Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
auf, als wäre nichts gewesen. Du setzt zu einem Wort der Verwunderung an, doch sie kommt dir zuvor. Sie sieht dich an, bugsiert mit einem Fußtritt einen Spielzeugkarton unters Bett und sagt: »Das war also der Grund für die Süßholzraspelei. Dass du so weit gehst, die Kleine gegen mich aufzuhetzen, um sie auf deine Seite zu ziehen! Ich erkenne dich gar nicht wieder. Wie kannst du nur so intrigant sein, Furio?«
Intrigant . Es ist, als wäre jemand anders in die Haut deiner Frau geschlüpft. Wie in den Filmen, in denen Außerirdische die Erde mit Doppelgängern heimsuchen. Also ist es eigentlich gar nicht deine Frau, die du jetzt gegen die Wand drückst. Es ist nicht deine Frau, die du mit beiden Händen an den Locken packst und anherrschst, mit dem Heulen aufzuhören und kein Theater zu machen, weil die Kleine das hören könnte. Sie soll sich einfach nur schämen, sonst nichts.
Schämen soll sie sich!
»Schäm dich!«
Dich intrigant zu nennen, trotz Rosen, trotz Briefchen, trotz Paris. Wo du doch alles tust, um der Mann zu sein, von dem alle Frauen träumen, wiederholst du leiser und leiser, damit die Kleine nichts hört.
Du flüsterst es, als wäre es keine Drohung, sondern ein Fluch.
Als deine Frau zum ersten Mal wieder mit dir redet, hat eine neue Arbeitswoche begonnen, und der Montag ist sogar schon fast vorbei. Sie teilt dir mit, dass sie beschlossen habe, Romina zu einer Sitzung zu begleiten.
»Um diese Zeit? Dann mach wenigstens nicht bis zwei.«
»Und morgen ist schon die nächste. Und zwar in Rom, Furio.«
Am Anfang verstehst du es gar nicht. Im Ernst.
Heißt beschlossen , dass sie mitfährt und basta? Oder will sie wissen, was du davon hältst?
Die Ausführungen deiner Frau sind schwammig wie immer. Sie würde meinen , um die Wahlkampagne besser aufstellen zu können, müsse sie tiefer in die Materie eindringen, sich mit den Bestimmungen beschäftigen und sich ansehen, wie die in Rom arbeiten. Da würden Sitzungen stattfinden, sie wären höchstens drei oder vier Tage fort.
»So lange. Und Caterina?« Du kommst sofort auf den Punkt. Von Weitem hast du ein Auge auf die Kleine. Sie sitzt im Wohnzimmer und verfolgt die entscheidende Schlacht zwischen den Gold Saints und den Black Saints, aber bei all dem Lärm – »Swooossh, Zaaang« und »Galaktische Kralle der Macht!« – könnte sie euch trotzdem hören.
Elisa versichert dir, dass die Großeltern einspringen. Sie hat schon mit ihnen gesprochen.
»Sie wissen schon Bescheid? Dann ist wohl schon alles entschieden?«
»Ich habe es nur organisiert, damit du keine Schwierigkeiten bekommst. Entschuldige bitte !«
»Du willst dich für neulich abends rächen, versteh schon.«
Elisa streitet es sofort ab, aber es passt zu ihr, dass sie gleich zurückrudert. Eigentlich geht es ihr nur darum, dir zu widersprechen, sonst würde sie sich ja wohl nicht so geschraubt winden. Nun, sie habe das Gefühl, ein paar Tage allein würden ihr vielleicht mal ganz guttun, nur so zum Ausspannen .
»Ausspannen wovon? Von deiner Familie? Du bist hier nicht im Gefängnis. Du willst nach Paris? Wir fahren nach Paris. Du willst arbeiten? Du arbeitest. Ich gebe dir eine Million Lire Haushaltsgeld im Monat. Was fehlt dir denn? Willst du eine Putzfrau?«
»Ich glaube, es wird uns beiden guttun. In letzter Zeit …«
Weiter lässt du sie nicht kommen. Du bist also der Grund, Furio. Am Ende gibt sie es also doch zu, nach all den Ausflüchten, nach all den Lügen, von wegen Job, von wegen Wahlkampagne ihrer Freundin.
»Lügen? Ich habe dich nicht angelogen«, sagt sie.
»Und als du in Pisa Tango tanzen warst? Hast du das schon vergessen …?«
Sie schweigt. Das ist das Zeichen, dass sie kurz vor der Kapitulation steht, also setzt du nach. Warum immer dieses Gelaber um den heißen Brei, dieses ständige ich würde, es wäre, ich glaube ?
Du bist sensibel genug zu erkennen, dass in den Augen deiner Frau etwas Neues aufblitzt. Nicht die resignierte Ohnmacht der Unterlegenen wie sonst.
Und du bist nicht so dumm, dieses Etwas nicht beim Namen nennen zu können: Angst. Elisa hat Angst.
»Warum artet bei dir immer alles in einen Krieg aus?«, fragt sie, ohne sich wirklich eine Antwort zu erhoffen.
»Das ist deine Schuld, Elisa. Du bist nie zufrieden. Ich erkenne dich nicht wieder.«
Du hebst die Arme, weichst einen Schritt zurück. Deine Frau hat die Sache erstaunlich geschickt angestellt. Sie hat es schon in der ganzen Verwandtschaft verkündet. An diesem Punkt
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