Vater unser
vermasseln können», sagte Rick lächelnd.
« Irgendwie müssen wir den Mann endlich loswerden.» Tigler kratzte sich am Hinterkopf.
« Ich versuche gerade, Gene Putnam zu überreden, ihn ans Zivilgericht zu versetzen. Sollen die Jungs sehen, was sie mit ihm machen – die haben jedenfalls mehr Einfluss und Geld und mehr Geduld als ich. Aber viel machen kann Gene Putnam auch nicht. Lenny gehört schließlich zur Familie.»
« Was bedeutet, dass Len Farley nirgends hingeht, wo Len Farley nicht hinwill», schloss Rifkin resigniert.
« Ich war heute Morgen kurz im Gerichtssaal. Der alte Streithammel hat wieder versucht, die Sache kompliziert zu machen, aber du hast trotzdem gute Arbeit geleistet, Rick. Glaubst du, Levenson strebt einen Vergleich an?» Rick nickte.
« Ganz sicher. Er wird versuchen, eine lebenslange Haftstrafe herauszuschlagen. Aber darauf lasse ich mich nicht ein, Charley. Marquette hat seine gesamte Familie umgebracht, und dafür soll er bezahlen.» Rifkin pfiff leise durch die Zähne.
« Du hast dich festgebissen, was?»
« Du sagst es. Und so schnell lasse ich nicht wieder los», erklärte Rick selbstsicher. Der Ausdruck in seinen Augen ließ keinen Zweifel daran, dass er auch meinte, was er sagte.
« Sie haben bereits heute Ihren Entschluss verkündet, die Todesstrafe zu fordern?», fragte der Generalstaatsanwalt.
« Es gab keinen Grund, länger zu warten», erklärte Rick.
« Die Grand Jury hat nur zwanzig Minuten gebraucht, um der Anklage zuzustimmen – und Martin musste danach haufenweise Taschentücher an die schockierten Geschworenen verteilen. Die Fakten sprechen für sich. Die Morde an den Kindern wurden kaltblütig und mit Vorsatz begangen. Wenn irgendjemand die Todesstrafe verdient hat, dann Marquette.» Tigler ließ einen Moment verstreichen.
« Ich habe heute Morgen einen Anruf von der französischen Botschaft erhalten.» Rick setzte sich auf.
« Die französische Botschaft? Was hat die denn damit zu tun?»
« David Marquette ist französischer Staatsbürger», sagte Tigler leise. Charley Rifkin schüttelte den Kopf, als wäre ihm gerade etwas eingefallen.
« Ach du Scheiße», stieß er hervor. Ricks Kehle war wie ausgetrocknet. Ein ungewohntes Gefühl. Er schluckte.
« Wie bitte?»
« Marquettes Eltern sind Franzosen, und er hat die doppelte Staatsbürgerschaft. Irgendjemand hat die Botschaft angerufen und Stunk gemacht. Laut der Wiener Konvention über konsularische Beziehungen muss bei der Verhaftung eines ausländischen Staatsangehörigen die Botschaft des jeweiligen Landes innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach der Festnahme informiert werden und Zugang zu dem Verhafteten bekommen. Die Bestimmungen wurden hier nicht eingehalten. Natürlich werden wir argumentieren, dass Marquette aufgrund seiner doppelten Staatsbürgerschaft behandelt wird wie jeder andere US-Amerikaner und dass die Konvention in diesem Fall nicht maßgeblich ist.» Rick runzelte die Stirn.
« Niemand wusste, dass er Franzose ist, Jerry. Auch er selbst hat keinen Ton davon gesagt.» Er schlug sich auf die Oberschenkel.
« Verdammt nochmal! Und was passiert jetzt?»
« Es ist eine Grauzone», antwortete Tigler langsam.
« Die Franzosen sind wahrscheinlich ziemlich sauer. In einigen Fällen haben Angeklagte vor liberaleren Bundesgerichten im Westen Anträge auf Unterdrückung der Aussage durchbekommen, aber da Ihr Bursche keine Aussage gemacht hat, gibt es auch nichts zu unterdrücken. Manche Angeklagten kamen frei, die Anklage wurde abgewiesen – es kam sogar zu einer Begnadigung durch den Präsidenten. Andere Gerichte haben sich einfach nur entschuldigt und hoch und heilig versprochen, es beim nächsten ausländischen Verbrecher besser zu machen. Sie argumentierten, das Übereinkommen würde dem verhafteten Täter keine Rechte übertragen, sondern es sei nur eine Richtlinie, wie ausländische Staatsangehörige bei einer Verhaftung behandelt werden sollten. Aber ich will ehrlich mit euch sein, Jungs: Das hier ist eine heikle Angelegenheit. Sehr heikel. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat die Vereinigten Staaten letzten April verwarnt, die Verurteilung von über fünfzig mexikanischen Staatsbürgern zu überprüfen, die in US-amerikanischen Todeszellen sitzen, nachdem sich die mexikanische Regierung beschwert hatte, dass ihr Konsulat nicht über die Verhaftungen unterrichtet worden war. Kurz davor hatte der Weltgerichtshof festgestellt, dass die USA gegen internationales Gesetz verstießen, als sie
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