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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Saarmann
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bin ich ihr einfach schuldig. Habe sie erst erschreckt und dann noch angebaggert wie ein Schürzenjäger. Ach so, ja. Claudia. Wir trafen uns dann ein paar Wochen später wieder dort, an der Raststätte. Das Wetter meinte es gut mit uns, daher hatten wir verabredet, in das örtliche Schwimmbad zu gehen. Sie sah wirklich hinreißend aus in ihrem Bikini. Deutlich mehr dran als an den heute aktuellen Models, und alles ohne Silikon. Meine Begeisterung wurde sichtlich von einer ganzen Reihe anderer Männer geteilt, die ihr mit den Blicken folgten. Ich kam mir in meiner Fülle ein wenig lächerlich vor, wie ich so neben dieser silberne Erotik ausstrahlenden Fee herging. Außerdem hatte mir meine dauernde innere Anspannung einen heißen, roten Furunkel auf der Brust beschert, den ich, in Badehose und mit nacktem Oberkörper, als weithin sichtba res Stigma vor mir hertragen musste.
    Wir fanden ein Plätzchen und legten uns auf unsere Handtücher. Herrlicher Sommertag. Um uns herum ein Gewusel knapp bekleideter, teilweise sportlich aktiver Menschen. Man konnte sich wärmen, sich bräunen, seine Blicke umherwandern lassen – und das schöne Wesen neben sich liebkosen. Und das tat ich dann endlich. Wozu ich allein mit ihr den Mut oder die Stimmung nicht hatte aufbringen können, war inmitten dieses Trubels ganz einfach. Komisch, oder?
    Sie lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen, und ich ließ meinen Mund über ihr Gesicht, ihr Haar, ihren Hals und ihren Brustansatz wandern. Weiter herunter konnte ich angesichts des Publikums nicht gehen, aber es tat körperlich und geistig doch etwas weh, mich so beschränken zu müssen. Als dann meine Erektion einigermaßen abgeklungen war und ich wieder umhergehen konnte, ohne kleine Mädchen und erwachsene Schwiegermütter zu schockieren, tranken wir in der Schwimmbadgastronomie noch eine Cola. Dann musste Claudia nach Hause.
    Ich war bestürzt über das Maß meiner Leidenschaft. Ich wol lte sie unbedingt haben. Ich musste sie haben! Meine Sehnsucht nach ihrem Körper war wie eine dieser Kinderkrankheiten, die einem vorgaukeln, man würde zu einem Riesen anschwellen und die Wände des Zimmers einreißen müssen, um genug Platz für diesen monströsen Körper zu schaffen. Hast du Mumps gehabt? Nein? Da wachsen einem plötzlich gigantische Hände, und der Kopf schwillt so an, dass man glaubt, damit an die Decke zu stoßen. Nette Halluzinationen. Es war so schön gewesen, ein so gelungener Anfang, der sich aus dem Nichts materialisierte. Nun brauchte ich dringend das nächste Kapitel, den Vorstoß in noch unbekannte Gefilde.
    Ich malte mir das aus, bis mich das Zittern der Begierde und die Sehnsucht nicht mehr verließen. In unseren Gesprächen am Telefon wurde ich sarkastisch. Ich war eifersüchtig auf jeden ihrer Tage, den s ie ohne mich verbrachte. Ich hasste sie, weil sie zu selten anrief. Ich wollte plötzlich von ihr hören, dass sie mich brauchte, „ganz arg gern hatte“, wie ihr Ausdruck dafür war. Ein wenig lächerlich, so eine Anbetung. Es gab dann noch eine Verabredung in der Nähe ihres Wohnortes, da ich geschäftlich dort zu tun hatte. Wieder dieses Warten. Aber dieses Mal kam sie nicht. Am Telefon begründete sie das später damit, dass ihr etwas dazwischengekommen und ich außerdem bei den letzten Telefonaten besitzergreifend und arrogant gewesen war. Mann, das waren doch nur die Auswirkungen meiner maßlos gewordenen Liebe gewesen! Aber sie lehnte es ab, mit mir darüber zu diskutieren, und legte auf. Das habe sie nicht nötig.
    Vorbei. Ich mühte mich eine ganze Weile, dieses wenig befriedigende Abenteuer zu analysieren und schmerzlos in die Geschichte meiner vielen Misserfolge einzureihen. Dir ist natürlich klar, was da schief lief, oder? Ich hatte sie vollständig missverstanden. Sie hatte einfach während der ferienhaften Auszeit des Seminars mit mir schlafen wollen, weil ihr Mann wahrscheinlich wegen seiner Tätigkeit in einer angeblichen Zukunftsbranche nicht genügend Zeit für sie hatte. Und sie sich schön fühlte. Und mich sehr anziehend fand. Ganz unkompliziert, die Sache. Der Wunsch, den sie nur einmal auszudrücken gewagt hatte, war zwar später immer noch vorhanden. Aber er ließ nach, weil der Auserwählte mit ihrem Körper nichts anfangen konnte und außerdem nichts im Kopf hatte als ein gemeinsames Leben und dramatische Veränderungen, von denen sie nichts wissen wollte. Denn sie lebte ja gut in ihrem Milieu.
    Hätte ich nur die erste Nacht mit ihr

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