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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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zu führen, in dem Rufilla lebte. Ihm wurde bewusst, wie reinlich Amra war. Es duftete nach frischem Brot und Kräutern; Schweiß, Staub und Asche schien es hier nicht zu geben. Dann nickte er entschlossen, ihm blieb ohnehin keine andere Wahl.
    »Geh voraus«, sagte sie. »Ich folge dir.«
     
    Da die Herberge des Pacuvius sich auf der anderen Seite des Lagers befand, hatten sie einen längeren Weg zu gehen. Amra hielt sich streng verhüllt und mit gesenktem Kopf stets einige Schritte hinter Annius, oft auf der anderen Seite der Straße, als hätte sie nichts mit ihm zu tun, und hing ihm
dennoch beharrlich an den Fersen. Sie schien ihm züchtiger als die achtbaren Matronen in seiner Heimatstadt, die keinen Schritt vor die Tür taten ohne die Begleitung einer Sklavin.
    Erst als sie die Herberge erreicht hatten, schloss sie zu ihm auf, bis sie schließlich vor der Tür der Kammer standen, die unaufgefordert aufgerissen wurde. Drinnen stand Rufilla und erstarrte, als sie Annius’ Begleiterin sah. Ungefragt betrat Amra die Kammer und schaute sich darin um, ohne das Manteltuch vom Kopf zu ziehen, wandte sich dem Mädchen zu, das sie argwöhnisch beäugte.
    »Dein Herr will, dass du mit mir und meiner Familie im Tross mitgehst. Wirst du mir gehorchen, wie du ihm gehorchst?«
    Annius fing den schnellen Blick des Mädchens auf, der Hilfe suchend zwischen ihm und der Frau hin und her flog. Als er langsam den Kopf senkte, um sie zu beruhigen, sah sie die Frau an und nickte. Amra strich ihr über die Wange.
    »Friede mit dir«, sagte sie leise, ehe sie sich Annius wieder zuwandte. »Sie kann auch gleich mitkommen in unser Haus, das würde weniger Umstände machen.«
    »Wir müssen noch über den Preis reden«, erwiderte er.
    »Darüber mach dir keine Sorgen. Ich kann mir denken, was der alte Pacuvius dir für dieses Kämmerchen abnimmt, und versichere dir, dass du keinen Schaden dadurch erleiden wirst, sie mir anvertraut zu haben.«
     
    Um einige Denare und eine große Sorge erleichtert kehrte Annius bei Sonnenuntergang ins Lager zurück. Als er in die Gasse einbog, an der das Quartier lag, das er mit Sabinus teilte, rannte ihm ein Soldat entgegen und winkte.
    »Du wirst ins Stabsgebäude beordert, Titus Annius«, rief
der Bote, noch ehe er ihn erreicht hatte. »Man hat vergessen, dir die Order für den morgigen Tag auszuhändigen.«
    »Das hat doch sicher Zeit bis morgen früh«, entgegnete Annius anstelle eines Grußes.
    Atemlos schüttelte der Bote den Kopf. »Du solltest lieber jetzt noch gehen. Ich muss weiter. Du bist nicht der Einzige, dem ich diese Mitteilung zu machen habe.«
    Annius ließ die Schultern hängen und drehte um, kehrte zur Hauptstraße des Lagers zurück und trottete zum Stabsgebäude, das er bald darauf durch einen der beiden Seiteneingänge betrat. Zielstrebig hielt er auf den Raum zu, in dem er den zuständigen Obergefreiten wusste, passierte die dunklen Türhöhlen zweier leerer Besprechungsräume und rutschte plötzlich aus. Hastig hielt er sich an der Wand fest und fluchte lautlos.
    »Ich war vollkommen schockiert, mein lieber Freund!«, sagte eine dunkle Stimme, nur wenige Schritte entfernt.
    Annius grinste schief. Dass ausgerechnet der Statthalter die passenden Worte fand! Vorsichtig belastete er den Knöchel und war erleichtert, keinen Schmerz zu empfinden.
    »Es gab nichts, was ich auf diese Anschuldigung hätte erwidern können«, antwortete eine jüngere Stimme, an der Annius den Tribun Arminius erkannte. »Deshalb bin ich gekommen, um dir für dein Vertrauen zu danken und dir meine Ergebenheit zu zeigen.«
    »Das ist nicht nötig, Arminius«, wehrte Varus ab.
    Annius lehnte sich an die Wand und erstarrte bei dem Gedanken, dass der Statthalter oder der barbarische Tribun auf den Gang hinaustreten und ihn beim Lauschen ertappen könnten. Er hielt den Atem an, entließ zögernd die Luft.
    »Doch, diese Gabe ist gewissermaßen nötig«, sagte Arminius. »Sie kommt aus tiefstem Herzen. Diesen Dolch trug
einst ein Fürst der Dalmater, den ich im Kampf bezwang. Dafür wurde mir sein Dolch als Siegespreis zuerkannt.«
    Raschelndes Tuch weckte Annius’ Neugier. Vorsichtig lugte er um die Ecke, durch den Türspalt, erkannte Varus’ kantiges Gesicht und den Barbaren, der ihn um fast Haupteslänge überragte. In Arminius’ Händen lag die Waffe, über die sich beide beugten. Gold glänzte auf.
    »Ich möchte diesen Dolch bei dir wissen«, sagte Arminius, »als Zeichen meines Dankes für dein

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