Vampirmelodie
verpuffte angesichts Sams praktischer Fragen. Nach einem Augenblick bat ich Sam, mir meine Handtasche aus der Küche zu holen.
Ich hatte alle möglichen Anrufe auf der Mailbox: Tara, India, Beth Osiecki, die Bank und, seltsamerweise, Pam,die nur sagte, dass sie mich sprechen müsse. Ich unterdrückte meine Neugier und arbeitete die Liste der Reihenfolge nach ab. Ja, da war auch ein Anruf von Mr Cataliades.
»Sookie«, sagte er mit seiner volltönenden Stimme. »Als wir bei unserer Rückkehr erfuhren, dass Sie angeschossen wurden, wussten wir, dass wir unsere Suche weiter ausdehnen müssen. Copley Carmichael ist verschwunden, aber wir sind einer anderen Beute auf der Spur. Ich muss ehrlich sagen, Sie haben einen Preis verdient, denn dass einer einzigen Person so viele Leute nach dem Leben trachten, das habe ich noch nie erlebt. Ich versuche einfach nur, sie zuerst zu erwischen. Aber irgendwie macht es auch Freude.«
»Genau«, murmelte ich. »Ich habe das alles arrangiert, damit Sie sich amüsieren können. Klingt, als wüssten Mr C. und Diantha nicht, dass Copley Carmichael heute den ganzen Tag in meinem Haus war.«
»Schreib ihm eine SMS und dann rück rüber«, sagte Sam. »Du liegst mitten auf dem Bett. Such dir eine Seite aus.«
»Was?«
»Ich muss mich hinlegen. Rück rüber.«
Ich blinzelte. »Ganz schön dreist, wie?«
»Falls jemand kommt, um ihn aus diesem Unterschlupf zu holen, wär ’s dir dann nicht lieber, mich an deiner Seite zu haben?«
»Ich hätte dich lieber mit einem Gewehr auf der Veranda«, murmelte ich, doch ich rückte ein Stück rüber.
»Die Türen sind alle abgeschlossen«, sagte Sam. Seine Augen schlossen sich in der Sekunde, als er sich hinlegte. Und binnen zwei Minuten war er eingeschlafen. Das erkannte ich an seinem Atem und seinen Hirnströmen.
Tja, verdammt noch mal. Ich lag mit Sam Merlotte im Bett, und wir würden beide nichts tun als schlafen.
Als ich aufwachte, war es wieder Tag. Ich hörte jemanden im Haus herumlaufen, öffnete die Augen aber nicht, sondern streckte meinen anderen Sinn aus, jenen, den Mr Cataliades mir geschenkt hatte. Tara war hier. Amelias Vater konnte ich komischerweise nicht wahrnehmen, deshalb nahm ich an, dass seine Seelenlosigkeit wirklich als eine Art Maske fungierte. Es machte einen Menschen anscheinend zunichte, wenn er keine Seele besaß.
Tara kam herein, angetan mit ihren neuen Shorts. »Hey, du Schlafmütze!«, rief sie. »Ich wollte dich gerade aufwecken kommen. Sam musste los, um irgendwelchen Papierkram zu erledigen, und hat mich gebeten, eine Weile herzukommen. Er hat gesagt, du hättest angefangen, dich hin- und herzuwälzen.« Sie versuchte angestrengt, nicht allzu deutlich auf die Delle im Kissen neben mir zu starren.
»Hey, hier wurde nur geschlafen«, erzählte ich ihr.
»Der Vampir ist weg, und die Tür steht weit offen«, sagte sie ganz unschuldig. »Lass dir von niemandem Vorschriften machen, wie du deine Zeit zu verbringen hast. Du bist eine freie Frau.«
»Ich sage nur, das ist voreilig.« Ich warf ihr einen ernsten Blick zu.
»Okay, okay. Wenn du das Spiel so spielen möchtest.«
Ich biss die Zähne zusammen. »Ich spiele kein Spiel. So ist es. Ich habe noch einiges zu verarbeiten.«
Tara sah mich regungslos an. »Klar, wirklich klug von dir. Du solltest aufstehen und ein paar Brötchen mit Wurst und Ei essen. Meine Schwiegermutter sagt immer, das baut das Blut wieder auf.«
»Klingt gut«, erwiderte ich. Plötzlich war ich hungrig.
Während ich aß, zeigte sie mir ein paar Dutzend Bilderder Zwillinge und erzählte mir von der Babysitterin, die sie vor Kurzem eingestellt hatte, Quiana irgendwas. »Ihr geht’s wie mir, sie hat eine schlimme Vergangenheit«, sagte Tara. »Wir werden uns prima verstehen. Hör mal, ich weiß, dass Sam handwerklich begabt ist, und da ihr beide so dicke seid, meinst du, ihr könntet uns helfen? Wir überlegen gerade, wie wir das Kinderzimmer vergrößern könnten. Denn einen Umzug können wir uns nicht leisten.«
»Natürlich, wenn meine Schulter wieder besser ist. Nenn einfach einen Tag«, sagte ich. Es tat gut, an die Zukunft zu denken. Ein Heimwerker-Projekt, das klang doch nicht nur ungefährlich, sondern auch normal.
Nach zehn Minuten wurde Tara unruhig, und ich wusste, dass sie daran dachte, zu den Zwillingen zurückzukehren. Vorn auf ihrer Bluse war ein verdächtiger feuchter Fleck zu sehen. Ich verabschiedete sie rasch mit aufrichtigem Dank für das Frühstück, und als sie
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