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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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nur hin und wieder unterbrochen von Angelos multiplen Persönlichkeiten ...
    Kurz vor dem Morgengrauen begab Antonio sich zu einer seiner Sklavinnen, weil er Sex, Blut – oder Trost? – brauchte, und anschließend in sein eigenes Bett. Er hatte vor, bis zum späten Abend zu schlafen, und dann wollte sich auch schon Francesco bei ihm melden. Mit ein bisschen Glück hatte sein Bruder gute oder doch wenigstens vielversprechende Nachrichten aus London; und Antonio hatte ihm seinerseits ebenfalls einiges mitzuteilen:
    Nämlich das, was das Ding in der Grube ihm »erzählt« hatte. Zumindest einen Teil davon ...
    Nun, da der Morgen graute, wurde er, keineswegs ungewöhnlich unter Vampiren, von Albträumen gequält. Denn das Morgengrauen ist nicht ihre Zeit, ja, es ist der Zeitraum, in dem die ansonsten nahezu unverwundbaren Wesen am verwundbarsten sind – wenn die schlimmsten Ängste im Unterbewusstsein dieser Monstren Gestalt annehmen und ihr Gedächtnis erneut das Entsetzen ihrer Jugendtage heraufbeschwört.
    »Toni« Francezci bildete da keine Ausnahme, auch wenn in seinem Fall die Erinnerungen aus grauer Vorzeit keineswegs ausnehmend grässlich waren ... jedenfalls nicht für ihn. Was er war, war er von Geburt an, darum war er ohne irgendwelche traumatischen Eindrücke seiner Verwandlung in einen Wamphyri aufgewachsen. Also quälten ihn auch nicht die normalen Albträume eines gewöhnlichen Knechts oder Leutnants, sondern vielmehr die Furcht davor, wozu er eines Tages werden könnte! Und dieses Grauen war unermesslich – es sei denn, man nahm die grässliche Gestalt seines Vaters Angelo als Maßstab, des degenerierten und immer noch weiter mutierenden Wesens in der Grube unter der Manse Madonie.
    Doch zunächst, vor dem wirklich Entsetzlichen, durchlebte er noch einmal das Gespräch mit dem alten Ferenczy, mehr oder weniger so, wie es stattgefunden hatte; allerdings war er sich vage bewusst, dass sich irgendwo hinter den »gesprochenen« Worten etwas Dunkles zusammenbraute, ähnlich wie in einem hell erleuchteten Zimmer, in dem es mit dem langsamen, aber unaufhaltsamen Näherrücken eines Gewitters allmählich immer finsterer wird.
    »Vater«, flüsterte er in die hallende Öffnung der Grube hinein. »Francesco ist nach England gefahren. Er hat ein paar Männer mitgenommen; sie wollen Radus Knechte ausfindig machen und ihnen in der Stunde seiner Auferstehung zum Hunde-Lord folgen. Und wir haben deinen Rat beherzigt: Unsere Vorhut ist bereits dabei, einen Mann zu ... verhören, von dem wir annehmen, dass er mit dem Kerl, der unsere Schatzkammer geplündert hat, mit diesem »Harry«, von dem du sprachst, gemeinsame Sache macht. Außerdem schicken wir auch Männer nach Schottland, die Radus dortige Knechte aufspüren, herausfinden, wo ihre Schwächen liegen, und sie schließlich vernichten werden. Aber nun sind wir auch auf deine Hilfe angewiesen. Nur du kannst in die Ferne blicken, und nur du weißt, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht ...« Antonio verstummte und fuhr nach einem Moment fort:
    »Vater, ich weiß, dass du sehr viel Zeit damit verbracht hast, nach draußen zu blicken, ich habe es nämlich gespürt. Selbst Francesco bekam es mit, dabei ist er dafür weit weniger ... nun ja, empfänglich als ich. Solltest du irgendetwas in Erfahrung gebracht haben, könnte dies von großem Nutzen ...«
    Vor ihm gähnte die Öffnung der Grube; das Gitter stand momentan nicht unter Strom, und Antonio hatte eine Klappe der Abdeckung angehoben. Die Scheinwerfer an den Wänden der Höhle waren eingeschaltet und tauchten die Umgebung der Grube in sich überschneidende, grelle Kreise aus Licht. Außerhalb dieses Gleißens sah man nichts als Finsternis; Antonios Schatten war nur ein länglicher Tintenklecks, der sich hinter ihm über den kalten Steinboden ergoss.
    Der Grund, aus dem der Strom abgeschaltet war und der Schacht halb offen stand, war einfach: So pflegten die Gebrüder Francezci sicherzustellen, dass sie nicht aus Versehen durch einen Stromschlag selbst ums Leben kamen. Immerhin war der alte Brunnen sehr tief und Angelo nicht mehr in der Lage, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Aufgrund seiner Verwirrung und seines ungezügelten Metamorphismus, der ihn in ein protoplasmisches Etwas verwandelt hatte, hatte er keine Kontrolle mehr über seinen gewaltigen, massigen Körper, der ihm nicht mehr gehorchte, allerdings auch von keinem denkenden Geist mehr gelenkt wurde und daher im Großen und Ganzen keine

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