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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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schnappte nach Luft. In dem Schuhkarton befand sich ein Paar rosa Pumps mit rosa Schleifen und rosa Glitzerhimbeeren drauf. Ich konnte gar nichts mehr sagen. Ich kämpfte nur noch mit den Tränen, meine Knie waren ganz weich und ich weiß nicht, ob mein Vater mir einen Gefallen tat, als er uns alle nach draußen bat, um das Turnier zu beginnen.

Eine Frage der Ehre
    Das Spielfeld war fünfzehn Meter lang und acht Meter breit, gerade so groß, wie es unser Garten erlaubte. Die Linien waren professionell mit Kreide markiert, und als Tore hatte mein Vater zwei Handballtore besorgt. Für die Torwartregel galt „Letzter Mann“, die Spielzeit betrug fünf Minuten, und das Turnier eröffnete natürlich die Gastgebermannschaft, und das waren Marlon und ich.
    Es regnete noch immer in Strömen. Der Boden war glitschig, und meine Knie waren immer noch weich. Ich versuchte, die rosa Pumps zu vergessen, doch sie steckten mir wie eine Gräte im Hals. Oh mein Gott, vielleicht hatten sie ja alle Recht: Oma Schrecklich und Leon und Rocce und Marlon. Vielleicht hatte ein Mädchen wie ich ja wirklich nichts bei den Wilden Kerlen verloren. „Ja verflixt, ich werde heute verlieren“, schoss es mir in den Kopf, und damit packte mich die Angst im Genick. Ja, ich hatte überhaupt keine Chance. Das stand spätestens fest, als Fabi und Leon als meine Gegner das Spielfeld betraten. Wow, waren die siegesgewiss. Ich schaute Hilfe suchend zu Marlon. Doch warum tat ich das nur? Der gab sich noch nicht einmal Mühe, seine Lustlosigkeit vor mir zu verbergen. Nein, der würde bestimmt nichts für mich tun. Und so war es dann auch. Es dauerte gerade mal sieben Sekunden, da passte Fabi zu Leon, weil Marlon ihn ließ. Leon täuschte kurz an, ich sah wie ein Anfänger aus, plumpste auf meinen Po und schaute aus dem Matsch heraus zu, wie Leon den Ball lässig und cool über die Linie schob.
    Beim Gegenangriff passte ich den Ball zu Marlon, doch der rutschte an ihm vorbei, blieb im Dreck liegen und schaute einfach nur zu, wie Leon und Fabi mir mit einem Doppelpass überhaupt keine Chance ließen.

    Dann, nach dem Zwei zu Null, schraubten die beiden ihr Tempo herab. Das konnten sie, weil ich weiche Knie hatte und Marlon so tat, als ob ihm gar nichts gelänge. Arrogant und überheblich führten Leon und Fabi uns vor, und am Ende konnte ich froh sein, dass es nur fünf zu null für sie stand.
    In der anderen Gruppe schlugen Rocce und Felix Raban und Maxi knapp und hart umkämpft zwei zu eins. Und danach spielten Leon und Fabi gegen Joschka und Juli. Das war ein wichtiges Spiel. Wenn Juli und Joschka verlören, hätten Marlon und ich noch eine Chance auf den zweiten Platz. Doch Leon und Fabi waren nicht wiederzuerkennen, so schlecht spielten sie, und am Ende trennten sich beide Mannschaften mit einem abgekarteten Zwei zu Zwei. Jetzt lag es an mir, Juli und Joschka zu schlagen, doch Marlon verweigerte sich wieder einmal, und ich konnte froh sein, dass mir noch in letzter Sekunde der Augleich gelang. Trotzdem befand ich mich da, wo die Wilden Kerle mich hinhaben wollten: mit einem Tor und einem Punkt auf dem letzten Platz.
    Ich fühlte mich absolut mutlos und suchte Hilfe bei meinem Vater. Doch ein Blick von ihm reichte aus und ich verstand, dass er nichts für mich tun konnte. Ich musste mir selbst helfen, doch wie? Ratlos schaute ich den Spielen der anderen Mannschaften zu. In ihrer Gruppe war es ganz anders. Da spielten sie so, wie ich es mir für mein ganzes Geburtstagsturnier gewünscht hatte. Da wurde gekämpft. Da schenkte niemand dem anderen auch nur ein Lächeln, und schließlich standen alle drei Teams, Rocce und Felix, Jojo und Markus, und Maxi und Raban punkt- und torgleich nebeneinander in der Tabelle. Oh Mann, was machte das für einen Spaß, ihnen zuzuschauen, und für einen Moment vergaß ich mein eigenes Desaster. Doch dann warteten wieder Leon und Fabi auf mich, ja, und Marlon bewegte sich immer noch so, als hätte er zwei linke Füße. Das Null zu Eins gegen uns war nur eine Frage der Zeit und ich spürte die Wut, die danach in mir aufstieg. „Oh, ja, endlich!“, dachte ich nur. „Endlich ist diese verflixte Angst weg!“ Und damit drehte ich auf. Ich vergaß Marlon und spielte allein. Mir gelang sogar der Ausgleich, doch dann war es wieder Marlon, der Lustlose, der Feige, der den andern die Führung schenkte. Er schoss ein Eigentor, und damit platzte mir endgültig die Geduld.
    „Hast du überhaupt kein Ehrgefühl?“, schrie ich ihn

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