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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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führte die Marquettes aus dem Eingangsbereich, vorbei an den Plastikkabinen der Wachmänner und durch einen Metalldetektor. Die Pfeile auf den mintgrünen Betonwänden leiteten sie den Gang entlang zu einer weiteren massiven Stahltür. Er hielt seinen Ausweis in die Videokamera über der Tür, die daraufhin summend aufsprang. Schweigend durchmaßen sie den Korridor und gelangten zu einer Tür mit einem kleinen, drahtverstärkten Fenster, neben der ein gelangweilt dreinblickender Wachmann stand. Er gähnte hinter vorgehaltener Hand und murmelte etwas in das Mikrophon an seiner Schulter. Dann nickte er ihnen zu.
« Sind wir so weit?», fragte Levenson.
« Er ist jetzt drin», sagte der Wachmann und schloss die Tür auf.
« Der Knopf für das Mikrophon ist an der Wand unter dem Tisch. Rufen Sie uns, wenn es ein Problem gibt. Wir haben die Mikrophone auf Empfang gestellt, damit Sie ihn direkt hören können und nicht warten müssen, bis er auf den Knopf drückt.» Der Raum war klein, vielleicht zwei mal drei Meter, und wurde von einer gut drei Zentimeter dicken Plexiglasscheibe und einem Metalltisch der Länge nach in zwei Hälften geteilt. Die Wände waren wie überall im Gefängnis mintgrün gestrichen, der Fußboden zementgrau. Lange vergitterte Neonröhren hingen an der Decke. Hinter der Plexiglasscheibe saß Dr. David Marquette auf einem im Boden verankerten Metallstuhl. Sein abgehärmtes unrasiertes Gesicht war bleich gegen den knallroten Overall. Hinter ihm befand sich eine weitere Stahltür, durch die er gebracht worden sein musste. Wie ein paar Stunden zuvor bei der Anklageerhebung starrte er mit leerem Blick vor sich hin. Alain Marquette trat an den Tisch und legte die Hände auf die Scheibe.
« David? David?» Plötzlich hämmerte er mit der Faust dagegen. David zuckte nicht einmal zusammen.
« Er bekommt die Medikamente erst seit ein paar Tagen. Die Erregungszustände haben sich gelegt, das ist die gute Nachricht. Aber alles andere ...» Levenson verstummte.
« Lawther, der Gefängnisarzt, sagt, es könnte Wochen dauern, bis die Medikation anschlägt. Solange wir nicht wissen, welche –»
« Was geben sie ihm?»
« Thorazine, tausend Milligramm.»
« Du lieber Himmel!»
« Es konnte noch keine endgültige Diagnose gestellt werden, Alain. Denken Sie daran, dies ist ein Gefängnis, keine Privatklinik.»
« Thorazine?» Wütend schlug Alain noch einmal gegen die Scheibe.
« Kein Wunder, dass er nicht reagiert! Sie bringen ihn um! Sie machen einen Zombie aus ihm!»
« Thorazine? Ist das nicht das Gleiche, was Darrell ...», begann Nina zögernd.
« Nein, Nina. Es ist nicht das Gleiche!», schnitt Alain ihr das Wort ab. Nina biss sich auf die Unterlippe und wandte sich ab. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie tupfte sich mit dem Taschentuch die Augen ab, während sie versuchte, an diesem schrecklichen Ort die Fassung zu bewahren.
« Ich kann das nicht, Alain. Bitte mich nicht darum. Nicht schon wieder», flüsterte sie.
« Ein Mensch kann nur so viel ertragen ...» Er sah zu, wie sie ihn beobachteten, wie sie ihn zu erforschen suchten. Er spürte, wie die Augen in seinem Schädel zurückrollten. Und wieder wurde er von einer Welle mitgerissen. Die Stimmen wurden leise und verschwommen, als wären sie mit ihm unter Wasser.
« Es reicht!», sagte Alain schließlich und warf die Hände in die Luft.
« Dieser Ort ist furchtbar. Barbarisch. Wir müssen ihn hier herausholen.»
« Das ist nicht so einfach», sagte Levenson kopfschüttelnd.
« David ist wegen vierfachen Mordes angeklagt.»
« Das weiß ich! Dieser Mann, Mr. Bellido, er will meinen Sohn umbringen!» Er kämpfte mit den Tränen und starrte die leere Gestalt hinter der Scheibe an.
« Sehen Sie ihn sich an, Mr. Levenson.» Alain beugte sich über den Tisch und berührte wieder die Scheibe. Plötzlich schrie er:
« David? Weißt du, was du getan hast? Weißt du, wo du bist? Weißt du, warum du hier bist?» David reagierte nicht.
« Wir holen dich hier raus.»
« Sie sollten ihm nicht zu viel versprechen», widersprach Levenson leise und legte Marquette die Hand auf den Arm.
« Wir müssen realistisch bleiben. Wir sind hier in Florida, nicht in Frankreich. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.» Alain stand abrupt auf.
« Dann verkürzen Sie den Weg! David gehört nicht hierher. Machen Sie es möglich, Mr. Levenson. Egal wie. Das dadrin ist mein Sohn. Ich bezahle Ihnen schließlich genug.» Obwohl sich seine Mutter nur wenige Schritte von ihm entfernt

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