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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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solange sie wolle. Stefanie beschloss, sich diese neuen Dinge erst einmal anzuschauen, in Ruhe alles zu beobachten, aber nur solange sie wollte. Irgendwann, das sagte sie sich immer wieder, würde ihre Erinnerung schon wieder zu ihr zurückkommen. Wenn sie nur lange genug wartete.
    Dann wurde ihr plötzlich bewusst, dass dieses tatsächlich die Wohnung war, in der sie von nun an leben würde. Weil sie dort schon seit sieben Jahren gelebt hatte. Dass irgendwann ein Mann die Wohnung betreten würde, der auch hier wohnte. Der würde ihr sicherlich fremd erscheinen. Aber das sei der Ehemann. Er hieße Wolfgang. Mit Nachnamen Lenz. Er hätte Angela Bahr geheiratet. Daher hieß sie jetzt Angela Lenz. Das bedeutete also, dass es Angela Bahr gar nicht mehr gab. Der Mann, auch das wusste sie plötzlich, würde zwei Kinder bei sich haben. Das seien der Sohn und die Tochter. Der Sohn hieße Christian. Er sei fünf Jahre alt. Die Tochter sei dreieinhalb. Sie hieße Barbara. Sie alle zusammen seien eine Familie.
    Das alles wusste sie plötzlich. »Jetzt ist es mir wieder eingefallen«, dachte sie, »mir ganz allein. So ein Quatsch, diese Geschichten von den anderen Personen.« Und dann ging ihr noch ein Satz durch den Kopf: »Aber der Mann hat Angela geheiratet, nicht Stefanie.«
    Nicht Stefanie. Natürlich nicht Stefanie. Sie war doch erst dreizehn.
    Stefanie war verwirrt von ihren eigenen Gedanken. Manchmal hörte sie ihnen auch kaum zu. Sie klammerte sich daran, dass sie die freundliche Frau in drei Tagen wiedersehen würde. Die hatte zwar merkwürdiges Zeug geredet, aber sie war so nett. Wie hieß sie noch?
    Temberg.
    In den nächsten drei Tagen schwankte Stefanie zwischen Wut und Verzweiflung.
    Zwischen der Angst verrückt zu sein und der Vermutung, dass die anderen es waren. Der kleine Junge, der hartnäckig Mamazu ihr sagte und ihr ständig irgendwelche Geschichten aus dem Kindergarten erzählen wollte. Das kleine Mädchen, dessen große, ängstliche Augen Stefanie überallhin zu folgen schienen. Und natürlich der Mann, der sie mit Angela anredete und offenbar erwartete, dass sie ihm Mahlzeiten servierte und sich nachts neben ihm ins Bett legte.
    Sie schaute sich das immer nur ein paar Minuten lang an, dann war sie wieder weg. Als man mit dem Hund spazieren ging, ging sie mit. Endlich nach draußen. Aber als der Mann ihr den Arm um die Schultern legen wollte, gab sie ihm ein paar auf die Finger. Seinen verblüfften Blick konnte sie gerade noch sehen, dann war es auch schon wieder Abend, und man saß zusammen vor dem Fernseher.
    »Er gehört zu mir«, jubelte Marianne Rosenberg in einer Oldie-Sendung kurz auf, bevor der Mann sie mit der Fernbedienung wegzappte.
    »Ey, lass doch, die hör ich gern«, empörte sich Stefanie, »die ist ganz neu.«
    »Uralt-Oldie«, brummelte der Mann, schaltete aber zurück. Marianne Rosenberg war wieder da. Doch Stefanie war schon fort.
    »Stell das bloß ab!«, sagte Miranda, griff zur Sonnabendzeitung und begann, sie von hinten nach vorne durchzublättern. Besonders intensiv studierte sie den Anzeigenteil. Die Rubrik »Vermischtes« fesselte ihre gesamte Aufmerksamkeit. Merkwürdige Dinge standen dort manchmal.

    Suche Personen aus der Elitegruppe,
die besondere Fähigkeiten haben
und treu für uns arbeiten.
    Aber es war weder Telefonnummer noch Adresse angegeben. Merkwürdig.
    »Was ist denn da so spannend?«, fragte Wolfgang, als er bemerkte, dass seine Frau minutenlang auf dieselbe Stelle der Zeitung starrte.
    »Och, nichts«, fuhr sie hoch, knüllte die Zeitung zusammen und warf sie in den Papierkorb, »ich hab nur wieder von einem neuen Auto geträumt.«
Erste Zweifel
    Der Brief ohne Absender kam mit der Post.
    Nina Temberg war vorsichtig geworden. Sie wusste auch nicht, warum. Zuerst beschaute sie den Umschlag von allen Seiten. Dann öffnete sie ihn. Der Brief war auf einem Computer geschrieben und stammte von Stefanie:

    Liebe Frau Temberg.
    Ich glaube Ihnen kein Wort. Zurzeit sitze ich hier zu Hause, und mir fällt immer mehr wieder ein. Sie würden sagen, dass das diese Sarah ist, die mir das alles erzählt. Doch vielleicht stimmt das ja überhaupt nicht. Vielleicht weiß ich doch alles und verdränge es immer wieder nur. Warum zum Beispiel kenne ich mich plötzlich mit dem Computer aus? Irgendetwas in mir hat es mir erklärt. Sicher war es meine eigene Erinnerung. Anders kann das ja gar nicht sein. Und genauso wird es mit den letzten achtzehn Jahren auch sein. Ich habe gelebt,

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