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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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neuen Welle.
    Sie würden wiederkommen. Die Tafeln, die um die Hälse der geschändeten, gemarterten und ermordet an den Bäumen aufgeknüpften Frauen hingen, an denen sie nach Verlassen des Lagers hatten vorbeireiten müssen, bewiesen es: Ich war, was du bist. Ich bin, was du sein wirst.
    Caldus schüttelte sich die Nässe aus dem Haar und griff nach der dünnen Tunica, die neben ihm über den Zweigen hing. Als er den klammen Waffenrock, besetzt mit breiten, schützenden Lederstreifen, über den Kopf zog, fröstelte
er. Seit dem Morgengrauen regnete es, zuerst in feinen Schnüren, später waren die Tropfen immer dicker geworden. Nichts trocknete. Es wurde Zeit, dass die Verstärkung eintraf, die übers Land verteilten Einheiten, mit denen Varus noch immer rechnete.
    Caldus warf einen Blick über die Schulter zu Annius, der den notdürftig gereinigten Brustpanzer an sein Knie gelehnt hatte. Auf dem Weg schulterten die Soldaten ihre Traggabeln und Schilde, ordneten sich nach Zeltgemeinschaften. Caldus wickelte den muffigen Schal um seinen Hals, und der Gefreite legte ihm die beiden passend geformten Hälften des Bronzepanzers um den Oberkörper. Gewissenhaft hakte Caldus die Schulterplatten ein und sicherte sie mit den Halteriemen, während Annius die Schnallen an den Seiten schloss und nochmals überprüfte. Caldus zog das purpurfarbene Band um die Brust, band eine Schleife, ein weiteres Zeichen seines Ranges, bevor er den Helm annahm, über die rote Rosshaarbürste wischte, um das Wasser abzustreifen, und ihn aufsetzte. Sofort wurden alle Geräusche gedämpft, abgesehen vom leisen Geprassel der aufklatschenden Regentropfen. Annius kniete hinter ihm, befestigte die Beinschienen, während Caldus den silberbeschlagenen Gürtel mit Schwert und Dolch um seine Mitte wand. Zuletzt hängte der Gefreite ihm den bleischweren Umhang über und steckte ihn an der rechten Schulter mit einer großen Fibel fest. Er trat zurück, verschränkte die Arme.
    »Wie lange noch?«, fragte Caldus.
    Annius zuckte die Achseln; mit einem Mal erschienen seine Züge wie gemeißelt, einer rohen Marmorstatue gleich, bevor ihr frische Farben Leben einhauchten.
    »Wie weit ist es noch bis zu den langen Dämmen?«, setzte Caldus nach.

    »Vier, fünf Tagesmärsche, das weißt du doch«, erwiderte Annius. »Vielleicht sechs. Es hängt davon ab, wie schnell wir vorankommen. Wie lange die Aufständischen uns noch behelligen.«
    »Und wie lange, denkst du, werden sie das noch tun?«
    »Was fragst du mich? Du warst doch heute Morgen bei der Beratung.«
    »Weil ich nicht mehr weiß, was ich glauben kann, mein Freund.«
    Caldus bemerkte, dass die Augen des Gefreiten sich bei dieser Anrede kurz verengten.
    »Einen Tagesmarsch, vielleicht zwei«, erwiderte Annius langsam. »Niemand kann einen Hinterhalt über vierzig, fünfzig Meilen anlegen. Sie können uns verfolgen und drangsalieren wie hungrige Marder, aber je länger wir durchhalten, desto schwächer werden sie.«
    »Es sei denn, der Marder packt seine Beute bei der Kehle.«
    Schweigend wandte sich der Gefreite ab, strich über die Lederstreifen seines Waffenrocks, die unter dem Schienenpanzer hervorhingen, legte sich den Schwertgurt über die Schulter und griff nach dem Helm. Als er das Helmband unter dem Kinn verknotet und den Schal zurechtgezupft hatte, flog ein Grinsen über sein Gesicht.
    »Was wirst du als Erstes tun, wenn wir diese Sch… Wenn wir das hier hinter uns haben?«
    Caldus konnte sich das Lachen nicht verkneifen. »Du darfst ruhig genau das sagen, was du denkst, Titus Annius. In deinen Worten.«
    »Dann sag mir in deinen Worten, was du als Erstes tun wirst, wenn wir«, er zuckte mit einer Schulter, »diese Schei ße hinter uns haben.«

    »Ich werde mich einfach in den Dreck fallen lassen und einen Tag und eine Nacht lang durchschlafen«, entgegnete Caldus, ohne zu zögern.
    »Keine Mädchen? Kein Wein?«
    »Später. Die Mädchen müssen vorher baden, und Wein haben wir erst wieder in Aliso oder Vetera.«
    Ein Befehl ertönte, und die Legionäre setzten sich in Bewegung.
    Caldus winkte nach seinem Pferd, das jetzt mit Stirnmaske und Brustwehr gewappnet war.
    »Wenn mein Vater erfährt, was hier geschehen ist, wird er mir einen Posten in der Africa oder in Aegyptus beschaffen, irgendeine harmlose, ungefährliche Aufgabe im Gefolge eines proconsularischen Statthalters in einer friedlichen Gegend, wo es warm ist. Und was wirst du tun?«
    »Die letzten Jahre meiner Dienstzeit als

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