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Vater sein dagegen sehr

Vater sein dagegen sehr

Titel: Vater sein dagegen sehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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für gebrauchte Wäsche, aber wenn man morgen darin Ordnung machte und alles Unbrauchbare und Mitgeschleppte verbrannte oder im Stadtgraben versenkte, dann ließ sich nach Reparatur des wackeligen Tisches und der ein wenig aus dem Leim gegangenen Stühle ein ganz nettes und geräumiges Zimmer daraus machen. Vorläufig warf Margot einmal den ganzen Speicherkram in eine Ecke, während Lutz den Diwan auseinandernahm und die Hälfte der Matratzen in der Kammer auf den Boden legte. Die Kinder hatten derweil aus den Koffern ihre Betten und die Bettwäsche ausgepackt. Traudl half Margot beim Überziehen der Betten und schien, wenn sie auch weiterhin eine abwartende Haltung zeigte, dieses Fräulein Sonnemann ganz erträglich zu finden. Eine halbe Stunde später lagen die Kinder wie Löffel in ihrem provisorischen Bett und schliefen bereits, ehe noch Lutz die Tür hinter sich geschlossen hatte. Auch der Spitz Bello hatte auf einem alten, zerschlissenen Fleckerlteppich ein Lager gefunden.
    Margot und Lutz wuschen sich an der Wasserleitung gemeinsam die Hände. Ihre Blicke trafen sich in dem kleinen Spiegel, den Lutz zum Rasieren benutzte.
    »Ich wußte gar nicht, daß du so kinderlieb bist, Lutz«, sagte Margot und griff nach dem Handtuch.
    »Wenn du Frau Ulrike Roeckel kennengelernt hättest, dann wärest auch du kinderlieb geworden, mein Herz. Eine Kobra ist harmlos gegen sie. — Friedrich Roeckel ist ein ganz passabler Mann, und er beginnt, kräftig wider den Stachel zu locken. Trotzdem ist mir bei dem Gedanken nicht wohl, daß die Kinder bei den Roeckels in Coburg aufwachsen sollen. — Nun, und um ihnen die bittere Pille ein wenig zu versüßen, habe ich sie eben für ein paar Wochen zu mir genommen, bis Ulrikchen Roeckel sich und ihre Wohnung auf die Kinder eingestellt hat. Eine Reinmachefurie, verstehst du, mit Parkettböden und Sofaschonern. Der Alte darf das Allerheiligste nur auf Socken betreten, und der >Salong< wird nur an den hohen Feiertagen benutzt. Ein furchtbares Frauenzimmer...«
    »Ich weiß nicht, weshalb du dich so langatmig entschuldigst, Lutz, oder glaubst du etwa, ich hätte etwas dagegen einzuwenden, daß du die Kinder mitgebracht hast? Im Gegenteil, ich finde es fabelhaft von dir, fast hätte ich gesagt, überraschend anständig, wenn das nicht den Nebensinn hätte, daß ich dich früher einer anständigen Handlung nicht für fähig gehalten hätte.«
    »Ich finde, wir sind beide ziemlich wortreich«, murmelte er; »aber um ehrlich zu sein: mein Gewissen dir gegenüber war nicht ganz sauber, als ich mich dem Turm näherte. Ich hätte dir wenigstens schreiben und dich auf die Überraschung vorbereiten sollen.«
    »Ja, das hättest du wirklich tun können! Dann sähe es drüben im Kinderzimmer etwas manierlicher aus.« — Sie holte ihm mit einer altvertrauten Bewegung den Kamm aus der Brusttasche und fuhr sich über das kupfern schimmernde Haar. Der Kamm knisterte leise. Das Kleid spannte sich über ihren zarten Brüsten. Lutz trocknete sich die Hände ab, er schien mit seinen Gedanken weit entfernt zu sein. Margot ließ die Arme sinken und steckte den Kamm in seine Jacke zurück. Eine kleine Enttäuschung verdunkelte ihr Gesicht.
    »Du hast mir noch nicht einmal einen Kuß gegeben, Lutz«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Oh... «, machte er bestürzt und zog sie zärtlich an sich heran, aber er lauschte dabei in das Kinderzimmer hinüber. Die Tür, die schlecht schloß, hatte sich von selber geöffnet und stand spaltbreit offen. Margot ging auf den Zehenspitzen hinüber und drückte sie geräuschlos zu.
    »Sie schlafen fest«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln und hob ihm ihren Mund entgegen. Ein wenig später bereitete sie einen Kaffee und kuschelte sich auf der schmal gewordenen Couch an ihn heran. Er berichtete ihr die Traunsteiner Ereignisse. Seine Wiedergabe des nächtlichen Gesprächs mit Traudl und der kleinen Szene vor dem Turm amüsierte sie.
    »Natürlich ist es Eifersucht, Lutz, nichts anderes!«
    »Geh, Margot, mach keine Witze! Ein elfjähriges Mädel!«
    »Du kennst uns nicht, Lutz! So sind wir von der Wiege bis zur Bahre. — Ich habe meinem Schwager Heinz Kiesbrenner ein Stück Fleisch aus dem Daumen gebissen, als er meine Schwester Lore küßte. Aus purer Eifersucht! Und damals war ich erst neun Jahre alt.« —
    »Das sind ja heitere Aussichten«, murmelte er verzagt.
    »Es ist nicht so schlimm, Lieber, wir werden eben vor die Haustür gehen, wenn wir uns küssen wollen. Und es sind

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