Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
Vom Netzwerk:
sich weigerten, auf Anordnung des Gerichtshofs von 1999 die Hinrichtung eines paraguayischen Staatsbürgers in Virginia und zweier deutscher Brüder in Arizona zu stoppen, die ähnliche Konventionsverstöße geltend gemacht hatten. Nachdem Sie heute in aller Öffentlichkeit verkündet haben, dass wir wieder einmal die Todesstrafe für einen ausländischen Staatsbürger fordern, bin ich überzeugt, dass jemand richtig sauer wird, vor allem, da Frankreich wie der Rest der Europäischen Union gegen die Todesstrafe ist. Im Grunde warte ich nur darauf, dass das Telefon klingelt und jemand mit französischem Akzent auf mich einschreit.» Wäre Latarrino in der Nähe gewesen, hätte Rick ihm einen Tritt in den Hintern verpasst – obwohl er der Fairness halber zugeben musste, dass auch Lat unmöglich von Marquettes doppelter Staatsangehörigkeit gewusst haben konnte. Für die Polizei gab es zumindest auf lokaler Ebene keine Möglichkeit, an derartige Informationen zu gelangen. Aber Rick hasste es, unvorbereitet zu sein. Und in Anbetracht einer etwas unglücklichen Geschichte mit dem Detective – der immer noch sauer war wegen einer Entscheidung, die Rick vor ein paar Jahren getroffen hatte – bestand zumindest die Möglichkeit, dass Lat ihn ins Messer laufen ließ.
« Ich rufe in der Botschaft an und kümmere mich um die Sache, Jerry.»
« Ausgezeichnet», erwiderte der Generalstaatsanwalt. Der Regen prasselte immer heftiger gegen die Fenster, und die Skyline war inzwischen ganz verschwunden.
« Ist das nicht ein Sauwetter?», schimpfte Tigler und drehte sich wieder zum Fenster.
« Ich habe das Gefühl, dass ich seit einem Monat nichts als Regen sehe. Wir hatten – wie viele? – acht Hurrikans in den letzten zwei Jahren? Wo zum Teufel bleibt die Sonne in unserem sogenannten Sonnenstaat?»
« Ich glaube, sogar meine Bräune lässt langsam nach», sagte Rick, froh, dass sie das Thema gewechselt hatten.
« Dann haben wir tatsächlich ein Problem», erwiderte Tigler und lachte leise.
« Ich sage euch mal, was wirklich ein Problem ist, Jungs: mein Golfschwung», warf Rifkin ein.
« Du hast bald genug Zeit, um deinen Schwung zu verbessern, Cowboy. Wie lange musst du noch?», fragte Tigler.
« Warte mal – ein Jahr, sechs Monate und zweiundzwanzig Tage», erwiderte Rifkin mit einem wehmütigen Unterton.
« Aber wer zählt schon die Tage? Was ist mit dir, Jerry? Besteht die Chance, dass wir in absehbarer Zeit gemeinsam auf dem Rasen stehen, oder machst du noch ein paar Jahre weiter?» Jerry Tigler stieß einen Seufzer aus, und sein rotes, rundes Gesicht schien in sich zusammenzufallen. Auf einmal sah man ihm jedes seiner 67 Jahre an. Und vielleicht noch ein paar mehr.
« Eigentlich reicht es mir, Charley», sagte er.
« Dreißig Jahre sind wirklich genug.»
« Dreißig Jahre sind ein Vermächtnis», erklärte Rifkin.
« Da bin ich mir nicht so sicher.»
« Man wird Sie vermissen, Jerry», fügte Rick hinzu.
« Auch da bin ich mir nicht so sicher. Ich weiß nur, dass ich keine Wahlkampagne mehr durchstehe. Ich war schon bei der letzten am Ende meiner Kräfte.» Tigler sah Rick an.
« Was uns direkt zu Ihnen bringt, mein Junge. Sie haben bei der Staatsanwaltschaft beispielhafte Arbeit geleistet. Das wissen Sie. Und Sie haben mein Vertrauen. Ich habe meinen Posten bereits meinem Freund und Golfpartner hier angeboten, doch er hat keine Lust, in dieser Phase seines Lebens noch einmal zur Zielscheibe zu werden.» Rifkin winkte ab.
« Mein oberstes Ziel in den nächsten fünf Jahren ist es, unter 77 Schlägen zu bleiben. Ich kann keine weiteren Kopfschmerzen gebrauchen. Davon macht meine Frau mir schon genug. Nochmals vielen Dank, Jerry, aber ich will den Job wirklich nicht.»
« Und ich möchte nicht, dass dieses Büro in die falschen Hände gerät», sagte Tigler und strich über sein Haar, wobei er unauffällig prüfte, ob sein Toupet noch richtig saß.
« Ich will verhindern, dass es von einem hitzköpfigen MöchtegernPflichtverteidiger mit konservativem Anstrich geführt wird. Oder von einem Typen mit wohlklingendem Namen und dicker Brieftasche, der sich hier einkauft. Ich will die Zügel weitergeben, solange ich noch genug Einfluss besitze, meinen Nachfolger selbst zu wählen. Und ich will, dass der Mann genug Zeit hat, den Bürgern unseres Countys, den Menschen in diesem Gebäude und den ach so wichtigen Geldsäcken oben in Tallahassee zu beweisen, was er draufhat – bevor sein Name 2008 auf dem Wahlzettel steht. Ich will ihm

Weitere Kostenlose Bücher