Vampirsaga 02 - Honigblut
Genuss, der Melanies Körper zum Zittern brachte. Wie um alles in der Welt kann er dich einzig mit seinem Tonfall so sehr in Beschlag nehmen und dich daran erinnern, dass er die Personifikation eines Sexgottes ist?
„Heißt das, du lässt mir in Zukunft einen Schlüssel da?“, traute sie sich zu fragen.
Xylos lachte. Sie hatte nicht nach ihrer Freiheit gefragt oder ihm Vorwürfe gemacht. Nur nach dem Schlüssel. Trotzdem war die Möglichkeit mehr, als er ihr bieten wollte.
Sein Lachen war wie Zuckerwatte. Spinnwebenfein und so süß, dass es sie nach mehr verlangte. Verheerend genüsslich und sättigend. Beinahe orgiastisch.
Der Callboy konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal eine Frau so sehr gewollt hatte, wie er Melanie wollte. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, dass er Jennifer Schreiner Honigblut jemals eine Frau so sehr gewollt hatte. Nicht einmal Helena. Er wollte sich in seiner Vampirin verlieren, so lange in ihr sein, bis er nicht mehr wusste, wo er aufhörte und sie begann. So lange, bis sie ihm gehörte.
In diesem Moment begriff er, dass sie es geschafft hatte, hinter seine Abwehr zu gelangen. Mit ihrer naiven Unschuld, ihren leicht hysterischen Ängsten und ihrer entwaffnenden Logik. Und genau dort wollte er sie nicht haben, nicht in seinem Herzen und nicht in seinen Gedanken. Denn hier konnte sie ihn verletzten – so sehr, wie es bisher nur Helena geschafft hatte. Noch einmal würde er einen Verrat nicht überleben.
„Ich denke nicht, dass ich dir einen Schlüssel geben werde!“
Selbst als er es aussprach, wusste er, dass er egoistisch war. Er war bereits im Fadenkreuz der Rebellen, wurde von einem unbekannten Vampir verfolgt. Was, wenn dir wirklich etwas geschieht? Xylos versuchte seine Sicherheit und Beruhigung gegen Melanies Leben aufzuwiegen. Denn das war seine wichtigste Lektion gewesen, die ihn das Leben gelehrt hatte: Kümmere dich nicht zu sehr um andere Leute, sorge dich nicht um sie. Jedes Mal, wenn er es doch getan hatte, hatte er einen hohen Preis dafür gezahlt. Frauen konnte man einfach nicht trauen.
Er trat näher, um die Vampirin wenigstens in seine Arme zu ziehen und trösten zu können.
Melanie war enttäuscht, ließ seine Berührung aber zu. Xylos hatte sich also dazu durchgerungen, das Risiko einzugehen und sie Gefahren auszusetzen, die er nicht kontrollieren konnte – und vor denen sie sich nicht schützen konnte.
Es dauerte einen Moment, bis sie einen Geruch an ihm wahrnahm, der vorher nicht da gewesen war. Sie stieß ihn von sich.
Xylos wusste schon vorher, was Melanie wahrgenommen haben musste. Sie roch eine andere Frau an ihm, war aber nicht geschult genug zu erkennen, wen sie roch, oder was diese Frau und er getan hatten. Er lächelte bei dem Gedanken an Maeve.
„Du fasst mich besser nicht noch einmal an – sonst verfüttere ich dir deine eigene Hand!“ Sie klang wie Sofia – und dazu eifersüchtig. Widersinnigerweise fühlte er sich geschmeichelt.
Konzentrier dich, verdammt! Konzentration! Er versuchte ihren wütend zusammengekniffenen Mund zu ignorieren, Lippen, die dazu einluden, das Schmollen von ihnen zu küssen. Melanie war wie eine Droge. Wenn er noch an Liebe und Partnerschaft geglaubt hätte, wenn es keine Helena in seinem Leben gegeben hätte – und nicht die unzähligen Frauen, die ihn für nichts und wieder nichts anbeteten, nur um ihn im nächsten Moment gegen ein anderes Leben oder einen anderen Vampir einzutauschen – dann hätte er sich vielleicht der Illusion hingegeben, sie wäre die Eine, seine Liebe und seine Gefährtin.
Aber sie war keines davon, hatte kein Recht, ihn und seine Handlungen in Bezug auf Frauen in Frage zu stellen. Trotzdem ärgerte es ihn, dass sie glaubte, er sei fremdgegangen.
„Vertraust du mir etwa nicht?“
„Dir vertrauen? Machst du Witze?“ Ihre Reaktion war ehrlich und überraschte ihn. Noch immer hatte er sich nicht an ihre entwaffnende Ehrlichkeit gewöhnt.
„Du bist eifersüchtig!“, stellte er laut fest.
Melanie durchfuhr ein kurzer Stich, als sie die Wahrheit in seiner Anklage erkannte. Aber sie verschloss ihr Herz. Er war mit einer anderen Frau zusammengewesen. Hatte Jennifer Schreiner Honigblut wer weiß was mit ihr gemacht. Sie durfte ihm keine Macht geben, keinen Zugang zu ihren tieferen Emotionen und ihn nicht lieben. Nicht nur ihn – niemanden.
Früher oder später würde er bei einer anderen Frau bleiben.
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