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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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eine ziemlich dumme Ausrede halten. So denkt er sich eine Notlüge um seinen ständig kaputten Citroën herum aus. Hoffentlich, fällt ihm dabei ein, hat Irmela Hans nicht erzählt, dass sie heute mit dem Wagen unterwegs war, während er mit der Üstra gefahren ist und das letzte Stück zu Fuß gehen wollte. Irgendwie arbeitet sein Verstand immer noch recht langsam.
    Am Montagmorgen liegt in Rolf Albrechts Eingangskorb im Amt ein ungeöffneter und nicht frankierter Briefumschlag, der an ihn persönlich adressiert ist. Als er ihn öffnet, findet er einen Zettel mit Datum, Uhrzeit und einer Adresse. Sowie zwei Fotos, die er sofort wieder zurück in den Umschlag schiebt. Auf der Toilette zieht er sie nacheinander noch einmal heraus. Er sieht sich selbst, nackt, auf einem Bett. Und ein kleines Mädchen, höchstens vier, das weint. Er hat keinerlei Erinnerung an den Vorgang, aber es ist deutlich zu erkennen, dass er der Mann ist, der sich an dem Mädchen zu schaffen macht. Das zweite Foto entspricht so präzise den geheimen Bildern in seinem Kopf, dass er für alle Zeiten die Gewissheit verliert, der einzige Zuschauer seiner Träume zu sein.
    Übelkeit und Panik mischen sich. Er zerreißt die Bilder und den Brief und verbringt eine lange Zeit auf der Toilette damit, alles, wirklich alles wegzuspülen.
    Er nimmt sich den Nachmittag frei.
    Er spricht mit niemandem über den Brief.
    Am angegebenen Termin geht er zu der Adresse. Es ist eine Wohnung in Vahrenheide. Glücklicherweise macht Irmela donnerstags immer Jazztanz. Eine halbe Stunde vor ihm hat sie das Haus verlassen.
    In der Wohnung zeigt man ihm außer weiteren Fotos noch einen kurzen Videofilm, in dem er der Hauptdarsteller ist. Er kann sich an nichts erinnern, obwohl er deutlich zu erkennen ist. Man legt ihm eine Erklärung vor: »Hiermit bestätige ich, dass ich bei der Herstellung des Films ›Junge Liebe‹ freiwillig mitgearbeitet habe. Es hat mir Spaß und Freude gemacht, an der Gestaltung einer solchen Produktion mitzuwirken. Ich habe dadurch ganz neue Glücksgefühle kennengelernt.« Das soll er unterschreiben.
    Da bekommt er einen Wutanfall und schmeißt ein Glas gegen den Fernseher.
    »Sie glauben doch nicht etwa, dass ich so was unterschreibe! Sie haben mich unter Drogen gesetzt, ich habe keinerlei Erinnerung mehr.«
    Niemand erwidert etwas. Einer der Männer greift zum Telefon und wählt. Es klingelt eine ganze Weile, dann meldet sich eine helle Stimme so laut, dass auch Rolf sie hören kann: »Hallo, Andrea hier!«
    »Guten Tag, Frau Riekenberg«, sagt der Mann, »tut mir leid, dass ich Sie störe, aber es ist dringend. Würden Sie bitte Frau Albrecht an den Apparat holen?«
    Andrea Riekenberg ist die Gymnastiklehrerin, bei der seine Frau Jazztanz macht.
    Der Mann legt den Hörer wieder auf.
    »Sehen Sie«, sagt er, »für uns ist es ein Leichtes, auch Ihre Frau herzuholen und ihr den Film vorzuführen. Wir wissen immer, wo Sie und Ihre Familie sind. Wenn Ihnen die Sicherheit Ihrer Familie am Herzen liegt, sollten Sie das unterschreiben. Bestimmt möchten Sie vermeiden, dass Ihre Familie etwas von Ihren Neigungen erfährt. Aber wenn wir uns weiterhin so gut verstehen, kriegt das nie jemand zu Gesicht.«
    Rolf Albrecht unterschreibt.
    Niemand, weder seine Frau noch seine Freunde noch irgendeiner seiner Kollegen darf diese Bilder, diesen Film jemals sehen. Er wird alles tun, um das zu verhindern.
    Dann bittet man ihn noch, die Sorgerechtsangelegenheit um Tobias, die ihn zurzeit ja beschäftige, dergestalt vorzubereiten, dass Tobias ohne Aufsehen in die Familie des Vaters gegeben wird. Den Wortlaut überlässt man Rolf Albrecht selbst. Vielleicht, so rät man ihm, sei es günstig, noch eine zweite glaubwürdige Person zu benennen. In diesem Fall solle er sich mit der Leiterin des Kindergartens in Verbindung setzen, den Tobias besuche. Die würde ihm gerne bestätigen, dass Tobias eine problembelastete Beziehung zu seiner Mutter, aber ein ausgezeichnetes Verhältnis zu seinem Vater habe.
    Der Kindergarten ist konfessionell gebunden und hat ein hohes Ansehen. In diesen Monaten macht Angela Bahr hier ihr Praktikum. Im Zeugnis wird ihr später besonderes Geschick im Umgang mit Kindern bestätigt. »Für den Beruf der Erzieherin bringt Fräulein Bahr die allerbesten Voraussetzungen mit«, heißt es in ihrem Abschlusszeugnis.
    Zu den inoffiziellen Aufgaben einiger Angestellter gehört es, mit ausgewählten Kindern an bestimmten Tagen kleine Ausflüge zu machen.

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