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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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löffelte Annius ein wenig von der Grütze. Die Borde waren bereits
geräumt, ihre Habseligkeiten in Kisten und ihre Kleidung in Ledertaschen gepackt. Er nahm sich vor, Töpfe und Geschirr später abzuwaschen und ebenfalls zu verstauen.
    Gepolter ließ ihn aufhorchen. Nebenan stürmten mehrere Männer ihr Quartier, die Wand dämpfte kaum ihr Gelächter. Stühle wurden gerückt, etwas krachte auf eine Tischplatte. Offenbar wollten sie knobeln. Annius verzog das Gesicht bei der Aussicht auf Lärm und ging zur Herdstelle, um das Talglicht zu entzünden, da es bereits dunkelte. Das wie Brandung anschwellende und abebbende Stimmengewirr würde sicherlich bis zum Ende der ersten Nachtwache andauern und ihn vom Schlaf abhalten. Er drehte sich zum Tisch um, wo das Essen noch immer darauf wartete, angemessen gewürdigt zu werden, doch ihm stand der Sinn nicht danach, zu sehr gärte der Ärger in ihm. Einen Atemzug lang glaubte er, Sabinus’ Stimme zu erkennen, wandte sich dann kopfschüttelnd ab.
    Der Wassereimer war leer. Annius erstickte die Herdglut mit Sand und betrat mit dem Talglicht in der Hand den Vorraum, wo er damit eine Laterne anzündete, bevor er es sorgsam löschte und sich die Sandalen schnürte. Er nahm zwei Wasserschläuche vom Haken und verließ das Quartier.
    Draußen verschwamm das letzte Abendlicht auf den Firsten und tauchte die Zelte der Gemeinen in milde Farben. Annius begab sich zum Wall, bog in die Straße ein, die daran entlang zu den Backöfen führte, wo sich einer der höher gelegenen Brunnen befand. Ein lauer Wind fuhr ihm in die Ärmel, und er legte den Kopf in den Nacken, um die wohltuend frische Luft zu atmen.
    Vor dem Brunnen saß ein junger Mann auf der Bank, die hier errichtet worden war, damit diejenigen Soldaten, die
damit betraut waren, die Öfen zu befeuern und das Brot zu backen, sich in ausreichender Entfernung aufhalten konnten. Im zunehmenden Dunkel konnte Annius ihn nicht erkennen, ein Dienstrang war ihm nicht anzusehen, aber seine Stiefel verrieten, dass er zu den Stabsoffizieren gehörte. Annius grüßte unsicher, bevor er den Kübel in den Brunnen hinunterließ, bis dieser mit leisem Klatschen ins Wasser tauchte. In den heraufgezogenen Kübel drückte er einen der beiden Schläuche, der sich gluckernd füllte.
    »Hast du etwas davon für mich?« Der junge Offizier war aufgestanden und hielt Annius einen Becher entgegen.
    »Es ist lehmig«, erwiderte Annius.
    Der junge Offizier zückte ein Tuch aus den Falten seines Umhangs und legte es über den Becher, drückte es ein wenig hinein. »Das sollte als Filter genügen.«
    Annius befühlte das Tuch mit den Fingerspitzen - feines Leinen, viel zu schade, um als Filter zu dienen - und er zögerte kurz, den hingehaltenen Becher zu befüllen. Der Offizier winkte ab, als der Becher halb gefüllt war, kehrte zur Bank zurück und hob dort eine Feldflasche vom Boden auf, goss etwas zu dem Wasser und trank, während er wieder zum Brunnen kam.
    »Danke, Soldat - wie ist dein Name?«
    Dienstbeflissen stellte Annius sich mit Rang, Truppenzugehörigkeit und Aufgaben vor, da er insgeheim fürchtete, es mit einem Schnüffler zu tun zu haben, der Soldaten, die sich nicht ordnungsgemäß verhielten, anzeigte. Umso verblüffter war er über die Antwort des jungen Mannes.
    »Gaius Caelius Caldus, senatorischer Tribun der Achtzehnten - aber vergessen wir das Dienstliche.« Er hielt Annius den Becher hin.
    Nach kurzem Zögern nahm Annius den Becher, feine,
dünnwandige Ware aus rotem Ton, trank einen Schluck, ließ den Wein kurz auf der Zunge liegen. Es war eine nachlässige Mischung, ein schwerer, süßer Wein mit viel Harz.
    »Schmeckt es dir nicht, Gefreiter?«
    »Der Wein ist … ziemlich gut. Aber für meinen Geschmack ist zu viel Harz darin.«
    »Woher willst du das wissen?«, spottete der Tribun.
    »Mein Vater ist Weinhändler, und ich bin in seinem Geschäft aufgewachsen. Manchmal schickt er mir einige brauchbare Tropfen. Ich habe noch einen verpichten Schlauch in meinem Quartier - falls du kosten möchtest, Gaius Caelius.«
    Als der junge Tribun nickte, verschlug es Annius zunächst vollends die Sprache.
    »Ich habe heute ohnehin nichts Besseres vor, als mich zu betrinken«, meinte Caldus und grinste.
    Annius hob fast hilflos die Hände. »Warte hier. Ich hole ihn. Und ich hole auch einen Krug, um das Wasser abzufiltern und eine gute Mischung herzustellen.« Ehe Caldus noch etwas sagen konnte, hatte er bereits die beiden Wasserschläuche

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