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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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beinahe einknickte. Dann trieben sie das Pferd den Hang hinunter, lenkten es in weitem Bogen auf den Weg, wo ihnen weitere Reiter entgegenkamen, an ihrer Spitze ein Decurio.
    »Gaius Caelius Caldus, senatorischer Tribun der Achtzehnten«, meldete sich Caldus.
    »Wolltest du dich umbringen?«, blaffte der Decurio, ohne sich vorzustellen. »Danke den Göttern, dass sie dir drei tapfere Gefährten zur Seite stellten - anderenfalls wärst du jetzt Futter für Rabe und Fuchs oder, schlimmer noch, in der Gewalt der Wilden!«
     
    »Beeil dich!«, drängte Primipilus Quintus Sertorius, als er Caldus eine Feldflasche und ein Tuch reichte. »Wir müssen
zusehen, dass wir schnell weiterkommen, solange die Reiterei die Kerle noch vor sich hertreibt.«
    Nickend setzte Caldus die Flasche an die Lippen und trank in großen Schlucken das erfrischend kalte Nass, ließ dann etwas davon über seine Arme rinnen, um Schmutz und Blut abzuwischen. Die linke Schulter schmerzte, kein Gedanke daran, dass er einen Schild halten könnte, aber der Medicus, der ihn untersucht hatte, hatte nichts Schwerwiegendes gefunden. Er und seine Kameraden waren ausreichend damit beschäftigt, die Verwundeten der Ersten und Zweiten Centuria zu versorgen.
    Fünfzehn Gefallene hatten sie gezählt, die auf eilends herbeigeschaffte Maultiere gepackt wurden, während die Verwundeten auf Wagen im Tross der Neunzehnten befördert werden sollten. Durch das Gefecht hatten sie so viel Zeit verloren, dass sie im Laufschritt würden marschieren müssen, um aufzuholen.
    »Tapferer Kerl«, murmelte Sertorius und wies auf Annius, der wenige Schritte entfernt an einem Baumstamm lehnte. Er atmete noch immer abgerissen und starrte blicklos vor sich hin. Verstohlen beäugte Caldus den Gefreiten, dem ein Legionär im Vorbeigehen die Schulter tätschelte. Ein flaues Gefühl hielt sich hartnäckig in seinem Magen wie Katzenjammer nach einem rauschenden Gelage. Ihm war, als wäre er aus einem Albtraum erwacht. Er hatte geglaubt, Mars an seiner Seite zu haben, stattdessen war er den Aufständischen blind ins Messer gelaufen und hatte sein Pferd verloren, sein bestes Pferd, den Goldfuchs Alopex, für den sein Vater ein kleines Vermögen bezahlt hatte.
    Er ließ den Blick über den Hang schweifen, und während er unter den Kadavern, die dort lagen, denjenigen suchte, in dem er sein Lieblingspferd vermutete, wurden seine Augen
trüb und der Schal um seinen Hals schien enger und enger zu werden. Jahrelang hatte sein Vater ihn von einem ehemaligen Decurio drillen und prügeln lassen, damit er ein guter Kämpfer werde, zu Pferd und zu Fuß. Jahrelang hatte er mit Gleichaltrigen jede Gelegenheit zum Wettstreit gesucht, was nicht selten in ernsthafte Raufereien ausartete, bei denen die Jungen sich gehörig wehgetan hatten. Nichts, gar nichts hatte ihm all das in dieser Stunde genutzt, als sich unvermittelt der Schlund der Unterwelt vor ihm aufgetan hatte in Gestalt einer rasenden, brüllenden Bestie. Er ballte die Fäuste, widerstand dem Drang, sie auf die Augen zu pressen.
    »Reiß dich zusammen, Tribun!«, knurrte Sertorius neben ihm. »Ich kann bei dir nicht das Kindermädchen spielen, wenn ich meinen Soldaten für solche Schwächen das Fell gerbe.«
    Schleppender Hufschlag näherte sich. Ein Soldat führte ein Pferd zu ihnen, einen Falben mit schlichtem Zaumzeug.
    »Für deine Rückkehr überlasse ich dir eines meiner Pferde«, sagte der Primipilus. »Zwei Männer werden euch begleiten und das Tier zu mir zurückbringen.« Er tippte an seine Nase. »Ich habe eine Vorahnung, dass ich den Gaul noch brauchen werde.«

    Marcus Caelius saß auf dem Pferd, das ihm vor Jahren ein Legat zum Geburtstag geschenkt hatte, einem zuverlässigen und starken Tier, das allmählich alt wurde. Seine ruhigen Schritte ermöglichten es Caelius, unterwegs den leidigen Pflichten nachzukommen, Berichte zu lesen und mit Optio Opimius und anderen Unteroffizieren Listen durchzugehen. Er hatte ein Bein so über den Sattel geschlagen, dass er die Tafeln darauflegen und sogar schreiben konnte. Nach den
Angriffen auf die hinteren Teile des Heereszuges wollte er sich vergewissern, dass die Ausrüstung der Legionäre sichergestellt war. Als Primipilus beschränkte er sich nicht nur auf die Bestände seiner eigenen Centuria, der Ersten, sondern prüfte auch die der anderen und fand die Mängel, wo er sie vermutete. Grimmig nahm er sich vor, den einen oder anderen Centurio am Abend zu sich zu rufen.
    »Wir sind

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