Vampirsaga 02 - Honigblut
behagte ihm nicht. Ein melancholischer Vampir konnte Zufall sein, aber nicht alle. Nicht, wenn er wenige Stunden zuvor schon Zeuge eines Verglühens geworden war.
Irgendetwas stimmt nicht! Der Vampircallboy setzte sich in Bewegung. Vampire brachten sich nicht einfach so um. Dazu waren sie zu elitär und zu sehr handverlesen. Sie mussten Tests und Prüfungen bestehen, bevor Maeve – früher gemeinsam mit Morna – einer Umwandlung in einen Blutsauger zustimmte.
Als sich Xylos in Bewegung setzte, um mit Philip zu sprechen, erkannte er eine Anwesenheit. Sie hielt sich geschickt am Rande seines Bewusstseins auf, gerade weit genug entfernt, um nicht erkannt zu werden. Jennifer Schreiner Honigblut
Der Callboy verharrte reglos. Zum zweiten Mal in kürzester Zeit mit einer Aura konfrontiert zu werden, die er nicht einordnen konnte, nervte und ließ ihn wütend werden. Wütend genug, um beinahe die feindliche Präsenz nicht zu spüren, die sich hinter ihm materialisierte.
„Nemesis!“ Xylos fuhr herum, darauf eingestellt, sich augenblicklich zu verteidigen.
Doch der andere Vampir stand nur lässig hinter ihm, ein hämisches Grinsen im Gesicht. „Merkwürdig, oder?“ Er nickte in Richtung der melancholischen Vampir-WG.
Xylos zuckte nonchalant mit den Schultern. „Die Königin sucht dich!“
„Ich habe keine Königin!“ Nemesis fauchte beinahe.
„Interessant!“ Xylos veränderte kaum merklich seine Körperhaltung, um einem Angriff besser ausweichen zu können. Obwohl er immer noch den unbekannten Vampir in seinem Rücken spürte, behielt er Nemesis im Auge, den er als gefährlicher einstufte. „Da frage ich mich doch, wem du vor etwa 2100 Jahren Gefolgschaft geschworen hast.“
„Du bist nicht älter als ich!“, warnte Nemesis. Er setzte sich langsam in Bewegung und begann seinen Gegner zu umkreisen.
Xylos ließ ihm den Spaß und drehte sich mit ihm, sicher, dass Nemesis nicht angreifen würde, bevor er den Callboy wieder mit dem Rücken zu dem zweiten Angreifer platziert hatte. Langsam sammelte Xylos all seine vampirisch-magischen Ressourcen und baute konzentriert seine geistige Abwehr auf. Beherrscht genug, um Nemesis in dem Glauben zu lassen, er sei zu lässig und selbstgefällig, um seinen Widersacher ernst zu nehmen.
„Ich kann selber rechnen, vielen Dank! Und der Dritte Punische Krieg war nur kurz vor dem Dritten Makedonischen.“
In der Tat wog Xylos seine Chancen ab. Was mochten zwei Jahre Unterschied bedeuten, wenn man Tausende von Jahren alt war? Er wusste, was Hasdrubal, Joel und Edward an seiner Stelle gemacht hätten – und entschied sich dafür, erst einmal eine andere, friedliche Lösung zu suchen.
„Was willst du?“ Xylos gab sich Mühe, seine Stimme freundlich klingen zu lassen.
„Dich, an meiner Seite!“
Der Callboy blieb verblüfft stehen.
„Überrascht dich das wirklich?“ Nemesis lächelte. „Wir sind einander sehr ähnlich.“ Der Karthager lachte, und der Ton rollte durch die Nacht, wob ein Netz um Xylos und zog sich langsam zusammen. Großartig! Ein gutgelaunter Soziopath!, dachte Xylos. Doch sein eigener Ruf musste wirklich schlimm sein, wenn ausgerechnet Nemesis glaubte, ihn auf seine Seite ziehen zu können.
„Du kannst nicht glücklich darüber sein, dass die Königin die Ketten verbietet und Frauen zu gleichberechtigten Partnern heranziehen will!“ Nemesis schlug in dieselbe Kerbe wie seine Freunde auf der Ratssitzung in Rom.
„Es ist mir egal!“ Xylos stolperte beinahe über seine eigene Wahrheit. Er war froh, dass Nemesis keine Ahnung hatte, dass sich seine Motivation verändert hatte. Wenn es Xylos zuvor egal war, weil er ohnehin zu seinem Vergnügen kam, war es nun Melanie, die bei seiner Aussage in seinen Gedanken spukte.
Nemesis pfiff leise durch seine Zähne. „Egal, soso …!“ Sein Blick war lang und prüfend. Doch er schien die Information, die er suchte, nicht zu finden.
„Ich nehme an, deine Position unter der Königin ist gut genug, um sich nicht verbessern zu wollen?“ Die Stimme des anderen Vampirs war sanft, trug Untertöne von Manipulation mit sich, gegen die Xylos gefeit war. Jennifer Schreiner Honigblut
„Im Gegensatz zu dir halte ich meinen Schwur – und mein Versprechen!“
Nemesis lachte. Der Ton waberte durch die Nacht, beschwor Erinnerungen an Orgien, an endlose Blutnächte voller Macht und Gier und Leidenschaft. „Ich rieche, wie sehr du deinen Schwur
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