Vampirzorn
massige Manoza, der aussah wie eine fette Kröte, schließlich doch seiner Neugier. Er musste es einfach wissen. »Nun?«, fragte er. »Ich meine, willst du darüber reden? War er es?«
Francesco hing, seit er den Rückflug befohlen hatte, nur seinen Gedanken nach und hatte nicht ein Wort von sich gegeben. Doch nun seufzte er, mehr zu sich selbst: »Es wird Zeit, dass wir uns nach Aviemore begeben. Alle gemeinsam – zum Skifahren, verstehst du?« Und als habe er Manozas Frage eben erst vernommen, fügte er hinzu: »Ja, er war es. Irgendwo da hinten in diesen Bergen verbirgt sich der Hunde-Lord in seinem Bau. Allerdings nicht mehr lange, Luigi, denn er ist wach. Radu ist erwacht – und trifft seine Vorkehrungen!«
FÜNFTES KAPITEL
RIVALISIERENDE SPLITTERGRUPPEN.
DAS DUNKEL RÜCKT NÄHER.
Harry war nicht mehr »bei sich«. Nachdem er die Lage bei sich zu Hause geklärt hatte, hatte er besorgt, voller Zweifel und drängender, quälender Fragen B. J. aufgesucht; »verwirrt« war eine höchst unzureichende Beschreibung für seinen Geisteszustand. Darum hatte sie ihm die Last dieses Falles sofort von den Schultern genommen, indem sie die jüngsten grässlichen Ereignisse einfach aus seinem Gedächtnis strich. Was dem Necroscopen blieb, war eine Reihe zusammenhangloser »Tatsachen«, die so konfus schienen, dass es ihm vorkam, als würde sein halbes Leben fehlen.
Auf B. J.’s hypnotischen Befehl hin »erinnerte« er sich einigermaßen detailliert, wenn auch verschwommen und irgendwie unwirklich, an die nahezu aufgegebene Suche nach seiner Frau und seinem kleinen Sohn, sogar an Orte, an denen er, außer in seiner Vorstellung, nie gewesen war. Doch er war felsenfest davon überzeugt, dass er sich dort aufgehalten hatte; denn wenn nicht, musste er schlicht und einfach verrückt sein. Er erinnerte sich an sein gesamtes früheres Leben – an seine Zeit beim E-Dezernat, daran, welche Kräfte er einst beherrscht und wie er sie eingesetzt hatte – und auch, nachdem er dem Dezernat den Rücken gekehrt hatte, an die Zeit mit Bonnie Jean. Letzteres allerdings ... war ein riesiges Durcheinander, wie ein gewaltiges Puzzlespiel, bei dem er noch nicht einmal den Rahmen kannte und bei dem die meisten Teile fehlten oder einfach nicht zusammenpassen wollten.
Damit war sein Erinnerungsvermögen mehr oder weniger so, wie B. J. es haben wollte. In seinem Gedächtnis befand sich aber auch einiges, von dem sie keine Ahnung oder das sie vergessen hatte, Dinge, nach denen sie – aus Zeitmangel oder weil sie nicht darauf gekommen war – nicht gefragt hatte. Und diese Dinge gehörten Harry allein. Und da seine Handlungsfreiheit bereits durch frühere Anweisungen – die posthypnotischen Befehle eines gewissen Jemand, seine Kräfte niemandem preiszugeben; eines gewissen Jemand, der sich bereits vor B. J. an ihm zu schaffen gemacht hatte – eingeschränkt war, war Harry noch nicht einmal in der Lage, ihr davon zu erzählen. Er konnte ihr zum Beispiel nicht mitteilen, was er über die Manse Madonie – und das Ding in der Grube – herausgefunden hatte, weil er es tatsächlich ja gar nicht wusste beziehungsweise lediglich in einer tieferen Bewusstseinsschicht davon Kenntnis hatte. Schließlich hatte B. J. ihm gleich zu Beginn ihrer Beziehung befohlen, alles, was sie ihm über die Wamphyri erzählte beziehungsweise was er womöglich über sie mitbekam, sofort wieder zu vergessen, weil es nur für ihre, B. J.’s, Ohren bestimmt sei. Harry vermochte sich nicht daran zu erinnern, was in seinem Gedächtnis gespeichert war, es sei denn, sie oder der Hunde-Lord setzten ihn frei und hetzten ihn auf ihre Feinde, die Drakuls und die Ferenczys.
Diese Ebene war dem Necroscopen also verwehrt – andererseits durfte er ihr aber noch nicht einmal mitteilen, dass die Manse Madonie überhaupt existierte! Denn dann würde B. J. wissen wollen, weshalb und – weit wichtiger noch – wie er dorthin gelangt war und wie es ihm gelingen konnte, unversehrt zu entkommen. Selbst jetzt hätte sie nur die richtigen Worte sagen und ihn freisetzen müssen, um innerhalb eines Augenblicks Zugriff auf einen Großteil dieser verborgenen Informationen zu haben.
Doch das tat sie nicht, weil sie ja nicht wusste, dass er darüber verfügte.
Aus diesem Grund war er zu ihr gegangen und hatte sie angefleht, ihn freizusetzen und ihm alles zu erzählen; und ebendeshalb hatte sie ihn unter Hypnose gesetzt und nahezu all seine Erinnerungen gelöscht! Das Einzige, was er über
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