Vampirjagd: Roman (German Edition)
dachte sie, während sie die Beleuchtung so weit zurückdrehte, dass Martin nicht mehr gestört wurde. Kurz darauf schlief er ein und schien seinem Gesichtsausdruck nach schönen Träumen nachzuhängen. Vielleicht findet er wenigstens dort seine Erfüllung, dachte Vanessa, während sie sich anzog und die Wohnung verließ, um die Mörder ihrer Schwester und deren Komplizen zu suchen.
Sechs
Schatten in der Nacht
1
Als Vanessa sich in dieser Nacht der Villa der Rubanter-Familie näherte, wusste sie auf Anhieb, dass sie vergeblich gekommen war. Zwar nahm sie den Geruch verschiedenster Menschen wahr, doch der von Rubanter junior war nicht darunter. Ihre Enttäuschung währte jedoch nicht lange. Sie war in erster Linie gekommen, um sich umzusehen.
Um von den Sicherheitsleuten nicht entdeckt zu werden, umkreiste sie das Anwesen in einem gewissen Abstand und schlich erst näher, als sie ein Auto hörte, das auf die Villa zuhielt. Es war nicht der Wagen von Ferdinand junior, sondern eine protzige Limousine, für die sich das Einfahrtstor in der Mauer automatisch öffnete. Vanessa entdeckte hinter der Mauer einen Fleck, der von den Scheinwerfern nicht ausgeleuchtet wurde, und reagierte sofort.
Das Tor schloss sich bereits wieder, da schoss sie mit einer sie selbst überraschenden atemberaubenden Geschwindigkeit hindurch und drückte sich in die dunkle Ecke.
Erleichtert stellte sie fest, dass niemand ihr Eindringen bemerkt hatte. Weiter vorne fuhr der Chauffeur den Wagen in die Garage. Rubanter senior war bereits ausgestiegen und unterhielt sich mit zwei Wachmännern. Seine Stimme klang energisch, aber ihr fehlte der überhebliche Tonfall seines Sohnes. Einige Augenblicke hatte Vanessa überlegt, den Vater anstelle des Sohnes zu bestrafen, ließ den Gedanken nach diesem eher positiven Eindruck jedoch sogleich wieder fallen. Rubanter senior mochte ein harter Geschäftsmann und vielleicht nicht der beste Vater sein, aber er hatte seinen Sohn sicher nicht gelehrt, zum Mörder zu werden.
Vanessa hockte starr wie eine Statue an der Wand und musterte die Villa, während die Scheinwerfer hie und da um sie kreisten, ohne sie ein einziges Mal anzuleuchten. Statt sie zu verraten, half ihr das Licht sogar, denn es enthüllte viele Einzelheiten. Während sie die Fenster zählte, schnupperte sie, um herauszufinden, hinter welchem das Zimmer des Juniors liegen mochte.
Der Raum musste sich auf der linken Seite des Gebäudes befinden, und nicht weit davon entdeckte Vanessa einen ebenfalls nicht ausgeleuchteten Fleck. Bis dorthin würde sie knapp fünfzig Meter rennen müssen, und sie überlegte, ob sie das Risiko eingehen sollte.
Da hörte sie einen der Wachmänner leise einen Kameraden rufen. »Komm! Das Spiel von Rapid Wien ist gerade angepfiffen worden!«
Während der Wächter zu der neben dem Eingang liegenden Sicherheitszentrale eilte, sagte Vanessa sich, dass die beiden wohl kaum auf ihre Überwachungsschirme achten würden, solange sie sich ein Fußballspiel anschauten. Kurz entschlossen sprintete sie los, erreichte die andere Ecke innerhalb von zwei Sekunden und hechtete in Deckung. Hinter sich hörte sie einen der Wachtposten in der Zentrale rufen. »War da eben was?«
»Ich habe nichts gesehen«, antwortete sein Kollege.
»Gut gegangen«, flüsterte Vanessa erleichtert und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die drei Fenster im oberen Stockwerk, hinter denen Rubanter juniors Privaträume liegen mussten. Die anderen Zimmer auf dieser Seite schienen nur selten benützt zu werden, und sie überlegte, ob sie die Villa einmal ganz umrunden sollte, um auch die Zimmer Rubanter seniors zu lokalisieren. Natürlich war das riskant, aber sie wollte zu gerne ihre neuen Fähigkeiten ausprobieren. Daher wartete sie den Augenblick ab, in dem die automatisch gesteuerten Kameras nicht in ihre Richtung zeigten, und rannte los. Gut dreißig Meter weiter nahm sie wieder einen von den Scheinwerfern nicht erfassten Fleck wahr, auf dem sie sich zusammenkauern konnte, und lief weiter zu diesem.
Auch jetzt gab es keinen Alarm. Ihre Ohren verrieten ihr, dass die Wachtposten sich immer noch das Fußballspiel anschauten. Es schien spannend zu sein, denn nun gesellten sich auch die anderen Männer der Security zu ihren Kollegen vor dem Fernseher.
Vanessa nahm diese Einladung an und untersuchte das Villengelände gründlich. Dabei entdeckte sie, dass eine Seite des Turms, der an die Villa angebaut war, ebenfalls nicht richtig ausgeleuchtet wurde. Zwar
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