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Vater sein dagegen sehr

Vater sein dagegen sehr

Titel: Vater sein dagegen sehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Zustände.
    »Sie, ich glaub, das wär gar kein Dreck, wenn man sich bei Ihnen mal vierzehn Tage auf Erholung einladen täte«, sinnierte Herr Roeckel mit einer Handbewegung, als gäbe er Lutz einen kleinen Ermunterungsstoß in die Rippen, die Einladung ruhig tatsächlich auszusprechen. Und vielleicht veranlaßte Lutz dieser angedeutete Rippenstoß dazu, etwas auszusprechen, was zu sagen nie in seiner Absicht gelegen hatte und was ihn, nachdem es einmal geschehen war, von allen Anwesenden wahrscheinlich am meisten überraschte.
    »Also gut, Herr Roeckel, dann holen Sie die Kinder nach vier oder sechs Wochen bei mir ab.«
    Roeckel hob die Hand ans Ohr: »Ich verstehe immer abholen«, sagte er und sah Lutz fragend an.
    Lutz überhörte die innere Stimme, diese untrügliche Stimme, die ihm klar und deutlich zurief: Du bist ein Narr! Du bist nicht nur ein einfacher Narr, sondern du bist ein gefährlicher Idiot! Du besitzt gerade das Geld für die Rückfahrt, und wenn's hoch kommt, dann kannst du dir in München auf dem Hauptbahnhof noch ein paar Schweinswürstel leisten. Und dein neuer Roman brennt dir unter den Fingernägeln, und du wirst nicht eine Minute zum Arbeiten kommen. Und Margot — lieber Gott! Margot.
    »Nun hören Sie einmal«, sagte er statt dessen zu den Roeckels, »schließlich ist es bei Ihnen ja was anderes als bei mir, wenn Sie die Kinder zu sich nehmen, für immer, meine ich. Das erfordert Vorbereitungen, nicht wahr? Sie werden in Ihrer Wohnung einiges umstellen und ausräumen müssen. So ein Hausfrauenhaushalt mit allem Klimbim und Brimborium ist schließlich anders eingerichtet als meine Junggesellenbude, wo ich immer darauf eingestellt bin, daß bei mir mal jemand über Nacht bleibt — ein Freund, meine ich —«, setzte er ein wenig hastig hinzu, um über seinen Lebenswandel keinen falschen Verdacht aufkommen zu lassen, »ein Freund, wie gesagt, mit dem man so lange gequatscht hat, daß er den letzten Zug oder die letzte Trambahn versäumte. Also kurz und gut, ich mache Ihnen den Vorschlag, daß ich die Kinder vorläufig einmal zu mir nehme und so lange bei mir behalte, bis Sie Ihre Wohnung umgeräumt und sich innerlich darauf vorbereitet haben, daß Sie plötzlich eine kinderreiche Familie geworden sind. — Nun, was sagen Sie dazu? Sind Sie damit einverstanden?«
    Die Kinder, die gemerkt haben mochten, daß ihre ostentative Ablehnung, in die Roeckelsche Hausgemeinschaft aufgenommen zu werden, zum mindesten Herrn Roeckel schwer verstimmt hatte, ließen einen Krählaut der Zustimmung hören, der jedoch gedämpft herauskam wie aus einer gestopften Trompete. Aber ihre Gesichter leuchteten Lutz entgegen.
    »Weißt, Onkel Lutz«, stammelte Traudl, »a bißl zammkehrn und Geschirr abspüln und Betten aufrichten und Erdäpfeln kochen könnt ich leicht — das hab ich ja auch hier immer machen müssen, derweil die Mutti im Laden war —, und vielleicht die Schnitzln umdrehen...«
    »Damits net obrenne!« ergänzte der Rudi.
    Frau Roeckel schob das schwarzgeränderte Schneuztüchelchen, das sie bis zu diesem Augenblick vor ihre Lippen gepreßt hatte, als könnte ihr der rohe Auftritt mit ihrem Gatten noch jederzeit einen Tragödinnenschrei im Stil der Wolter entlocken, plötzlich wie ein Requisit, dessen sie nicht mehr bedurfte, zwischen Stuhl und Sitzfleisch. Es war unverkennbar, daß sie gegen den Vorschlag von Lutz nicht das geringste einzuwenden hatte, und zum erstenmal spürte Lutz in ihren kühlen Augen so etwas wie den Schimmer einer Zuneigung. Nun, er verzichtete auf Frau Roeckels Sympathie, außerdem aber war es sehr wahrscheinlich, daß Ulrike ihm weniger für seine Fürsorge dankbar war, die er ihr mit seinem Angebot erwiesen hatte, als daß sie vielmehr mit dem Gedanken spielte, mit der gewonnenen Zeit auch Gelegenheiten genug zu gewinnen, um ihren Mann mürb zu machen und kleinzukriegen. Vielleicht ahnte der gute Roekkel, was ihm bevorstand, denn er paffte schwere Rauchwolken längere Zeit in die Luft hinein, bevor er sich dazu entschloß, dem Vorschlag von Lutz seine Zustimmung zu geben.
    »Also — von mir aus — in Gottes Namen —, wenn Sie sich das Kreuz durchaus aufladen wollen, die Kinder und das Hundsviech dazu. Sagen wir einmal — vier Wochen. Obwohl ich wahrhaftig nicht weiß, weshalb meine Alte vier Wochen brauchen soll, um den Teppich aufzurollen und zwei Betten zu überziehen.«
    Es war kein gutes Zeichen, daß Frau Roeckel »die Alte« widerspruchslos schluckte. Sie murmelte

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