Vampyrus
vor zwölf Tagen. Van Buyten in seinem teuren Anzug. Glatt, wie seine schwarz gefärbten, nach hinten gegelten Haare. Henk hatte keine Ahnung, wo der Typ herkam, noch wie er ausgerechnet auf ihn gekommen war. Und dass er alle heilige Zeiten unangemeldet aufkreuzte. Nie erfuhr er, was der Hintergrund der Aufträge war, die er vermittelte. Henk hatte auch das Gefühl, dass es besser war, wenn er es nicht wusste. Van Buyten, wenn er wirklich so hieß, zahlte gut und das war alles, was Henk interessierte.
„Wir haben Dich ausgewählt, weil der Auftrag, den ich heute habe, etwas Besonderes ist“, erklärte Van Buyten mit wichtiger Miene. Henk blickte ausdruckslos in das gut aussehende Gesicht des Gangsters. Van Buyten war nervös, spielte mit seinem goldenen Armkettchen herum. Henk verachtete diesen Lackaffen, aber er wusste nur zu gut, dass es gefährlich war, sich seinen Ärger zuzuziehen. Der Gangster hob den länglichen Aluminiumkoffer, den er mitgebracht hatte, auf seine Knie und schnappte den matt glänzenden Deckel auf.
„Eine Armbrust?“, fragte Henk, „Ach, kommen Sie, Van Buyten, was soll das?“
„Es muss diesmal lautlos geschehen.“
„Das war aber bisher kein Problem gewesen.“
„Du kannst den Auftrag ablehnen.“
Henk versuchte einzuschätzen, ob Van Buyten es ernst meinte. Keine Fragen, das waren bisher die Spielregeln gewesen. Henk entschied, sich daran zu halten. „Wer ist es?“
„Ein gewisser Valerius. Wir kennen seinen vollen Namen nicht. Treibt sich oft an den Wochenenden im Blue Lagoon herum.“
Henk kannte das Blue Lagoon. Es war eine der Strandbars am Boulevard in der Nähe des Kurhauses. Tischfeuer, Sofas, gutes Essen, Szene, Touristen. Natürlich wusste er das nur von außen, denn jemand wie Henk würde dort schneller wieder rausfliegen, als er hineingekommen war.
„Wie erkenne ich ihn?“
Van Buyten zog ein Blatt Papier aus der Innentasche seines Anzugs und faltete es vor Henk auseinander. Darauf war der Ausdruck eines digitalen Fotos, das mit einer Handykamera aufgenommen worden sein musste. Es zeigte eine Gruppe von Goths, die auf einer Couch herumlungerten, zwei hart geschminkte Mädchen in engen dunklen Korsetts und Netzstrümpfen umrahmten einen jungen Mann in einem offenen schwarzen Ledermantel und schwarzen Hemd. Lange weiße Haare, schmales Gesicht, fast asketisch, aber sehr gut aussehend. Die Mädchen lächelten künstlich in die Kamera, während ihr Begleiter ernst blieb. Es war etwas in seinem Blick, was Henk Angst machte. Er erinnerte sich, dass vor einiger Zeit die Rede davon gewesen war, dass ein Mädchen aus der Szene verschwunden war. Aber Henk wollte mit diesen Geschichten nichts zu tun haben. Er hatte nichts gegen die Goths. Im Gegenteil, einmal hatte einer ihn sogar vor der Polizei in Schutz genommen, denen eine heruntergekommene Gestalt, wie er auf dem Boulevard ein Dorn im Auge war. Henk streckte die Hand nach dem Papier aus, aber Van Buyten zog sie zurück.
„Machst du es?“
Henk zuckte die Achseln. „Kommt drauf an.“
„Fünftausend.“
Die Summe war der übliche Betrag, aber irgendwie schien sein Auftraggeber zu zögern. Als wäre noch ein Haken bei der Sache. Henk tat bewusst gleichgültig und blickte Van Buyten in die Augen.
Der Gangster blickte weg. „Da ist noch etwas. Wir brauchen ein Stück Haut von dem Kerl.“
„Haut.“
„Ja, mindestens von der Größe eines DIN-A4 Blattes. Und am besten von der Innenseite der Oberschenkel.“
„Weil sie da am zartesten ist“, ergänzte Henk. Er hatte ja schon einige schmutzige Aufträge erledigt, aber so etwas Perverses war ihm noch nie untergekommen. Und wenn schon – der Mensch hat zwei Beine, also konnte er auch gleich versuchen, mehr herauszuholen. Er würde ein zweites Stück nehmen und versuchen, es nachträglich zu verhökern. Von dem Geld würde er zwei Jahre über die Runden kommen. Ja, so wurde man, wenn man als Asozialer in einer Ruine hauste. Dass die Polizei ihn aufspüren könnte, hielt er für ein vertretbares Risiko. Van Buyten griff wiederum in sein Jackett und legte einen braunen Briefumschlag auf den Küchentisch. „Wie immer, die Hälfte als Vorschuss.“
Henk nahm den Umschlag, prüfte sein Gewicht und hielt Van Buyten die Hand hin. Der drückte ihm stattdessen das Foto in die Hand. „Hast du einen Kühlschrank oder so was?“
Henk lachte sarkastisch „Siehst du hier einen?“
„Du musst die Haut konservieren, bis ich sie bei dir abhole“, erklärte Van
Weitere Kostenlose Bücher