine andere Lösung, es sei denn, wir gehen zu Polizei. Doch die wird die Kleine in ein Heim stecken und dann abschieben.«
»Ein kleines Kind ganz alleine in ein fremdes Land? Das glaubst du doch selbst nicht«, rief Dilia aus.
Daniela kniff einen Moment die Lippen zusammen, als wollte sie einige böse Worte zurückhalten. »Ich traue unseren Exekutivbehörden so einiges zu. Mithilfe eines Dolmetschers werden die Beamten herausfinden, aus welchem Land sie stammt, und das Kind den dortigen Behörden übergeben. Die stecken es in ein Heim. Aus dem wird es dann jemand für ein paar Euro auslösen und wieder hierherbringen, damit es für ihn betteln kann. Nein, Dilia, dieses Risiko gehe ich nicht ein.« Fest entschlossen, die Kleine in ihre Obhut zu nehmen, fasste Daniela nach Stelas Hand.
»Komm, wir gehen jetzt in ein Kaffeehaus. Du hast doch sicher Hunger?«
Das verstand Stela auch ohne geistige Übersetzung und nickte. Daniela hatte sie als Hund gut gefüttert und würde das auch bei einem Mädchen tun. Gleichzeitig spürte sie, dass die Frau sie ihrem Herrn wegnehmen wollte.
Sie fasste daher Danielas Hand und lächelte zu ihr hoch. »Du gut!«
»Deutsch werden wir dir noch beibringen müssen«, meinte Daniela erleichtert, weil sie den Grund für die Störung ihrer magischen Suche endlich kannte. Wenn Stela ganz in ihrer Nähe blieb, hoffte sie, deren Ausstrahlung neutralisieren zu können. Dann wäre es ihr möglich, die fremde Vampirin auszuräuchern. Was sie mit dieser anfangen sollten, konnte sie allerdings noch nicht sagen.
8
Urban hob verblüfft den Kopf, als Daniela und Dilia mit der Kleinen hereinkamen. Obwohl seine übernatürlichen Fähigkeiten anders gelagert waren als die der beiden Frauen, erkannte auch er das Übersinnliche an Stela. Daher lächelte er dem Mädchen zu und hob es auf einen Stuhl.
»Ich glaube, jetzt haben wir unsere Melange verdient«, sagte Daniela lächelnd.
Dilia, die geradezu in Hochstimmung war, weil sie den Grund der Störungen bei der Suche nun eliminieren konnte, pflichtete ihr bei. »Ich hätte auch nichts gegen ein Stück Esterházy-Torte einzuwenden.«
»Ich bestelle dir gleich eins«, versprach Urban und sah Daniela an. »Und was magst du?«
»Einen Mohnstrudel, und für die Kleine …« Sie stockte kurz und sah Stela an. »Hast du auf etwas Besonderes Appetit?«
Für Stela, die froh war, überhaupt etwas zu essen zu bekommen, war diese Frage eine Überraschung. Sie zuckte hilflos mit den Schultern und schnupperte. Dann zeigte sie auf ein Stück Schokoladenkuchen in der Auslage.
»Einen Rehrücken! Und zum Trinken wäre, glaube ich, eine Schokolade das Beste«, schloss Daniela aus dieser Geste.
Urban winkte die Bedienung heran, die die Bestellung aufnahm, und wandte sich dann fragend an die beiden Frauen. »Und was wollt ihr mit dem Kind machen?«
»Daniela will die Kleine von dem Kerl loseisen, der sie zum Betteln schickt. Allerdings bezweifle ich, ob der so einfach nachgeben wird«, antwortete Dilia, während Daniela das Mädchen streichelte.
»Wie heißt sie eigentlich?«, fragte Urban weiter.
Die beiden Frauen sahen sich nachdenklich an. »Stela, glaube ich. Zumindest hat sie so etwas gesagt«, antwortete Daniela und sah die Kleine an. »Wie heißt du denn richtig?«
Die Kleine legte den Kopf schief, begriff aber die Frage. »Stela!«
»Weißt du auch deinen Familiennamen?«
Mit diesem Begriff konnte Stela nichts anfangen und zog die Schultern hoch.
»Auf alle Fälle wissen wir schon mal den Vornamen. Stela gefällt mir«, sagte Daniela.
»Er ist rumänisch und bedeutet Stern«, erklärte Urban, der in einer Zeit aufgewachsen war, in der in Wien alle Sprachen der Habsburger Monarchie gesprochen wurden.
»Ein schöner Name, auch wenn sie derzeit eher ein Sternchen ist!«, witzelte Dilia.
Da die Bedienung mit den Getränken und dem Kuchen kam, erlahmte das Gespräch und kam erst wieder in Gang, als sie unter sich waren. Stela beteiligte sich nicht daran, sondern aß ihren Kuchen und weichte diesen mit kleinen Schlucken Kakao im Mund auf. So gut wie jetzt hatte sie nicht mehr gegessen, seit ihre Mama tot war.
Daniela bekam diesen Gedanken mit und strich ihr mitleidig über den Kopf. »Wie es aussieht, ist unsere Kleine Waise. Ihre Mutter lebt nicht mehr, und einen Vater hat sie
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