Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)
Bundesverfassungsgericht im April die Volkszählung mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt hatte. Man könne also die Zeit nutzen, um den Vorsprung auszubauen.
In den nächsten zwei Jahren lernte Rolf Albrecht, mit seinen Schuldgefühlen zu leben. Die Dienstleistungen, die auch weiterhin von ihm erwartet wurden, hielten sich lange Zeit im geschilderten Rahmen. Auch wurden sie nicht oft in Anspruch genommen. Nur alle paar Monate. Manchmal erhielt er kleine Gratifikationen.
Hin und wieder gab er sich der Hoffnung hin, irgendwann genug Mut zu fassen, um auszusteigen. Er wusste, die einzige Möglichkeit wäre, zur Polizei zu gehen und alles zu erzählen. Auch über seine eigene Rolle würde er auspacken müssen. Dann wäre seine Ehe, seine Familie, sein Ansehen, alles wäre zu Ende.
Diesen Mut konnte er nicht aufbringen.
Manchmal erwog er, sich Hans anzuvertrauen. Denn mit Hans hielt er weiterhin Kontakt. Zwei- oder dreimal im Jahr trafen sie sich, zwischendurch telefonierten sie miteinander. Jeder erzählte ein wenig von seiner Arbeit, es war eine ganz angenehme, aber nicht sehr tiefgehende Freundschaft. Trotzdem, irgendwie hatte Rolf das Gefühl, Hans könnte ihn möglicherweise verstehen und würde ihm vielleicht sogar helfen auszusteigen.
Für seine Feigheit verachtete sich Rolf Albrecht. Das Schlimmste aber war, dass er seine Bilder im Kopf nicht mehr im Griff hatte. Doch dies alles betrachtete er als Preis dafür, dass er seine Familie gerettet hatte. Denn das hatte er wirklich getan. Und das war ihm das Allerwichtigste. Seine kleine Familie, sein Heiligtum, war unberührt geblieben. Und das war sein Trost.
Bis er eines Tages, zwei Jahre später, aufgefordert wurde, seinen jüngsten Sohn zu einem der Treffen mitzubringen.
Beinahe dreizehn Jahre später, am 6. April 1996, einem Ostersonnabend, fährt ein Mann im Souterrain seiner Firma einen Computer hoch. Bevor er das Datenbanksystem öffnen kann, muss er sein persönliches Passwort eingeben. Natürlich ist das weder 666 noch Satan oder sonst etwas Naheliegendes. Der Mann grinst: Es hat schon diverse Versuche gegeben, auf solch naive Weise in sein System einzubrechen.
Sein System ist inzwischen ein DEC Alpha (Takt 333 MHz) mit 128 MB Hauptspeicher, vier Festplatten à 4 GigaBytes und zwei Wechsel-Festplatten à 2 GBytes. Die komfortable Ausstattung umfasst außerdem Streamer Tape (DAT) mit 8 GByte, einen CD-Brenner zum Speichern von Filmen, MPEG-Videokarte zur Darstellung und Bearbeitung von Videos. Das Datenmaterial ist auf ein Vielfaches erweitert, und der Markt wächst immer noch.
Vor kurzem wurde eine Dependance in Mecklenburg-Vorpommern eingerichtet, Bilder und Infos werden von dort mit Hilfe einer ISDN-Modemkarte mit 64 Kilobit pro Sekunde an die mobile Zentrale übermittelt. Und natürlich ist es praktisch, dass man mit sicherer Verschlüsselung (»Pretty Good Privacy« = PGP) übers Internet nach Finnland, in die USA und nach Südostasien gehen kann. Sehr praktisch.
Das Sicherheitsrisiko wird inzwischen wesentlich ernster genommen. Unbegreiflich, denkt der Mann, während der Computer hochfährt, unbegreiflich, dass sich dieser Berliner, Norbert Voigt, im Januar in Pattaya mit einem Kundenadressbuch hatte erwischen lassen. Nun gut, ein wenig Konkurrenz war ausgeschaltet. Allerdings, Voigt ist ein kleiner Fisch, und der Markt groß genug. Amüsiert beobachtet der Mann all die Netzwerke von pädophilen katholischen Priestern, die zurzeit ausgehoben werden. Das stört ihn naturgemäß überhaupt nicht. Sorgen hatte ihm allerdings die »Operation Starbust« der britischen Polizei gemacht, eine Aktion gegen einen Computerpornoring, mit dem auch seine Leute Kontakt hatten.Weltweit hatte es fast hundert Verhaftungen gegeben. Zufrieden macht ihn hingegen, dass die dramatischen Vorgänge in Australien von der deutschen Presse praktisch nicht wahrgenommen werden. Die Wood Royal Commission deckt seit Monaten eine pädophile Verschwörung bis in höchste Kreise auf, bekommt Geständnisse von Polizisten, die mit Erpressung oder Beteiligung involviert waren und Politiker gedeckt hatten, konfisziert Hunderte von Videos, Zeitschriften, Filmen und Computer CDs mit Kinderpornographie, einige davon aus seiner eigenen Produktion, das weiß der Mann inzwischen. Aber wie durch ein Wunder nichts davon in der deutschen Presse. Der Mann grinst, er kennt einige Journalisten, deren hohes Einkommen nicht durch das Schreiben, sondern durch das Verhindern von Artikeln
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