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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Gebell der Befehle. Mehrere Einheiten bewegten sich in Formationen, andere waren mit Gefechtsübungen, Speerwerfen, Laufen beschäftigt oder tummelten die Pferde. Ringsum standen Jungen jeden Alters in verstreuten Gruppen, beobachteten die Soldaten mit verschränkten Armen und plauderten. Sie würden die Reihen der germanischen Hilfstruppen füllen und Disziplin lernen, wenn er schon längst wieder in Rom wäre oder in einer schöneren Provincia.
    Am Rand des Übungsplatzes flatterte das Vexillum der Einheit. Er befahl den beiden Soldaten stehen zu bleiben und zügelte sein Pferd, beschattete die Augen mit der Hand und erkannte den Befehlshaber, Tribun Iulius Arminius, im Kreise anderer Offiziere und einiger Gefreiter. Während Caldus und seine Begleiter sich ihnen näherten, löste die Gruppe sich auf, und Arminius trat zu ihm.
    Der Cherusker bewegte sich anders als die übrigen Barbaren, nicht wie ein zu groß geratener Bär, der nicht wusste, wohin mit seiner Kraft, sondern lässig, was Caldus wurmte. Seine Schritte waren weit, wirkten entspannt; eine gro
ße Raubkatze, die ihre Beute erjagt und sich an ihr gesättigt hatte.
    »Was führt dich zu mir, Tribun Gaius Caelius?«, fragte der Cherusker nach kurzer Begrüßung.
    »Ich bin beauftragt, mit dir die Einzelheiten des Abmarsches zu besprechen.«
    »Die Einzelheiten …« Arminius verstummte und betrachtete Caldus, wobei sich seine Lippen zu einem schmalen Lächeln verzogen. »Was hast du ausgefressen, dass man dir befiehlt, dich zum Gespött zu machen?«
    Die Scham brannte auf Caldus’ Wangen, während er trotzig den Blick des Cheruskers erwiderte.
    »Du bist ein Tribun, nicht irgendein Gefreiter im Dienste eines der Lagerpraefecten«, fuhr Arminius fort.
    Caldus schluckte hart und suchte in der Miene des anderen einen Schatten, der seinen Argwohn bekräftigen würde, doch Arminius’ helle Augen musterten ihn nur aufmerksam. Schließlich stieß Caldus verärgert die Luft zwischen den Zähnen aus und wandte sich ab. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Arminius’ Hand über seiner Schulter schwebte, und fuhr wie ein gereizter Hund herum.
    »Ich habe darum gebeten«, blaffte er.
    »Du misstraust mir und meinen Männern«, sagte Arminius nach einer Weile und verengte dabei die Augen ein wenig.
    »Ich misstraue dir nicht, ich bin … beunruhigt, Tribun Arminius.«
    Caldus reckte das Kinn. Er fühlte sich klein und schmächtig gegenüber diesem hochgewachsenen, kampferprobten Barbaren, hilflos wie ein Kind, all seine Herkunft schien ihm nichts zu nutzen. Zorn wühlte in seinem Leib, während er um Begründungen rang.

    »Deinen Leuten wurden Donationen, die ihnen seit dem Sieg über die Pannonier zustehen, bisher nicht ausbezahlt«, begann er und ärgerte sich, dass seine Stimme zu zittern schien.
    »Du glaubst also, wir hätten die Illyrer, Dalmater und Pannonier allein für Geld und Beute bekämpft, nicht um unserer Ehre als Krieger willen und wegen der Eide, die wir geleistet hatten?«
    Nochmals schluckte Caldus und ballte die Fäuste, während er den Blick des anderen erwiderte und sich insgeheim einschärfte, dass er der ranghöhere Offizier war. Dieser Arminius hatte sich zwar dank seines Vermögens in die Listen der römischen Ritter eintragen lassen können, aber seines Bürgerrechts zum Trotz war und blieb er durch seine Geburt Barbar.
    Überraschend senkte Arminius den Kopf. »Entschuldige, Gaius Caelius. Lass uns die Vorbereitungen durchsprechen.«

    Die Gefreiten saßen gebückt über ihrem Schreibzeug, als Numonius Vala den Saal betrat. Wie ein Mann hoben sie die Köpfe, um den Legaten zu grüßen, der schmunzelnd bemerkte, dass einige von ihnen die Schultern rollten, andere den Nacken, alles bemüht unauffällig und deshalb umso auffälliger. Die meisten hatten etliche Jahre Mannschaftsdienst hinter sich und waren verwundet worden, sodass sie für den Kampf nicht mehr taugten. Wer sich dann in einem Handwerk oder in Fertigkeiten wie Schreiben oder Rechnen anstellig zeigte, verbrachte den Rest seiner Dienstzeit in einer Werkstatt oder in Räumen wie diesem.
    Einige der Männer, die sich nun wieder ihrer Arbeit widmeten und Wachstafeln oder Hefte aus steifem Papyrus mit
Listen und Abschriften von Berichten füllten, erkannte Vala, sie hatten unter seinem Befehl gestanden; andere nährten mit ihrem Schicksal den Bestand der Heldenlegenden ihrer Legion, so der Dicke mit dem zertrümmerten Gesicht, dessen raues Schnaufen sogar das vielfache Kratzen der

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