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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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Bademantel. Sie hatte den gleichen eigenartigen Gesichtsausdruck wie ihre Tochter. Mit einer Hand hielt sie sich den rosa Frottemantel an der Brust zu. Was ist denn los?», fragte Julia.
Ist etwas passiert?» Mrs. Hogan zögerte einen Moment.
Zwei Polizisten sind hier, Kleines. Unten im Wohnzimmer. Sie möchten gern mit dir reden.» Sie flüsterte, als hätte sie Angst, das übrige Haus aufzuwecken. Polizisten?» Julia nahm die Kleidungsstücke, die Mrs. Hogan ihr reichte, und schüttelte ungläubig den Kopf. Was hatte das zu bedeuten? Ihr Herz klopfte wie wild, und plötzlich hatte sie einen Kloß im Hals. Sie fühlte sich schuldig, obwohl sie wusste, dass sie nichts angestellt hatte. Sie drehte sich wieder zu ihrer Freundin um. Carly sah immer noch verängstigt aus, und diesmal war es Julia, die schnell wegschaute. Während sie die Jeans anzog, ließ sie ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Es war blaulila gestrichen – Carly hatte sich die Farbe selbst aussuchen dürfen. U2-Poster bedeckten die Wände, und von der Decke hingen Mobiles aus neongelben und rosafarbenen Schmetterlingen. Außerdem hatte Carly ein eigenes Telefon. Julia beneidete ihre Freundin um ihr cooles Zimmer. Sie zog den Pullover über ihr Schlafanzugoberteil und schlüpfte in die Turnschuhe.
Was wollen die Polizisten denn?», fragte sie, während sie sich die Schnürsenkel zuband.
Ich habe nichts angestellt, Mrs. Hogan, glauben Sie mir.» Mrs. Hogan begann zu weinen.
Es geht nicht um dich, Julia, du hast nichts –» Sie verstummte und umarmte Julia fest. Dann wischte sie sich die Tränen von den Wangen und faltete den Schlafsack zusammen. Es ist etwas passiert, Liebes. Du musst nach Hause.» Julia öffnete die Augen und sah sich hilflos im dunklen, stillen Wohnzimmer um. Ihr Herz raste. In der Küche hatte der Wasserkessel angefangen zu pfeifen.

KAPITEL 29
    M ARISOL ALFONSO, die berühmt-berüchtigte Sekretärin, saß an ihrem Platz im Sekretariatsbereich der Major Crimes und telefonierte. Breit grinsend schwatzte sie vor sich hin und wickelte die Telefonschnur um weiß-pink gestreifte Fingernägel, die so lang waren, dass sie sich wie Klauen bogen. Rick hatte recht – sie war nicht zu übersehen. Obwohl sie bisher nur am Telefon mit ihr gesprochen hatte, erkannte Julia sie sofort. Marisol war von Kopf bis Fuß in verschiedene PinkTöne gekleidet. Die Lippen waren mit pinkfarbenem Lipgloss geschminkt, ein mit pinkfarbenen Rosen gemustertes Haarband bändigte die schwarze, wildgelockte Mähne. Sie trug eine hautenge, pinkfarbene Cordhose, über deren Bund eine Hautfalte schwappte. Auf dem knallengen rosa T-Shirt, das ihre großen Brüste betonte, stand mit Strasssteinen die Aufschrift
    « BRAD WHO?» – wahrscheinlich Marisols Kommentar zu Brad Pitts Scheidung. Die Vernehmungen von John Latarrino und Steve Brill waren für zehn Uhr angesetzt, doch es war schon Viertel nach, als Julia sich den Weg durch das Labyrinth der Schreibtische bahnte, um mit einem künstlichen Lächeln auf den Lippen Marisols farbenfrohe Ecke der Welt zu betreten. Geduldig wartete sie, bis Marisol sie endlich beachtete und den Hörer auflegte. Das einzige Geräusch in dem Raum voller Frauen – abgesehen vom Klingeln der Telefone und Faxgeräte – bestand aus den affektierten Lachsalven von Ricks Sekretärin. Man benötigte keine neunzig Minuten Analyse, um zu durchschauen, warum mit Marisol Alfonso niemand zurechtkam. Julia hatten schon die dreißig Sekunden des Telefonats letzte Woche gereicht. Marisol hatte ihr mit selbstgefälligem kubanischen Akzent klargemacht, dass sie auch so schon genug zu tun habe und es daher überhaupt nicht einsehe, die Arbeit für eine Staatsanwältin zu erledigen, die noch nicht einmal für Major Crimes arbeitete und außerdem eine eigene Sekretärin hatte. Und Marisol hielt Wort. Sie hatte keine Vorladungen verschickt, keine Vernehmungstermine gemacht, keinen ihrer perfekt manikürten Finger gerührt. Und da. sie bereits seit mehr als dreizehn Jahren auf der Gehaltsliste der Regierung stand, konnte niemand sie zu irgendetwas zwingen – schon gar nicht Julia. Unter gewöhnlichen Umständen ließ Julia Valenciano sich nicht auf der Nase herumtanzen, aber dies waren keine gewöhnlichen Umstände. Sie würde sich die Zunge abbeißen, bevor sie sich bei Rick beschwerte, dass seine Sekretärin ein unverschämtes, faules Stück war. Drei Jahre bei der Staatsanwaltschaft von Florida hatten Julia die ungeschriebenen Gesetze des alten

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