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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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gab ich ihm die beiden Briefe und stolzierte davon.

    In der Karl-Valentin-Straße Nr. 11 öffnete Felix’ Mutter, Frau Thörl. Ich stellte mich vor und fragte freundlich nach Felix, doch der war plötzlich nicht mehr zu Hause. Stattdessen kam eine zu tiefe Männerstimme aus der Wohnung heraus:
    „Einen Moment, Mama, ähm, ich meine Frau Thörl, ich schau mal nach, ob Ihr Sohn da ist.“
    Felix’ Mutter verdrehte die Augen. „Okay, das ist nett von dir!“, antwortete sie der zu tiefen Stimme. „Und wenn du ihn findest, sag ihm, er soll kein Hasenfuß sein und sich gefälligst hier zeigen!“
    Dann standen wir da und warteten eine endlose Minute darauf, dass sich die zu tiefe Stimme von ihrem Schreck erholte. „Es tut mir leid, Frau Thörl, aber ich kann mich gerade nicht finden.“
    Ich prustete los. Das war wirklich zu komisch und auch Felix’ Mutter amüsierte sich. „Also, Vanessa, dann gib mir mal deinen Brief. Ich werde ihn solange aufheben, bis Felix wieder weiß, wo er ist.“
    Ich nickte, verabschiedete mich und ging immer noch lachend zwei Straßen weiter bis zum Fasanengarten. Dort wohnte Fabi im Haus Nr. 4, und auch hier musste ich gar nicht erst klingeln. Fabi wartete schon auf seinem Fahrrad auf mich, und als er mich sah, schoss er mit Höchstgeschwindigkeit auf mich zu, um direkt vor mir eine Vollbremsung zu machen.
    „Hallo, Vanessa! Warte! Hier bin ich doch! Hier!“, rief er dabei und legte sich direkt vor mir auf die Nase. Das hatte er mit Sicherheit nicht geplant. Auf jeden Fall glühte sein Kopf noch mehr, als der von Maxi, als er vor mir auf dem Boden lag und sich den Po rieb.

    „Hallo, Fabi!“, begrüßte ich ihn. „Gut, dass du da bist. Weißt du, wo Juli und Joschka wohnen? Ich hab was für sie.“
    „Die? Wieso? Die wohnen da!“, antwortete Fabi gepresst und zeigte auf das Haus schräg gegenüber.
    „Danke!“, sagte ich nur und ging. Dabei zählte ich meine Schritte und ich war gerade bei fünf, da sprang Fabi hinter mir auf. „Hey, warte! Warte doch mal! Was ist mir mir? Krieg ich keinen Brief?“
    „Ach ja!“, fasste ich mich an den Kopf. „Wie konnte ich das nur vergessen. Hier ist er ja!“ Ich hielt ihm den Briefumschlag hin. „Oder willst du lieber ein Pflaster für deinen Po?“
    Fabis Kopf leuchtete jetzt wie eine Alarmanlage. Trotzdem riss er mir den Brief aus der Hand und rannte davon. Warum er sein Fahrrad dabei mitten auf der Straße zurückließ, das müsst ihr ihn allerdings selbst fragen. Dazu was zu sagen, das trau ich mich nicht.
    Aber was soll’s? Es lief wie am Schnürchen und ich konnte mich kaum mehr daran erinnern, wie verzweifelt ich noch gestern gewesen war. So betrat ich den Garten von Juli und Joschka, und da, was sage ich euch, fiel mir alles mit einem Schlag wieder ein.
    Im Garten von Joschka und Juli warteten auch Marlon, Rocce und Leon auf mich. Ja, und im Vergleich zu Raban, Felix und Fabi waren die Mädchen gegenüber noch völlig immun. Die fünf standen da wie versteinerte Trolle und starrten mich an, als wär ich der Grund dafür. Dann zeigte Leon auf die Mülltonnen neben der Einfahrt.
    „Deine Briefe kannst du gleich da hineinwerfen“, sagte er nur und war wieder bombenfester, erbarmungsloser Granit.
    „Worauf wartest du noch?“, fragte Marlon rasiermesserscharf. Und Rocce spuckte nur aus, so wie Leon ausgespuckt hatte, als er nach dem letzten verschossenen Elfmeter über mir stand und mich fragte: „Tja, mal ganz ehrlich, Nessie, was meinst’en du? Hast du die Probe bestanden?“
    Für ein paar endlos lange Sekunden wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ja, ich wollte weglaufen. Oder nein! Ich wollte die Briefe in die Mülltonne werfen, genau so wie Leon es mir befohlen hatte. Aber das war beides unmöglich. Das hatte ich mir gestern Abend mit meinem Vater geschworen. Ja, und deshalb nahm ich jetzt all meinen Mut zusammen, ging zu Leon und stellte mich vor ihm auf. „Du kannst sie ja selbst in die Mülltonnen werfen!“, zischte ich und sah ihm dabei direkt in die Augen. „Tu dir keinen Zwang an. Aber wenn du das machst, weiß ich Bescheid. Dann weiß ich, dass ihr alle Feiglinge seid.“ Mit diesen Worten warf ich ihm die Briefe vor die Füße, drehte mich auf dem Absatz herum und marschierte davon.

    Am Abend dieses Tages saß ich im Wohnzimmer unseres Hexenhauses mit meinem Vater zusammen vor dem Kamin und starrte ins Feuer. Ich war aufgewühlt und absolut gespannt, was wohl als Nächstes passieren würde. Ich wusste es

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