Vanilla High (German Edition)
versteht auch keiner unserer Wissenschaftler“ - „Weil sie das Gehirn eines Tabok nicht kennen.“ - „Hast du Halluzinationen, wenn du Vanille rauchst?“ - „Selten, und es wäre auch der falsche Ausdruck dafür. Ich habe Simulationen. Mein Geist kann sich dann mit einem von ihm selbst erstellten Objekt beschäftigen. Aber gleichzeitig bietet Vanille einen Rausch der Emotionen, sie kann zu großer Heiterkeit führen“ - „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein Unsterblicher größere Emotionen haben kann. In meiner Vorstellung seid ihr Scheintote, ihr lebt Millionen von Tage, die ihr nicht auseinanderhalten könnt.“ -“Für den menschlichen Verstand wird es etwas schwieriger. Aber auch ihr werdet die Möglichkeiten eures Gedächtnisses erweitern“ - „Die Unsterblichkeit ist der Tod der menschlichen Rasse, so wie ich sie kenne“ - „Das ist richtig. Es ist die Evolution zu etwas Neuem. Ihr seid so weit.“ Er beginnt, heftig zu lachen. Es muss eine Art lachen sein, die er ausdrückt. So habe ich mir die Nacht im Park meines Bruders nicht vorgestellt. Der kehrt mit zwei Flaschen Wasser aus dem Haus zurück. „Kannst du mich mit Paul alleinlassen, Arun?“ - „Iss gut Arul. Ich habe sowieso noch ein Problem mit Devi, das ich besprechen muss. Bis Morgen, Arul!“ - „Bestelle den Kindern einen Gute-Nacht-Gruß von mir.“ Kann es sein, dass mein Besuch gar nicht gepasst hat? Ich bin nun endgültig allein mit dieser Kreatur, die von irgendwo aus dem Weltall stammt, möglicherweise von einem der Sterne über mir. Die Heimatwelt der Tabok ist ein Geheimnis. Ich habe keine Angst vor Paul, obwohl er mich mit seiner schieren Kraft in wenigen Sekunden töten könnte. Noch nie hat ein Tabok einen Menschen getötet, auch ein mit Vanille bekiffter Tabok nicht. Sie könnten die Menschen vernichten, sie wie Tiere halten, sich die Erde untertan machen, sich hier vermehren, aber das tun sie nicht. Sie sind nur die heimlichen Herren dieser kleinen Insel und selbst dies ist kaum spürbar. Ich habe schon gehofft, auf einen Tabok zu treffen, allerdings mein größter Wunsch war, hier in diesem magischen Park bei Ganja und Rotwein mit einem größeren Sein zu verschmelzen, um auch die Wirren und Probleme der jüngsten Vergangenheit hinter mir zu lassen. Die Temperaturen hier draußen sind wieder sehr angenehm, sodass man leicht bekleidet hier draußen bis tief in die Nacht sitzen kann. Die Mondschaukel rührt sich nicht. Die Gewürzpflanzen wirken geheimnisvoll im Licht der wenigen Lampen und des Vollmondlichtes. Mir scheint, der ganze Park atmet, und behält dabei eine unglaubliche Ruhe, während dennoch unzähliges Kleingetier eine Geräuschkulisse verbreitet, die alle Geheimnisse nur noch verstärkt. Neben mir eine Kreatur aus einer ganz anderen Welt, die ich mir gar nicht vorstellen kann. Auch für diese ist dieser Ort wohl etwas ganz Besonderes. Auch Kiffer können schweigen und in den nächsten Minuten vergesse ich, dass ein mächtiger Tabok neben mir sitzt, eine Art Übermensch, der aber von mir, Arul Ramassamy, gehört hat. Wie sehr habe ich diese Umgebung in den Staaten vermisst. Der Tabok stört mich nur wenig, vielleicht ist er ein Bruder im Geiste, aber wir wissen so wenig über sie, ich weiß so wenig über sie. Ich würde mich gerne mit Paul befreunden, wenn das möglich ist. Es wäre ein zweiter Paul, mit dem ich befreundet wäre. Aber kann man sich überhaupt mit einem Tabok befreunden. Haben sie überhaupt einen Begriff von Freundschaft. Ich trinke weiter Wein. Schade, dass ich diesem Alien nicht vermitteln kann, wie gnadenlos gut das Zeug schmeckt, dass ich da gerade trinke, wie gut es mir hier tut, im Frieden mit allem. Oft habe ich hier das Gefühl, die ganze Welt umarmen zu können, aber es sind eigentlich nur dieser Park und die Sterne über ihm, die ich umarmen will. „Ich denke, du warst es“ - „Ich war was?“ - „Du hast die Bombe ins Life Center gebracht“ - „Willst du mir die Stimmung an diesem Abend verderben? Ich war gerade dabei, freundschaftliche Gefühle für dich zu entwickeln. Ich würde gern dein Freund sein, habe ich mir gedacht.“
„Es spricht sehr viel dafür, dass du das warst.“ Werde ich jetzt von einem Tabok verhört? Es bilden sich bei mir Tendenzen aus, zu ernüchtern. Paul kann nichts von Elisabeth wissen. Oder doch ... lesen sie den E-Mail-Verkehr, können sie gar verschlüsselte Nachrichten entschlüsseln? Ich versuche cool zu bleiben, zu bluffen.
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