Vampyr
niemand darf erfahren, dass sie hier ist. Das muss unter uns bleiben, andernfalls ist ihr Leben in Gefahr.«
»Natürlich, Herr.« Betha neigte das Haupt. »Was ist mit Euch?«
Er runzelte die Stirn. »Mit mir?«
Betha deutete auf seine Schläfe. »Ihr seid verletzt.«
Im Moment spürte er weder die Wunde an seiner Schläfe noch die Schnitte an seinen Handgelenken. »Das ist nicht der Rede wert.«
Betha nickte. Ihre Aufmerksamkeit kehrte zu Catherine zurück. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich an die Seite ihres Schützlings.
Daeron beugte sich zu Catherine herab und strich ihr über die Stirn. Dann wandte er sich an Betha: »Ich bin so schnell ich kann zurück. Verriegle die Tür und lass niemanden ein. Niemanden , hast du verstanden?« Als die alte Frau nickte, packte er seinen Mantel, Pistole und Schwertgehenk und trat auf den Gang hinaus. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Kurz darauf erklang das erlösende Geräusch eines Schlüssels, der von innen herumgedreht wurde.
Daeron blieb stehen. Er fragte sich, ob Martáinn wirklich seiner Hilfe bedurfte. Immerhin waren der Hauptmann und einige seiner Männer bei ihm. Womöglich ist das nicht genug. Was auch immer Sutherlands Verbündete planten, ganz sicher würden sie es nicht auf einen offenen Kampf anlegen. Sie werden Martáinn in einen Hinterhalt locken wollen.
Mit schnellen Schritten folgte Daeron dem Gang zur Treppe. Überall in den Ecken türmten sich Schatten zu schwarzen Gebilden. Mit einem Mal drängten sich Catherines Worte in seinen Verstand. Gefahr aus der Dunkelheit. Was hatte sie damit gemeint? Ganz sicher keine Schattengespinste. Sutherlands Männer würden Martáinn im Dunkeln auflauern. Das war es, was sie ihm hatte sagen wollen.
Daeron erreichte das Ende der Treppe. Aus der Großen Halle drang das klagende Lied eines Dudelsacks an sein Ohr. Wie das Heulen eines Gespenstes. Er durchquerte die Eingangshalle und stieß die Tür auf. Ein Schwall eisiger Nachtluft schlug ihm entgegen und ließ alle Gedanken an Gespenster gefrieren.
Daeron ging über den Hof und trat in den Stall. Er verzichtete darauf, einen Burschen zu rufen, und machte sich stattdessen selbst daran, sein Pferd zu satteln. Je weniger Menschen wussten, dass er Dun Brònach verließ, umso besser. Sutherland würde es nicht wagen, jemanden nach Catherine auszusenden, solange er Daeron in ihrer Nähe wähnte.
Sie zurückzulassen gefiel ihm noch immer nicht, doch ihm blieb keine andere Wahl, wenn er Martáinn warnen wollte. Er redete sich ein, dass er getan hatte, was in seiner Macht stand, um sie zu schützen. Sobald er zurück war, würde er den Heiler rufen, damit er sich ihrer annahm.
Mit raschen Handgriffen legte er Sattel und Zaumzeug an, zurrte die Riemen fest und überprüfte ein letztes Mal ihren Sitz. Nachdem er sich sein Schwertgehenk umgeschnallt, die Pistole verstaut und den Mantel über die Schultern geworfen hatte, führte er das Tier nach draußen. Am Tor wechselte er ein paar Worte mit der Nachtwache, dann schwang er sich in den Sattel, trat seinem Pferd in die Flanken und preschte in die Nacht hinaus.
Fahles Mondlicht kroch über das Land. Wie Gerippe ragten die Kiefern am Wegesrand auf, die dürren Arme in einen Mantel aus Frost gehüllt. Daerons Atem stieg dampfend in die kalte Luft empor. Das Donnern der Hufe dröhnte in seinen Ohren, als wolle es jeden Laut töten, der nicht seinen Gedanken entsprang. Immer wieder fragte er sich voller Sorge, was Catherine während der vergangenen Stunden widerfahren sein mochte.
Farrell … tot. War dem Hauptmann etwas zugestoßen? Aber das war nicht möglich, hatten die Diener ihm nicht gesagt, dass Farrell zusammen mit Martáinn die Burg verlassen hatte? Vater! Es war das letzte Wort, das ihr über die Lippen gekommen war. Sosehr Daeron sich auch den Kopf zerbrach, es wollte ihm nicht gelingen, dem einen Sinn abzutrotzen. Er sah keinen Zusammenhang zwischen Roderick Bayne und der Falle für Martáinn.
Endlich gab die Dunkelheit vor ihm die Silhouetten einer Gruppe Reiter frei. Clanskrieger in Kilts, in ihrer Mitte ein Reiter in Umhang und Hosen. Martáinn! Hauptmann Farrell ritt an seiner Seite, den Blick wachsam auf die Umgebung gerichtet. Daeron spornte sein Pferd an. Catherines Worte hatten ihn beunruhigt. Für eine Weile hatte er tatsächlich geglaubt, Farrell könne etwas zugestoßen sein.
Sobald der Hauptmann den Reiter entdeckte, der sich in gestrecktem Galopp näherte, bellte er einen Befehl.
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