Vampirwelt
Sinclair?«
»Ja.«
»Ich bin Tom Hayer.« Er kam mir entgegen und reichte mir die Schweißhand. »Bitte nehmen Sie sich einen Stuhl, ich werde mich auf das Bett setzen.« Er lächelte etwas scheu und strich sein Haar zurück, das sich sofort wieder in die Höhe stellte. »Rene Pulger hat mir geraten, mit Ihnen zu sprechen, Mister Sinclair, und ich möchte Sie vorab bitten, mich nicht auszulachen.«
»Das werde ich auch nicht.«
»Danke.«
»Wie geht es Ihrem Kopf?«
Er schüttelte ihn und lächelte dabei. »Kein taubes Gefühl, keine Schmerzen, ich bin okay, Mister Sinclair. Ich bin verdammt noch mal okay und werde jetzt ohne weiteres wieder meinen Job aufnehmen und ins Studio gehen. Nur würde ich es von der Psyche her nicht schaffen, weil einfach zu viel auf mich eingestürmt ist.«
»Verstehe.«
»Wo soll ich anfangen?«
»Am besten von vorn.«
»Im Studio, als ich…?«
»Genau.«
Er suchte nach Worten, fand die richtigen nicht und blieb allgemein. »Ich kann es noch immer nicht begreifen.« Er schloß die Augen und erinnerte sich. »Dieser Schmerz war einfach furchtbar. Er jagte durch meinen Kopf, als wollte er ihn zerstören. Blut quoll hervor. Ich wurde bewußtlos, erwachte hier im Krankenzimmer, aber in der Zwischenzeit hatte ich ein traumatisches Erlebnis, an das ich mich erst später wieder erinnerte.«
Diese Worte waren die Einleitung zu einem Bericht gewesen, der nun folgte. Ich hörte ihm mit wachsender Spannung zu. Glücklicherweise konnte Tommy Hayer plastisch erzählen. Er schien diesen Traum noch einmal zu durchleben und gab mir einen detaillierten Bericht. Ich hörte voll innerer Spannung zu, und es rann mir eiskalt den Rücken hinab, als er vom Friedhof und auch von dem Haus in dieser anderen Welt oder Dimension erzählte.
»Was taten Sie?«
»Ich floh in das Haus.«
»Fanden Sie dort jemand vor?«
»Eine Frau und einen Mann.« Hayer überlegte und kam schließlich auf den Mann zu sprechen, weil er ihn bei der ersten Begegnung einfach zu stark beeindruckt hatte. Er beschrieb ihn genau, und meine Sinne schalteten auf Alarm, der letztendlich wie ein Wecker durch meinen Kopf schrillte, als er das blutrote D auf der Stirn des dunkelhaarigen Mannes erwähnte.
»Wie bitte?« fragte ich.
»Ja, es war ein D, Mister Sinclair. Es entstand urplötzlich, und ich kann es mir nicht erklären.«
»Aber ich.«
»Tatsächlich?« Er blickte mich staunend an. »Wieso sind Sie denn…?«
Ich winkte mit beiden Händen ab. »Lassen Sie es mich erklären, wobei ich nicht zu sehr in die Tiefe greifen will. Das D auf der Stirn ist eine Abkürzung und steht für Dracula.«
Tommy Hayer schloß die Augen. Bestimmt rasten seine Gedanken, und sicherlich konnte er sich keinen Reim auf meine Antwort machen. Sehr leise wiederholte er den Namen, schüttelte dann den Kopf und sprach von einem Buch, das Bram Stoker geschrieben hatte.
Er warf auch noch die neue Verfilmung mit ein, erntete bei mir allerdings Kopf schütteln und verlor schließlich den Faden.
»Dracula II nennt er sich.«
»Der Nachfolger.«
»Ja, eigentlich heißt er Will Mallmann, war früher einmal so etwas wie ein Kollege von mir, aber das liegt lange zurück. Bleiben wir bei Dracula II. Sie haben ihn also in Ihrem Traum gesehen?«
»Das kann ich beschwören. Und ich habe auch zuvor niemals mit ihm zu tun gehabt. Ich habe nicht an ihn gedacht. Ich bin doch kein Mensch, der an Vampire glaubt!« erklärte er schon leicht entrüstet. »Nein, das kann niemand von mir verlangen.«
»Sie sind aber eines Besseren belehrt worden.«
»Was soll ich machen, Mister. Sinclair? Ich kann dieses traumatische Erlebnis ja nicht wegradieren und ebenfalls nicht die Szene im Studio. Nein, das ist schon wahr.«
»Sie sind aber wieder aus dieser Welt weggekommen?«
»Ja.«
»Wie denn?«
»Ich erwachte plötzlich. Der Traum oder die Erinnerung lagen hinter mir.«
»Kehrte er noch einmal zurück?« wollte ich wissen.
»Nein, nicht, zum Glück nicht. Mir aber passierte etwas anderes. Ich habe doch von der Frau gesprochen, die bei diesem Vampir war. Sie tauchte in der letzten Nacht hier auf.«
»Nicht im Traum?«
»Nein, sie war echt. Sie hat sogar mit mir gesprochen und mir ihren Namen genannt.«
»Soll ich Ihnen den sagen?«
»Bitte.«
»Assunga!«
Hayer sagte nichts. An seiner Reaktion erkannte ich, daß ich voll ins Schwarze getroffen hatte. Er nickte. »Stimmt, Mister Sinclair, stimmt haargenau. Woher wissen Sie das?«
»Ich kenne mich etwas
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