Vampirsaga 02 - Honigblut
angegriffen wurden.
Immer wieder blitzte fahles, schattenloses Licht auf, vernichtete einzelne Vampire und erlosch wieder, nicht ohne kämpfende Schemen zu erleuchten und für einen surrealen Effekt zu sorgen, dessen Patentrecht in der Hölle zu finden sein musste.
Doch das Brennen erlaubte es den klügeren Vampiren, sich Gorgias und Fee anzuschließen und sich hinter Edward und Xylos zu verschanzen, die wie ein Bollwerk gegen die Angreifer standen.
Selbst ihnen fiel es schwer, in dem Pulk kämpfender Blutsauger Freund und Feind auseinanderzuhalten und zu entscheiden, wer in Flammen aufgehen sollte und wer nicht. Das Wasser aus der Sprinkleranlage erschwerte ihnen ihre Auswahl noch mehr, doch gegen das mentale Feuer konnte es nichts ausrichten. Immer wieder machten sie einen Rebellen in der Masse aus und gaben ihn dem Höllenfeuer preis. Nur die Ältesten waren zu stark und widerstanden dem Brennen, welches sie mit purer Gedankenkraft löschen konnte.
Doch ihr kurzes Aufflackern genügte den Schatten und wies ihnen den Weg. Gut geschult agierten sie wie ein Kollektiv und trieben die verzweifelt kämpfenden mit Hilfe ihrer Schwerter zusammen. Nur das kurze Aufblitzen der Klingen in der Finsternis zeugte von ihrer magischen Qualität. Das, was sie trafen, wurde getötet und würde auch tot bleiben.
Das Blut, die Schreie der Verletzten und Sterbenden, der Geruch des brennenden Fleisches und der Asche bildeten mit dem kakophonischen Lärm ein Kaleidoskop des Grauens, abstoßend und schrill, während sich Farben und Auren mischten, Knoten des Todes und der Vernichtung bildeten, des Feuers und der Verdammnis.
Und plötzlich war es vorbei. So plötzlich, wie es begonnen hatte.
Sofia war fassungslos, als die restliche Lähmung von ihr abfiel, fühlte sich benutzt und überrumpelt. In einem Augenblick hatte Nemesis bei ihr gestanden, im nächsten war er spurlos verschwunden.
Einzig seine feuchten Lippen, sein ekelerregender Abschiedskuss schien noch auf ihrem Mund zu kleben. Und das Wissen, dass es auch hätte anders kommen können. Sogar ganz sicher anders gekommen wäre, wenn Edward und sie nicht die vampireske Form eines ewigen Ehebündnisses eingegangen wären. Ohne ihn hätte sie nicht die Kraft besessen, die sie sonst antrieb, nicht genügend Macht, um Nemesis zu widerstehen. Wie eine willige Marionette hätte er sie bedienen und manipulieren können – und mitnehmen. Das Licht ging an, und alles sprang auf Normalität zurück, als sei ein Schalter in der Realität umgelegt worden. Blut und Brandflecken zeugten von dem erbitterten Kampf, der eben noch in vollem Gange gewesen war, doch von den vernichteten Vampiren war keine Spur mehr zu finden. Selbst ein CSI Team würde Probleme haben, mehr als das offensichtliche herauszufinden. Jennifer Schreiner Honigblut
Edward konnte spüren, wie Sofia hinter ihm, langsam wie eine Sterbliche, die Treppen hinabkam. Seine Wut gewann die Oberhand, als er Nemesis an ihr roch. Einen Duft wie eine Eiterbeule, die schwärte und sich ausbreiten würde. – Deswegen hatten die Schatten ihn als gesichert eingestuft? Weil Sofia bei ihm war?
„Wo ist er?“ Edwards Wut wurde nur von Sofias Gesichtsausdruck beschwichtigt. Sie wirkte, als sei ihre gesamte Weltsicht schlagartig erschüttert worden. Wie hätte sie einen Vampir wie ihn unter Kontrolle halten können?
„Entkommen!“ Selbst Sofias Stimme klang zittrig.
Obwohl er wusste, dass ihr nichts unwiderruflich Schlimmes geschehen war, warf Edward einen prüfenden Blick auf seine Gefährtin – ihr ging es gut, wie er an ihrer trotzig aufgeworfenen Unterlippe und ihrem störrisch erhobenem Kinn erkannte – bevor er weitere Befehle gab. Nemesis musste gefunden werden, der Schaden eingegrenzt. Der alte Vampir hatte einen großen Einfluss.
Noch immer konnte Edward nicht fassen, dass sich ausgerechnet dieser zuverlässige Vampir gegen den Befehl der Königin aufgelehnt hatte. Er warf einen Blick zu Xylos, der gerade behauptete: „Siehst du, Sofia? Ich habe es doch immer gesagt: Du hast einfach ein Händchen für schlechten Umgang!“ Von ihm hatte der Magistrat eine offene Auflehnung geradezu erwartet. Von einem Callboy mit unzähligen Liebschaften, Gespielinnen, die er beglückte, gefangen hielt und schließlich nach eigenem Interesse und Gutdünken verkaufte. Doch Nemesis?
Xylos beneidete Edward wirklich. Nicht nur um Sofia und das liebevolle Verständnis, mit welchem sie ihre
Weitere Kostenlose Bücher