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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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ein ebenso großer, nun offener Raum. Die Tapeten waren sorgfältig entfernt worden, unter der Grundierung an den Wänden waren noch gespachtelte Bereiche zu erkennen. Nackte Glühbirnen hingen an Lüsterklemmen. Auf dem rohen Parkett stand ein Fußbodenschleifer, und es hing so viel Staub in der Luft, dass Camille und Delilah niesen mussten.
    Eine Frau sprang von einem Schemel auf, der unter einer Plastikplane stand – sämtliche Möbel im Raum waren mit Planen geschützt. Sie war klein, etwa eins fünfundsechzig, und hatte kurzes rotes Haar. Ihr solider Körperbau hatte etwas Athletisches. Sie begrüßte uns mit einem Nicken.
    »Hallo, ich bin Abby. Ich hole euch ein Glas Limonade. Ich merke schon gar nicht mehr, wie schlimm der Staub hier drin ist – ich habe mich wohl schon daran gewöhnt.« Sie ging durch eine Seitentür, blieb jedoch plötzlich stehen. »Chase … Fritz, würde einer von euch bitte mitkommen?« Das Zittern in ihrer Stimme verriet, wie nervös sie war.
    Fritz stand auf und wischte sich die Hände an der Jeans ab. Er sah nicht aus wie ein Anwalt, eher wie ein Holzfäller. Doch er strahlte eine anmutige Gelassenheit aus und hatte ein gewinnendes Lächeln. Er winkte uns zu. »Ich helfe nur kurz Abby, wir sind gleich wieder da. Bitte fühlt euch wie zu Hause.«
    Die beiden gingen, und wir suchten nach etwas, worauf wir uns setzen konnten. Die Möbel sahen alt und wackelig aus, und ich vermutete, dass sie noch von den vorherigen Bewohnern stammten.
    Als Fritz und Abby zurückkamen, trug er ein Tablett mit Gläsern und einem Krug Limonade, und sie einen Teller Kekse. Doch auf halbem Weg zu uns schrie Fritz unvermittelt auf. Ich konnte Handabdrücke im Rücken seines T-Shirts sehen, und er stolperte nach vorn. Ich sprang auf, doch er knallte schon auf den Boden, das Tablett fiel, und Krug und Gläser zerbrachen.
    »Fritz!« Abby drückte Chase den Keksteller in die Hand und fiel auf die Knie. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Angst.
    Überall lagen Glasscherben herum. Camille und Morio standen auf, nahmen sich bei den Händen und schlossen die Augen, während Delilah sich über Abby beugte.
    »Fritz, bist du verletzt?« Ich sah kein Blut, und er blinzelte, also war er offenbar bei Bewusstsein. Doch der Stoß war heftig gewesen, und ich fürchtete, er könnte sich etwas gebrochen haben.
    Er schüttelte den Kopf und versuchte, sich aufzurichten. Ich half ihm über den Scherbenteppich hinweg und zum Sofa, wo er sich schwindelig vornüberbeugte.
    »Verdammt, bist du stark.« Er blickte zu mir auf. »Mir geht’s gut. Glaube ich jedenfalls.«
    Rozurial entdeckte in der Ecke Handfeger und Kehrschaufel, ließ einen Putzlappen auf die größte Limonadenpfütze fallen und machte sich daran, die Scherben zusammenzukehren. Chase ging wachsam eine Runde um den Raum, und inzwischen erkannte ich es auch bei ihm, wenn er seine geistigen Fühler ausstreckte. Er versuchte, seine erwachenden Kräfte zu nutzen, um uns zu helfen. Was möglicherweise keine gute Idee war.
    Camille und Morio ließen die Hände sinken und setzten sich neben Fritz und Abby. Chase kam dazu, nachdem er sich in der Küche umgesehen hatte. Roz kippte die Scherben in den Müll und legte Schaufel und Feger auf den Tisch vor einem der Fenster.
    »Ich habe Chase schon gesagt, dass ich nicht erklären kann, was hier geschieht, aber jetzt habt ihr wohl selbst einen Eindruck davon bekommen.« Abby liefen Tränen übers Gesicht. »Das geht schon seit einem Monat so, seit Mitte Februar. Wir haben dieses Haus gekauft, die Abwicklung war am zweiten Januar durch. Danach waren wir immer mal ein paar Stunden hier und haben daran gearbeitet, und …« Sie verstummte.
    »Das Haus gehört euch also offiziell seit Januar, und diese seltsamen Dinge geschehen seit etwa einem Monat, hast du gesagt. Dazwischen fehlt ein Monat. War da gar nichts? Vielleicht nichts so Dramatisches, aber irgendetwas, das ein bisschen merkwürdig oder ungewöhnlich war?« Entweder hatte irgendetwas Bestimmtes diese Geister geweckt, oder sie hatten sich sehr langsam manifestiert.
    Fritz schüttelte den Kopf, doch Abby nickte.
    »Um ehrlich zu sein, ja.« Sie blickte mit Tränen in den Augen zu ihrem Mann auf. »Ich habe dir nichts davon gesagt, weil ich befürchtet habe, dass du glauben würdest, ich sei nur müde und bräuchte mal Urlaub.« Sie zuckte mit den Schultern, als wollte sie sich auch bei uns entschuldigen. »Ich bin ein Workaholic. Es fällt mir schwer, nicht an meinem

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