Vater sein dagegen sehr
Figuren deutlich gezeichnet, und die Handlung des Romans, die dort, wo sie über den faszinierenden Ausgangspunkt hinausging, noch ziemlich verschwommen gewesen war, formte sich jetzt ganz klar. Er hatte die Idee, die Passagiere des Flugzeugs bunt zusammenzuwürfeln und aus den verschiedenartigsten Berufssphären kommen zu lassen, zugunsten einer klareren und einfacheren Konstellation fallengelassen. Jetzt war es ein Theaterensemble, das sich auf dem Wege nach Paris auf einer Auslandstournee befand. Die Schicksalsfäden, die sich in die Vergangenheit spannen, waren nicht nur logischer, sondern sie waren auch einfacher zu verknoten.
Und zwei Novellen, darunter eine von über vierzig Seiten, waren von zwei Monatsschriften angenommen worden!
Selbstverständlich war Lutz, wie die meisten Angehörigen freier Berufe, in denen das Glück oft ebenso wichtig ist wie das Können, ziemlich abergläubisch, und was lag näher, als daß er insgeheim die Anwesenheit der Kinder für sein Glück verantwortlich machte. Nicht etwa, daß er glaubte, der Himmel zahle ihm nun mit Zinsen zurück, daß er sich den Kindern gegenüber wie ein guter Onkel betragen hatte; aber sie waren da, das ließ sich nicht bestreiten, und ebensowenig ließ sich bestreiten, daß seit dem Tage ihres Einzugs in den Turm sich bei ihm die ersten größeren Erfolge eingestellt hatten. Ganz abgesehen davon, daß der neue Roman ihm entgegen allen Befürchtungen mit der Geschwindigkeit des Mangobaumwunders unter den Händen wuchs.
Bis elf arbeitete er, während die Kinder mit dem Spitz Bello in den Gassen herumstrolchten und sich mit den Mädeln und Buben aus der Nachbarschaft anbiederten. Gegen elf erschienen sie dann erhitzt, zerzaust und ziemlich dreckig im Turm, um mit ihm das Menü zu besprechen. Neben zerschundenen Knien und einer gelegentlichen Beule am Kopf brachten sie nichts weiter mit außer ein paar unterfränkischen Lauten, die sich in ihren oberbayerischen Dialekt schlichen und die Sache noch ein wenig schlimmer machten. Sie sagten nicht mehr naa, sondern nää, und nicht mehr kaafe, wenn sie etwas kaufen gingen, sondern käfe. — Sie backten Pfannkuchen oder Kartoffelpuffer, brieten Fisch und richteten den Kartoffelsalat her, und Traudl hatte, nachdem sie vom Metzger Triebsch zweimal »bschissen« worden war, in Metzger Englert den Mann gefunden, der nicht nur ordentlich wog, sondern auch einwandfreie Schnitzel und zartes Zwiebelfleisch lieferte. Am Nachmittag gab es dann einen Tee, zumeist mit Marmeladebrot oder Laugenbrezeln, manchmal spendierte Lutz für jeden eine Schnecke oder sogar ein Schweinsohr, und für das Abendessen waren Röstkartoffeln fast obligatorisch geworden; die Beilage wechselte zwischen rotem oder weißem Preßsack, Bismarckheringen und der guten Knöchelsulz, die Traudl für billiges Geld ebenfalls bei Meister Englert bekam. Wenn sie weiter so tüchtig und sparsam wirtschafteten, dann langten die hundertdreiundachtzig Mark fast ewig. —
Lutz verwunderte sich immer aufs neue, wie geschickt sich die Kleine anstellte, wie eine richtige kleine Hausfrau. Anscheinend wunderte sich Traudl selber über ihren Pflichteifer, denn einmal beim Kartoffelschälen gestand sie Lutz, daß es sie daheim immer »gegraust« hätte, wenn es hieß, ans Abspülen oder ans Gemüseputzen zu gehen. Aber hier war es mit einemmal etwas ganz anderes. Und auch der Rudi nahm es mit seinen Pflichten ernst. Er holte Holz und Briketts aus dem Keller und fegte den Vorplatz und die Treppen mit dem Reisigbesen. Seit den Tagen im Elternhaus hatte Lutz nicht mehr solch ein geregeltes Leben geführt. Aber wahrhaftig, es bekam ihm ausgezeichnet!
Margot besuchte den Turm fast täglich. Und sie vergaß es nie, den Kindern etwas mitzubringen. Nicht nur Schleckereien, Makronentörtchen und die riesigen Himbeerbonbons, für die der Rudi eine leidenschaftliche Neigung hatte, sondern auch Spielzeug und Kleider für Traudl, die aus ihren eigenen Beständen stammten und von ihrer Hausschneiderin umgeändert worden waren. Sie kam immer wie der Nikolaus beladen nach Hallfeld heraus und verbreitete im Turm bei ihrem Kommen so etwas wie Weihnachtsstimmung. Aber trotz der kleinen Handnähmaschine für Traudl und trotz der Dampfmaschine für Rudi, Geschenke, über die sich die Kinder unbändig freuten und von denen sie sich im Verlauf der nächsten Tage kaum trennten, blieben sie Margot gegenüber reserviert und hielten an der Anrede »Fräulein Sonnemann« fest.
Und während
Weitere Kostenlose Bücher