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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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die quer über die Straße gespannt waren.
    Drei Häuserblocks weiter fuhr der Lexus vor mir aus einer Wendeschleife in eine Auffahrt ab, die einmal mit einem Tor gesichert gewesen war. Die großen Torflügel standen offen, halb aus ihren Pfosten gerissen. Ich sah Licht in den Fenstern des weitläufigen, zweistöckigen Gebäudes, und Chases Auto stand in der Einfahrt, ein Stück abseits vom Haus neben einem schwarzen BMW und einem silbernen Toyota. Die Reifen hatten tiefe Rinnen in der Auffahrt hinterlassen, und matschige Pfützen spiegelten sich im Licht der Laternen an ihren hohen Pfählen.
    Ich hielt hinter Camille, sprang aus dem Auto und eilte zu ihr hinüber. »Spürst du irgendetwas?«, fragte ich und schaute zu dem unheimlich wirkenden Haus hinüber.
    Morio runzelte die Stirn und sog die Unterlippe zwischen die Zähne. »Geister. Ich kann sie bis hierher spüren. Sie sind nicht nur im Haus, sondern auch auf dem Grundstück. Erinnert ihr euch an Harold Youngs Villa?«
    »Wie könnte ich die vergessen? Das Horrorhaus.« Ich wollte nicht daran denken. Manche Erinnerungen – und manche Leute – schob man besser energisch in die Vergangenheit und ließ sie da.
    »Hier ist es schlimmer.« Morio blickte sich um, und seine Augen begannen zu glühen. »Das hier ist … übel.«
    Camille hakte sich bei ihm unter und nickte. »Er hat recht. Wir gehen lieber rein. Hier draußen will ich schon gar nicht sein, wenn diese Geister zu spuken anfangen.«
    Wir gingen die Auffahrt entlang, wichen den tiefen Rillen und Pfützen aus und eilten die breiten Stufen zur überdachten vorderen Veranda hinauf. Sie zog sich an der gesamten Fassade entlang und um die Ecken, und ich vermutete, dass sie einmal ganz um das Haus herumführte. Außen wurde sie von einem weißen – na gut, ehemals weißen – Geländer begrenzt. Die Stufen knarrten, wie nur altes Holz knarrt, und als ich zur Tür weiterging und anklopfte, gaben die Bohlen leicht unter mir nach – der Boden der Veranda musste dringend erneuert werden.
    Die Tür ging auf, und Chase stand vor mir. Schweigend trat er beiseite und ließ uns ein.
    Ich blieb stehen, denn ich konnte die Schwelle nicht überschreiten. »Du musst mich hereinbitten, Chase.«
    »Ach ja, richtig. Bitte komm herein.« Er nickte bekräftigend, und ich konnte die unsichtbare Demarkationslinie überschreiten. Im Gegensatz zu dem weitverbreiteten Gerücht musste die Einladung nicht unbedingt vom Besitzer des Hauses ausgesprochen werden – das konnte jeder, der in dem Haus bereits willkommen war. Manche Wohnungen konnte ich auch einfach so betreten, wenn sie wie öffentliche Gebäude genutzt wurden – ein Verbindungshaus zum Beispiel, eine Wohnung über einem Supermarkt oder eine Anwaltskanzlei in einem Wohnhaus.
    Als ich eintrat, fiel mir auf, dass viele Villen in dieser Gegend ganz ähnlich angelegt waren. Eine prächtige Treppe, die vom Foyer nach oben führte, ein Mittelbau mit zwei Flügeln. Doch im Gegensatz zu Sassys Villa oder dem großen Anwesen des Rainier-Puma-Rudels hatte diese hier schon bessere Zeiten gesehen.
    Alte Tapeten, die einmal tiefrot gewesen waren, mit gelben Ananas in ovalen Rahmen, schälten sich in Streifen von der Wand. Es sah so aus, als hätten die neuen Hauseigentümer dabei nachgeholfen, aber an den Kranzleisten unter der Decke war deutlich zu erkennen, dass der Verfall schon fortgeschritten war. In einer Ecke glaubte ich einen dunklen Schimmelfleck zu erkennen. Die Treppe musste dringend renoviert werden, Stufen und Geländer hatten schon lange nicht mehr geglänzt. Offenbar war ein alter Kronleuchter abgenommen worden, und ein neuer wartete schon an einer Wand, dick in Folie eingewickelt.
    Camille zog die Augenbrauen hoch. »Da müsste man ein bisschen was dran machen.«
    »Sieht so aus, als wären sie fleißig.« Ich wandte mich Chase zu. »Was sind das für Leute? Freunde von dir, hast du gesagt?«
    Er nickte. »Fritz und Abby Liebman. Ich war mit Fritz zusammen auf der Polizeiakademie. Er hat dann doch den Beruf gewechselt und ist Anwalt geworden. Abby arbeitet von zu Hause aus. Sie ist Künstlerin und illustriert Naturführer für einige große Verlage.« Mit einem Nicken wies er auf eine Tür rechts von der Treppe. »Sie warten im Wohnzimmer auf uns. Kommt mit.«
    Wir folgten ihm durch das dunkle Foyer zu der offenen Tür. Als ich hindurchging, sah ich, dass in dem Raum eine Wand vollständig entfernt worden war, bis auf einen tragenden Holzbalken. Dahinter lag

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