Vanilla High (German Edition)
können.
Ich habe mir eine Flasche Gin besorgt und werde versuchen, mit dem Gesöff nähere Bekanntschaft zu schließen, nicht heute, irgendwann. Die Eindrücke, wenigstens die realen, waren doch eher flüchtig. Frühzeitig werde ich heute Abend bei meinem Bruder Arun sein. Ich nehme mir einen besonders guten Tropfen mit. Für Ganja ist bei meinem Bruder immer gesorgt. Ich habe mich fürs Abendessen angesagt. Man freut sich auf mich. Sicherlich sind sie gespannt, was ich über die Staaten zu erzählen habe. Sehe auf meiner Fahrt wieder Tabok, die joggen. Mein Peugeot überholt sie. Wir nehmen keine weitere Notiz voneinander. Schließlich sitze ich in der Familienrunde. Devi hat wieder köstlich gekocht. Wie das Essen duftet. Die Gewürze fürs Essen stammen großteils aus dem Park. Wenn ich auch größtenteils mit meiner indischen Herkunft gebrochen habe, ist mir doch indisches Essen mit seinen Gewürzen sehr lieb geblieben. Ich erzähle und alle sind sie neugierig. „Ich soll euch alle von Elisabeth grüßen“ - „Wer ist Elisabeth?“, fragt Anita. „Elisabeth ist eine Freundin von mir. Ja wir waren mal sehr verliebt ineinander, aber sie musste zurück in die Staaten. Elisabeth ist verheiratet und hat auch zwei Kinder. Ich glaube, sie hat mich immer noch sehr gern.“ Aber ich will den Kindern keine Liebesgeschichte erzählen. Ich erzähle von dem unbekannten Land, von den Bergen, die höher sind als der Piton de la Fournaise, das sie ganz anders aussehen und das ihre Gipfel von Schnee bedeckt sind, vom kühlen Ozean, der scheinbar einen ganz anderen Charakter hat als das Meer, rund um uns herum. „Vancouver und Seattle sind gewaltige Städte mit vielen Wolkenkratzern.“ Die Kinder wissen, dass die beiden Städte keine Rekorde brechen, weder in ihrer Größe noch in der Höhe ihrer Gebäude, aber sie können nachvollziehen, dass für einen Insulaner wie mich das alles schon recht imposant war. Sie können sich vorstellen, dass für einen Insulaner wie mich das alles schon recht imposant war. Vancouver ist nicht Shanghai, Kuala Lumpur oder Mumbai, aber Reunion ist eigentlich nur ein großes Dorf, wenn es hier und da, wie in Saint Denise auch städtische Züge gibt. „Euer Onkel fand es natürlich gar nicht toll, dass er dort nicht Wein trinken und rauchen durfte. Das ist nämlich dort strafbar.“ Ich verzichte, über das politische System herzuziehen, aber dass kann ich noch, wenn ich mit Arun und Devi allein bin. Devi erzählt, dass es Großmutter schlechter geht. Ich liebe meine Großmutter, möchte nicht daran denken, dass sie bald nicht mehr ist. Der Tod ist eine schmerzliche Angelegenheit und auch die Krankheiten, die Großmutter hat, können mich nicht freuen. Ich trinke meinen tasmanischen Shiraz, Devi hatte etwas protestiert, als ich verkündete, meinen eigenen Wein zu trinken, aber ich habe ja für alle mitgebracht. Die Kinder haben ein bisschen an den Gläsern genippt. Der Wein ist offensichtlich für ihren Geschmack zu trocken und Anita fragt, ob sie etwas nachzuckern dürfe. Ich könnte mehr von Kanada erzählen, aber das habe ich ja selbst nur geträumt. „Die USA sind ein sehr großes Land. Unser Reunion passt fast zehntausendmal in sie hinein. Das können sie nicht glauben. Ich weiß nicht, ob die Jüngste schon einen Begriff für zehntausend hat. Wie gut das Essen duftet. Ich liebe das Lammcurry von Devi, daneben die verschiedenen Gemüse. Manchmal träume ich davon, hier zu wohnen. Normalerweise spiele ich nach dem Essen noch mit den Kindern. Sie haben die neuesten Elektronic Games, die für Kinder ihres Alters zugelassen sind, aber heute drängt es mich frühzeitig in den Park. Arun begleitet mich. Wir gehen zu meinem Lieblingsplatz, ganz in der Nähe von der Mondschaukel. Ich habe inzwischen mein Ganja genommen; mein Bruder raucht einen Joint. Im Park gibt es mehrere Plätze mit Tischen und Sitzplätzen. „Was ist los, Arul? Du wirkst so gehetzt.“ Es ist schon zu dunkel, um den Gesichtsausdruck meines Bruders näher deuten zu können. „Vielleicht war die Reise doch mehr Stress für mich, als ich gedacht habe. Bedenke, kein Ganja, keinen Roten, keine Cigarillos und dann die Situation, dass ich positiv über etwas schreiben muss, dem ich gar nicht positiv gegenüber eingestellt bin.“ Mein Bruder scheint mich auch im Dunkeln mustern zu können. „Du hattest doch nichts mit dem Anschlag zu tun?“ Offensichtlich war der Anschlag Thema der hiesigen Medien. Ich zögere ein
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