Vampirmelodie
griff nach dem Buch, das ganz oben auf dem Bücherei- Stapel auf meinem Nachttisch lag, und freute mich, als ich entdeckte, dass es der neueste Titel von Dana Stabenow war. Es machte richtig Spaß, etwas über Alaska zu lesen an einem Sommertag, der an die 40 Grad herangereicht hatte. Eines Tages würde ich hoffentlich dort oben mal hinkommen. Ich wollte Grizzlybären sehen, und Gletscher, und frischen Lachs essen.
Dann bemerkte ich, dass ich das Buch zwar mit beiden Händen festhielt, aber vor mich hinträumte. Wenn ich mich nicht auf die Seiten konzentrieren konnte, sollte ich mir vielleicht besser etwas zum Abendessen machen, dachte ich. Es wurde langsam spät. Und während ich einen Salat aus Cherrytomaten, getrockneten Cranberries und geschnetzeltem Hühnchenfleisch machte, versuchte ich mir vorzustellen, wie groß so ein Grizzlybär wohl war. Ich hatte noch nie einen Bären in freier Wildbahn gesehen, obwohl ich zweimal schon Spuren im Wald entdeckt hatte, die ziemlich eindeutig wie die eines Schwarzbären aussahen.
Und während ich so aß und las, zwei meiner liebsten Tätigkeiten, besserte sich meine Laune zusehends.
Es war ein langer anstrengender Tag gewesen, und alsich endlich ins Bett kroch, war ich müde. Eine friedvolle Nacht ohne Träume, das war es, was ich mir wünschte. Und eine Weile lang bekam ich das auch.
»Sookie?«
»Hmmm?«
»Wach auf, Sookie. Ich muss mit dir reden.«
Mein Schlafzimmer war ziemlich dunkel. Sogar das kleine Nachtlicht, das ich im Badezimmer anließ, war aus. Aber ich wusste, noch ehe ich seinen vertrauten Geruch wahrnahm, dass Eric in meinem Schlafzimmer war.
»Ich bin wach«, sagte ich, kämpfte aber noch damit, den Schlaf aus meinem Kopf zu vertreiben. Der Schreck, den Eric mir eingejagt hatte, hatte allerdings schon einen Großteil dazu beigetragen. »Warum schleichst du dich hier so rein? Den Schlüssel hab ich dir für Notfälle gegeben, nicht für überraschende Besuche mitten in der Nacht.«
»Sookie, hör mir zu.«
»Tu ich ja.« Auch wenn ich nicht allzu glücklich war über diesen Verlauf des Gesprächs.
»Ich musste so kurzangebunden sein am Telefon. Überall um mich herum sind Lauscher. Egal, was in der Öffentlichkeit geschieht – ganz egal, was –, zweifle keinen Augenblick lang daran, dass ich dich liebe und mich um dein Wohlergehen sorge … soweit es mir möglich ist.«
Gar nicht gut.
»Und das sagst du mir, weil du mir in der Öffentlichkeit etwas Schlimmes antun wirst«, sagte ich traurig, aber ohne jede Überraschung.
»Ich hoffe, dass es dazu nicht kommt«, erwiderte Eric und legte den Arm um mich. In glücklicheren Zeiten hatte ich es immer angenehm gefunden, im Sommer in Erics Nähe zu sein, weil seine Körpertemperatur so niedrig war. Doch ich war nicht in der Stimmung, das Gefühl in diesem Augenblick zu genießen. »Ich muss gehen«, sagteer. »Ich habe nur eine Stunde, in der ich nicht vermisst werde. Ich war wütend, als du Sam gerettet hast. Aber ich kann dich nicht einfach aufgeben, als würdest du mir nichts bedeuten. Und ich kann dich heute Nacht nicht schutzlos verlassen. Mein Bodyguard wird hierbleiben, wenn du einverstanden bist.«
»Welcher Bodyguard? Okay«, sagte ich benommen. Wollte er jemanden im Garten postieren?
Ich spürte, wie er vom Bett aufstand, und eine Sekunde später hörte ich die Hintertür aufgehen.
Was zum Teufel ?
Ich sank zurück ins Bett und fragte mich ein paar Minuten lang, ob es wohl möglich war, noch etwas Schlaf zu kriegen. Ich sah auf die Uhr. Viertel vor zwölf.
»Na klar doch, komm einfach rein und leg dich zu mir ins Bett. Ist mir ganz egal«, sagte ich. »Weck mich bitte auf und erschreck mich zu Tode. So was liebe ich!«
»Ist das eine Einladung?«, fragte eine Stimme in der Dunkelheit.
Da schrie ich.
Kapitel 6
»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte ich gegen die Lähmung in meiner Kehle ankämpfend.
»Tut mir leid!«, erwiderte eine Stimme mit Akzent. »Ich bin Karin.«
Den Akzent konnte ich nicht einordnen – weder Cajun, noch spanisch, noch britisch … »Wie sind Sie reingekommen?«
»Eric hat mich reingelassen. Sie haben sich doch damit einverstanden erklärt, bewacht zu werden.«
»Ich dachte, er meint, dass sich draußen jemand aufhält.«
»Er sagte ›hier‹.«
Ich versuchte, mich an das Gespräch zu erinnern, das ich eben geführt hatte, doch allzu viel davon war nicht hängen geblieben. »Wenn Sie’s sagen«, sagte ich zweifelnd.
»Ja«, versicherte sie in ruhigem
Weitere Kostenlose Bücher