Vanilla aus der Coladose
war schwülwarm und drückend. Ein bisschen wie vor einem Gewitter.
Laili schlug nach einer Mücke, die ihr um den Kopf sirrte. »Kannst du uns nicht einfach rüberzaubern?«, fragte sie.
»Das kommt erst im 1000 Lehrjahr. Da können wir warten, bis wir schwarz werden . . .«
»Und wenn du ein neues Boot herzauberst?«, schlug Laili vor.
»Zu groß und zu schwer«, seufzte das Flaschengeistmädchen. »Eine Schüssel wäre möglich oder etwas in der Größe.«
Laili zog die Augenbrauen hoch. »Sollen wir vielleicht in einer Salatschüssel rüberfahren? Mit Salatbesteck als Ruder?«
Sie musste kichern, auch wenn ihr eigentlich gar nicht zum Lachen zumute war, und auch Vanilla lächelte zaghaft.
Auf einmal legte sich ein Schatten über sie. Laili sah hoch und entdeckte ein paar vereinzelte weiße Wolken, die durchs diesige Himmelblau schwebten.
Schweben
. . . Ja, genau! Das war die Lösung! Laili begann zu strahlen. »Ich hab’s, Vanilla! Du hast doch gesagt, du hast das ganze Programm drauf – mit fliegendem Teppich und allem!«
Vanilla nickte. »Sicher.«
»Gut. Dann holen wir das Boot aus dem Wasser. Das ist doch fast dasselbe wie ein Teppich, so platt und schlaff. Nur eben aus Gummi.«
»Und dann?«, fragte Vanilla.
»Das ist doch klar: Dann steigen wir auf und du fliegst uns rüber zum Ufer!« Laili sah Vanilla beifallheischend an.
Doch statt in Entzückensrufe auszubrechen, ließ Vanilla den Kopf hängen. »Zu schwer.«
»Wie
zu schwer?«
»Wir sind zu schwer«, sagte Vanilla.
»Na, hör mal, mein Papa nennt mich nicht umsonst
Bohnenstange
. Ich bin ein Fliegengewicht!«
»Trotzdem zu schwer für mich. Ich bin ein junger Dschinn. Du könntest doch auch nicht deinen Bruder hochheben, oder?« Vanillas Stimme nahm einen leidenden Tonfall an.
»Und . . .«, Laili schluckte, ». . . wenn du alleine fliegst? Als Geist bist du so gut wie schwerelos!« Laili erinnerte sich wieder daran, wie Vanilla in der Nacht mit ihren silbernen Pantoffeln ein paar Zentimeter über dem Teppich geschwebt war.
»Hmmm«, murmelte Vanilla unbehaglich und kratzte sich ausführlich am Knie. »Ich kann’s ja mal probieren.«
Sie knieten sich hin und angelten nach dem schlaffen Schlauchboot. Dann breitete Vanilla die Gummihülle auf dem Steg aus und setzte sich im Schneidersitz in die Mitte.
Laili kicherte. »Von fliegenden Teppichen hab ich ja schon gehört. Aber auf einem fliegenden Schlauchboot bist du bestimmt die Erste!«
Vanilla warf ihr einen strengen Blick zu. »Ruhe bitte, ich muss mich konzentrieren.« Sie drückte den Rücken durch, machte ein feierliches Gesicht und atmete ein paarmal tief durch. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und murmelte leise: »Schickedim!«
Im nächsten Moment funkelten Flitterglitter über die Gummihülle und Vanilla wurde von einer Goldund-Silber-Wolke eingehüllt. Ein fruchtig-vanilliger Duft erfüllte die Luft. Der Duft der Flaschengeistermagie.
Laili hielt gespannt den Atem an. Wie ganz und gar zauberhaft! Gleich würde Vanilla abheben.
Die Ränder des Schlauchboots zuckten nach oben. Einmal, zweimal, dreimal. Dann sanken sie wieder schlapp herab.
»Schickedim!«, murmelte Vanilla noch einmal lauter.
»SCHICKEDIM! SCHI-CKE-DIM!«
Sie starrte die Gummihülle wütend an. Aber die zuckte nicht einmal mehr mit dem Ventil. Stattdessen erhob sich das Ruder in die Luft, das hinter Vanilla am Steg lag, und sauste übers Wasser davon.
Vanilla hob verlegen die Hände. »Zu schwer«, sagte sie. »Ich habe es mir schon gedacht. Ich habe zu viel Essen in mir drin. Das ist wie mit dem Kleinzaubern. Wenn ich all die Energie verbraucht habe, dann kann ich wieder schweben. In acht, neun Stunden vielleicht. Aber jetzt nicht.«
»Du? Zu schwer?« Laili schüttelte den Kopf. Das ergab keinen Sinn. »Nur wegen drei Tafeln Schokolade kommst du nicht in die Luft? Das sind gerade mal . . .« Laili rechnete. »200 Gramm.« Rechnen war nicht ihre Stärke.
»Acht«, sagte Vanilla. »Plus Frühstück.«
»Wie, acht?«
»Es waren acht Tafeln. Macht 1717 Kilo.« Auch sie war nicht gut im Kopfrechnen.
Laili kniff die Augen zusammen.
Acht Tafeln hatte Vanilla gefuttert? Das war ja ihr gesamter Schokoladenvorrat. So weit konnte sogar sie rechnen. Was musste Vanilla auch alles kurz und klein fressen! Eins war jedenfalls sicher: Futtern konnte sie besser als zaubern. Und jetzt hatten sie den Salat.
Lailis Magen knurrte. Was hätte sie jetzt für eine einzige Rippe Schokolade
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