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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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entfernt, und die Kutsche würde uns hinbringen. Doch als ich draußen stand und in den Nachthimmel hinaufschaute, wollte ich mich nur einen Augenblick lang mal auf das Gute in meinem Leben konzentrieren. Ich war in eine wunderbare Frau verliebt. Ich hatte einen aufregenden vampirischen Gefährten für die Gelegenheiten, wenn ich mich einmal gehenlassen wollte, ohne Angst haben zu müssen, meinen Liebhaber zu verletzen. Meine Schwestern und ich waren noch an einem Stück, trotz der Gegner, denen wir uns schon gestellt hatten. Wir wurden sowohl von der Elfenkönigin als auch vom AND bezahlt. Das war eine der Bedingungen gewesen, auf denen ich bestanden hatte – doppelte Bezahlung.
    Und die Dokumente in Camilles Umhang machten uns nun offiziell zu Eigentümerinnen der Gebäude, in denen der Wayfarer Bar & Grill und die Buchhandlung Indigo Crescent lagen. Als der AND uns in die Erdwelt versetzt hatte, war ich nach außen hin Chefin der Bar, und Camille gehörte die Buchhandlung. Delilah als Privatdetektivin hatte ein kleines Büro über dem Indigo Crescent.
    Schattenschwinge und seine Kumpane hatten uns so in Atem gehalten, dass wir für unsere Scheinjobs nicht so viel Zeit gehabt hatten wie zu Anfang. Aber wir hatten jede unser kleines Unternehmen liebgewonnen. Ich hatte Derrick Means, einem Werdachs, die Leitung der Bar übertragen, obwohl ich nachts immer noch oft da war. Und Camille hatte Giselle, eine Dämonin, für die Buchhandlung eingestellt.
    »Kann es losgehen?« Camilles Atem hing als zartes Wölkchen in der Luft. Obwohl der Frühling kam, war es noch eiskalt.
    Sephreh und zwei Wachen passten auf uns auf. Wir hatten uns schon drinnen verabschiedet. Jetzt konnte nur die Zeit zeigen, ob der neue Frieden halten würde. Ich hielt es für möglich, wollte es aber nicht beschreien, also behielt ich meine Hoffnung für mich.
    Chase stand neben mir. »Eine Menge Veränderungen.« Er schob die Hände in die Hosentaschen und starrte in den Himmel. »Ich glaube, ich habe noch nie so viele Sterne gesehen. Oder so klare Luft gerochen. Es ist geradezu beunruhigend.«
    Meine Stiefel knirschten auf dem Kies. Ich zog ein Bein an und balancierte auf dem anderen, um den Absatz zu prüfen. Er war ein bisschen lose. Den würde ich reparieren lassen müssen, wenn wir zu Hause waren.
    »Also, Johnson, das ist dein zweiter Besuch hier. Wie findest du es in der Anderwelt?« Das war keine rhetorische Frage. Ich war wirklich neugierig auf seinen Eindruck von unserer Heimatwelt.
    Chase überlegte, ehe er antwortete. »Die Anderwelt ist wunderschön. Bewegend. Eindrucksvoll. Elqaneve kommt mir eigenartig vertraut vor. Y’Elestrial dagegen … dazu fällt mir nur ›exotisch‹ ein.« Er atmete tief aus. »Und da wir gerade von dieser Stadt und dem AND sprechen … glaubst du, dass euer Vater es aufrichtig meint?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube schon. Vater ist ungefähr so verschlagen wie eine Nacktschnecke. Er hat schon immer das Herz – und seinen Stolz – auf der Zunge getragen. Seine Emotionen liegen dicht unter der Oberfläche. Aber ob seine Entschuldigung zu wenig war und zu spät kam, werden wir abwarten müssen.«
    Als die Kutsche rumpelnd vorfuhr, berührte Chase mich ganz leicht am Arm. »Darf ich dich etwas fragen?«
    »Was denn?« Ich sah ihm an, dass er die Frage schon eine Weile mit sich herumschleppte – worum es auch gehen mochte.
    »Glaubst du, ich könnte hier drüben klarkommen? Glaubst du, dass ich das Zeug dazu habe? Falls Sharah irgendwann lieber zu Hause leben möchte?«
    »Warum fragst du mich das? Warum nicht Delilah? Sie kennt dich besser als ich.«
    »Ich frage dich, weil du mir die Wahrheit sagen wirst. Camille wäre diplomatisch, und Delilah würde womöglich lügen, damit ich mich nicht mies fühle. Aber du wirst mir nichts vormachen.«
    Er legte gerade sein Schicksal in meine Hände. Diese Verantwortung trug ich nicht gern, aber Chase war ein Freund, und er brauchte etwas Konkretes, woran er sich entlanghangeln konnte. Und er hatte recht. Delilah würde lügen und ihm sagen, was er hören wollte. Camille würde beide Seiten betrachten und vage bleiben. Ich war diejenige, die nie ein Bild schönte, sondern malte, was ich sah – nicht das, was ich gern sehen wollte oder was jemand anderem gefallen würde.
    »Du willst meine ehrliche Meinung? Ich glaube, dass du hier untergehen würdest, Chase. Du hast nicht genug Elfenblut, um von den anderen Elfen wirklich akzeptiert zu werden.

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