Vampyr
Laterne entgegen. Blinzelnd schaute sie in die erleuchtete Kammer. Murdoch lag auf dem Boden. Dahinter stand Daeron. Mit einer Hand an die Wand gekettet versuchte er mit der Pistole den Schlüsselring zu erreichen. Catherine vergaß alle Vorsicht. Sie riss den Schlüssel aus dem Schloss und stürzte in die Kammer.
»Catherine! Gott sei Dank!« Daeron steckte die Pistole in seinen Gürtel.
Sie wollte die Eisenbänder an seinen Handgelenken lösen, doch sobald sie das Blut und das rohe Fleisch darunter sah, schreckte sie zurück. Ein metallischer Geschmack breitete sich auf ihrer Zunge aus. Sofort wurde ihr übel. Daeron nahm ihr den Schlüssel aus der Hand und griff nach ihr, gerade als ihre Beine nachgaben. Er hielt sie fest und zog sie an sich. »Bist du verletzt?«
Unter das Aroma von Blut mischte sich sein Geruch, tröstlich und stark. Die Sorge in seiner Stimme gab ihr Kraft. Sofort befreite sie sich aus seinem Griff. »Nein. Lass uns sehen, dass wir fortkommen, ehe Sutherland zurückkehrt. Schnell, Daeron. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.« Sie wollte ihm sagen, dass er zu Martáinn musste, doch die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Dumpfer Kopfschmerz breitete sich hinter ihrer Stirn aus.
Daeron sah sie lange an, bevor er sie freigab und die Handfesseln aufschloss. Keuchend rieb er seine geschundenen Handgelenke. Catherine zwang den Blick fort von dem blutigen Fleisch.
»Was ist mit Martáinn?«, fragte Daeron. »Hast du …?«
»Du musst –« Der Schmerz in ihrem Kopf steigerte sich zu einem Wirbelsturm. »Gefahr aus … der Dunkelheit. Er …« Catherine presste die Hände an die Schläfen und kämpfte gegen die Flecken an, die vor ihren Augen zu tanzen begannen. Ihr war plötzlich eiskalt. Geräusche drangen nur noch dumpf an ihr Ohr. »Dun Domhainn«, stieß sie hervor. »Warnen!« Dieses Mal war der Schmerz nicht nur in ihrem Kopf. Explosionsartig breitete er sich aus und erfasste in einer wuchtigen Welle ihren gesamten Leib. »Farrell … tot … Vater!«, war das Letzte, was sie hervorbrachte, bevor die Welt in Schwärze versank.
8
Daeron hob Catherine auf seine Arme und trug sie in sein Schlafzimmer. Behutsam legte er sie auf das Bett. Er zog ihren Plaid zurecht, streifte ihre Schuhe ab und ließ sich neben ihr auf der Bettkante nieder.
»Catherine?«, flüsterte er heiser. »Komm zu dir.« Er strich ihr sanft über das bleiche Gesicht. Ihre Haut fühlte sich erschreckend kalt unter seiner Hand an und für einen Moment fragte er sich, ob sie überhaupt atmete. Dann sah er, wie sich ihre Brust unter flachen Atemzügen hob und senkte.
»Catherine.« Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. Selbst durch ihr Hemd hindurch konnte er die Kälte spüren, die aus ihrem Körper strömte. Wenn ich nur wüsste, was dir zugestoßen ist.
Vorsichtig untersuchte er sie nach Verletzungen, fand aber nur einen schmutzigen Verband um ihr Fußgelenk. Schnell löste er das Leinen. Halb erwartete er eine Entzündung zu erblicken, die der Auslöser für ihren Zustand sein mochte, doch alles, was er fand, waren zwei getrocknete Blutstropfen an ihrem Knöchel. Wie Dornenstiche.
Daeron griff nach den Decken und hüllte sie darin ein in der Hoffnung, die eisige Kälte würde aus ihren Gliedern weichen. Eine Weile saß er an ihrer Seite. Dann wurde er unruhig. Er musste Martáinn warnen. Catherine hatte es selbst gesagt. Danach würde er sofort zu ihr zurückkehren.
Als er Martáinn in seinen Gemächern nicht antraf, beschlich ihn eine böse Vorahnung, die zu schrecklicher Gewissheit wurde, als er einen Diener nach seinem Verbleib fragte. Der Earl hatte Dun Brònach vor kurzem in Begleitung von Hauptmann Farrell und einer Hand voll Krieger verlassen. Ich muss ihm folgen!
Fluchend kehrte Daeron in seine Gemächer zurück. Catherine war noch immer nicht erwacht. Er dachte daran, sie allein zurückzulassen, da er nicht wusste, wem er trauen konnte. Doch seine Furcht, ihr Zustand könne sich verschlechtern und niemand wäre bei ihr, war zu groß. Schließlich ließ er nach Betha, Catherines einstiger Amme, rufen. Sie war die Einzige, die er einzuweihen wagte.
Es war nicht leicht, der alten Frau schonend beizubringen, dass ihr einstiger Schützling hier war. Catherines Anblick trieb Freudentränen in Bethas trübe Augen, in die sich jedoch sogleich Sorge mischte.
»Was fehlt meinem Mädchen?«
»Ich weiß es nicht.« Daeron schüttelte den Kopf. »Bleib bei ihr und gib gut auf sie Acht. Und, Betha,
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