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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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geschützt von ihren Schilden; die vordere Reihe kniete mit aufgepflanztem Pilum. Er sah Reiter den Hang hinaufschwärmen, hörte Schreie, Befehle, sirrend stiegen Pfeile vom Hügelkamm auf, beschrieben einen Bogen, bevor sie auf den Schilden niederprasselten.
    Dröhnend schlug Caldus das Herz in der Brust, als er sein Pferd lauthals antrieb, schräg den Hang hinauf, wo er den Feind wusste. Ringsum flogen Grassoden auf, weiße Flocken flogen vom Maul des Hengstes. Auf dem Hügelkamm erhob sich ein scharfkantiger Saum schräg eingerammter Schanzpfähle, die Spitzen wiesen bedrohlich nach außen. Dahinter erhob sich ein dumpfes Brüllen, dessen Anschwellen die Sprünge des Hengstes hemmte. Das Tier warf den Kopf zurück, scheute, Caldus mochte ihm noch so scharf die Sporen in die Flanken bohren. Es bäumte sich auf, schlug wild mit den Hufen, als könnte es damit das ohrenbetäubende Dröhnen menschlicher Stimmen abwehren.
    Ein Stoß verwandelte das spitze Wiehern in ein Röcheln, der Goldfuchs taumelte auf der Hinterhand, drehte sich und kippte. Caldus stieß sich hastig aus dem Sattel, um nicht unter dem Körper des Tieres begraben zu werden, rutschte über die Kruppe, sah Menschen über die Schanzpfähle klettern, wie Ameisen den Hang heruntereilen. Schwarz und rot beschmierte Gesichter mit weit aufgerissenen Mäulern, aus denen das alles übertönende Gebrüll drang.
    Kaum dass seine Füße auf den Boden prallten, zückte Caldus das Schwert, der Schild lag unter dem Pferd, das sich zuckend im Gras wälzte. Aus seiner Brust ragte ein Speer. Die röhrende Menschenmenge rollte unaufhaltsam näher, auch wenn die meisten Angreifer dem Gefälle zur Straße folgten, wo die Legionäre sich unter ihren Schilden duckten. Eine weitere Salve von Pfeilen pfiff durch die Luft.

    Breitbeinig erwartete Caldus die Barbaren, die auf ihn zurannten, ein wenig geduckt, die Klinge vorgestreckt. Jetzt zählte er nur noch zehn, und sie wurden langsamer, wild bemalte Gesichter unter straff zurückgebundenen Haaren, in der Linken den Schild, in der Rechten Spieß oder Keule.
    Dicht hinter ihm ertönte ein Schrei, ein Zischen erfüllte die Luft, Spieße sausten über Caldus’ Kopf hinweg auf die Barbaren zu, die ihre Schilde hochrissen. Zwei Reiter preschten an Caldus vorbei, Klingen blitzten. Ein drittes Pferd blieb neben ihm stehen, eine Hand streckte sich ihm entgegen. Er erblickte Annius über sich, der ihm aufs Pferd helfen wollte, griff zu, dann traf ihn ein harter Schmerz an der Schulter, warf ihn zu Boden. Das Pferd schrie und stieg auf der Hinterhand. Rasch rollte Caldus sich zur Seite, kehrte die Spitze des Schwertes gegen den drohenden Feind, der über ihm den Speer hielt und Maß nahm.
    Ein Schatten wirbelte zwischen sie. Ein hässliches Schmatzen, ein Röcheln. Jemand packte ihn am Arm, zerrte ihn hoch.
    »Aufs Pferd!«, schrie Annius.
    Caldus griff nach den Sattelhörnchen und sprang auf, erblickte den Mann mit blutendem Bauch auf dem Boden, die zwei, die sich näherten, denen Annius mit Schwert und Spieß entgegentrat. Der Geruch, der Caldus in die Nase stieg, war der des Schlachttages, wenn die leblosen Körper der Schweine von den Haken hingen, um auszubluten. Ihm wurde kalt und übel.
    Die Barbaren machten einen gemeinsamen Schritt, da stieß Annius einen kurzen Schrei aus, stürmte auf sie zu, die Klinge blitzte bald hier, bald da. Das Pferd bäumte sich auf bei dem Gebrüll, und als Caldus es wieder im Griff hatte, stand nur noch der Gefreite auf dem nassen, blutgetränkten
Gras, breitbeinig, die Klinge vor sich haltend. Mit einem tierischen Laut stieß er nach den verbliebenen Männern, die sich nicht rührten.
    Hufschlag näherte sich, brachte die Barbaren in Bewegung. Sie wichen zurück, drehten sich um und rannten den Hang hinunter, wo das Getümmel wogte. Berittene griffen die Barbarenhorden von allen Seiten an, und die Legionäre drängten sie mit ihren Schilden zum Hang. Die beiden zurückgekehrten Reiter sprangen ab, suchten nach Lebenszeichen bei den Gefallenen, durchstießen einem den Leib, der sich aufbäumte, dann erlahmte. Erst jetzt bemerkte Caldus, dass der Gefreite, der inmitten dreier Leichen stand, keuchte und zitterte.
    »Zurückziehen!«, stammelte Annius. »Wir müssen uns zurückziehen. Weg von hier!«
    Er schob das Schwert in die Scheide und streckte den Arm nach Caldus aus, einen bluttriefenden Arm, den Caldus entschlossen packte. Annius sprang auf die Kruppe des Tieres, das unter ihrem Gewicht

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