Variationen zu Emily
ein neues, großformatiges Bild durch den Hintereingang hinein, schaute sich nachdenklich die Wände an, schüttelte den Kopf und ging mit dem Bild wieder hinaus. Ein rundlicher Südländer visierte mit seiner japanischen Kamera lächelnd ein blassgelbes Bild mit hellgelben Farbverläufen an und drückte auf den Auslöser. Der Transportmechanismus surrte. „Eine Prise Dada“, sagte der hagere, kahle Herr zu seiner hahnenkammgeschmückten Frau. „Und was kostet das da“, fragte ein Taxifahrer den großen Bildhauer, der wieder verloren in der Menge stand und sich unglücklich umsah. „Was? Ach so, der Flieger. Fragen Sie meinen Manager. Tom. Der da drüben mit der krötenhaften Frau.“ – „Danke.“ Ein großer Ventilator an der Decke begann langsam zu rotieren, beschleunigte und wurde zu einer schmutzigweißen Scheibe, die den Dunst in die Menge presste. „Anders herum, du Kretin“, schrie der Galeriebesitzer seiner mit einem Dutzend Ohrringen geschmückten Assistentin zu. Eine dürre Frau wurde blass und brach zusammen. Niemand kümmerte sich um sie, so dass sie allein durch die aufgeweichten Kippen zur Tür kriechen musste. Der Ventilator surrte laut, als er im vollen Lauf in den Rückwärtsgang gezwungen wurde, pendelte eine Weile hilflos an der Decke und beruhigte sich dann wieder, während er die warme, stinkende Luft nach oben sog. „Höchste Zeit“, sagte ein dicker Mann im grauen Dreiteiler zu seiner noch dickeren Begleiterin und wischte sich mit einem Seidentuch die Schweißperlen von der Stirn. „Damals in Bengasi war es zwar noch schlimmer, aber da waren wir ja auch noch jung.“ Sie lächelte animiert, als wäre Bengasi eine Art Paradies, und wischte sich ebenfalls das Gesicht, wodurch fahlweiße Streifen im braunroten Putz ihrer Schminke entstanden. „Hey, Sie, Tom oder wie Sie heißen! Was kostet der Flieger?“ – „Welcher Flieger? Ach so, das. In dieser Skulptur wollte der Künstler ...“ – „Scheiß drauf! Ich weiß, wer das ist. Schließlich haben wir ihn zum Fliegen gebracht. Was das kostet, will ich wissen!“ – „Also. Das kostet. Zweitausendfünfhundert.“ Der Taxifahrer zog ein Funkgerät aus der Lederjacke und drückte einen Knopf. „Hey, Achmed. Zweieinhalb. Passt, oder? Gut, geh sammeln.“ Er verstaute den grauen Gegenstand wieder in der Innentasche. „Wir nehmen das Ding. Eine schöne Erinnerung, wissen Sie. Mein Kumpel bringt gleich das Geld.“ Ein Bild fiel von der Wand und einer feinen älteren Dame in Grün auf den rechten Fuß. „Was benutzen die denn hier für verfickte Haken“, wollte sie wissen, während sie humpelnd auf einen Stuhl zuging, auf dem eine andere Dame in Lila sich niedergelassen hatte. „Oder sind die beschissenen Wände schon so mürbe, dass gleich die verdammte Bude einstürzt?“ – „Und er ist wirklich tot?“ – „Der Baum hat ihn glatt aufgespießt und gleichzeitig zerquetscht. Es war wohl nicht viel übrig von ihm.“ – „Weiß sie es schon?“ – „Klar, von ihr habe ich es doch.“ – „Vielen Dank. Hier ist Ihre Quittung. Halt! Sie können das nicht einfach mitnehmen. Wir brauchen die Skulptur noch für die Ausstellung.“ – „Quatsch. Es ist bezahlt, oder? Also gehört es uns. Lass mich in Ruhe, mein Junge, sonst springst du als nächster ...“ – „Herzliches Beileid, Wilma!“ – „Wozu denn, meine Liebe. Ich kann nicht sagen, dass ich trauere. Hast du übrigens schon gehört? Er hat sein ganzes Erbe an diese bescheuerten Mülleristen abgetreten. War doch wirklich ein Schwein, oder?“ – „Wie findest du es hier?“ – „Schrecklich! Müssen wir wirklich hierbleiben?“ – „Ja, mir fehlen noch ein paar Eindrücke.“ Ein Lieferwagen hielt vor der Tür. Der in einen orangefarbenen Overall mit der weißen Aufschrift Durst KG gekleidete Fahrer wühlte im Heck des Wagens, dann kam er mit einer Kiste Whiskey herein. Wildes Gebrüll aus der Ecke der bunten Männer begrüßte ihn. „Gläser her, schnell!“ – „Endlich was ohne Kohlensäure!“ – „Jedenfalls besser als das Weiberzeug hier.“ Der hagere, kahle Herr umfasste leicht wankend eine weibliche Statue, deren Haare sich wie Schlangen emporwanden, und sagte: „Angenehm.“ – „Presse! Platz für die Presse!“ Zwei unauffällig verwahrloste Männer, einer davon mit einer Vielzahl fotografischer Geräte vor der Brust, drängten sich herein. „Wo ist hier der Manager? Oh, die Kröte! Die Kröte vor diesem komischen Flieger! Frau Grong,
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