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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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spannen. Die heldenhaften Kämpen der Kriminalpol i zei sind eingetroffen, um uns ihre Theorien vorzutragen« E i ner der Orpo-Männer kicherte.
    Die Leiche - oder das, was von ihr übriggeblieben war - lag unter einer rauhen wollenen Decke, die über die Gleise ausgebreitet war, und auch in einem grünen Plastiksack. »Kann ich die Leiche sehen?«
    »Natürlich. Wir haben sie noch nicht angerührt. Wir h a ben auf Sie gewartet, den großen Detektiv.« Globus nickte Krebs zu, der die Decke wegzog.
    Der Torso eines Mannes, an beiden Enden sauber en t lang der Gleislinien abgeschnitten. Er lag auf dem Bauch, schräg über die Gleise ausgestreckt. Die eine Hand war abgetrennt, der Kopf war zerschmettert. Beide Beine waren ebenfalls überrollt worden, aber die blutigen Kleidungsfe t zen machten es schwierig, die genaue Stelle der Amputat i on zu erkennen. Es roch stark nach Alkohol. »Und jetzt müssen Sie hier reinsehen.« Globus hielt den Plastiksack hoch ins Licht. Er öffnete ihn und hielt ihn März nahe vors Gesicht. »Die Gestapo möchte nicht der Unterschlagung von Beweisen angeklagt werden.«
    Zwei Füße, einer noch im Schuh; eine Hand, die in e i nem zersplitterten weißen Knochen und dem goldenen Band einer Armbanduhr endete. März schloß die Augen nicht, was Globus zu enttäuschen schien. »Ach, na schön.« Er ließ den Sack fallen. »Sie sind schlimmer, wenn sie stinken und wenn die Ratten schon an ihnen waren. Durc h suchen Sie seine Taschen, Krebs.« In seinem fla p penden Ledermantel kauerte Krebs über der Leiche wie ein Aa s geier. Er griff unter den Körper und tastete nach dem Inn e ren der Jacke. Krebs sagte über seine Schulter. »Wir wu r den vor zwei Stunden von der Reichsbahnpolizei unterric h tet, daß ein Mann vom Aussehen Luthers hier gesehen worden sei. Aber als wir hier eintrafen...« »... hatte er b e reits seinen tödlichen Unfall erlitten .« März lächelte bitter. »Wie unerwartet.«
    »Gefunden, Herr Obergruppenführer.« Krebs hatte Paß und Brieftasche hervorgezogen. Er richtete sich auf und übergab sie Globus. »Das ist ohne jede Frage sein Reis e paß«, sagte Globus und blätterte ihn durch. »Und hier sind einige tausend Reichsmark in bar. Genügend Geld für Se i denlaken im Hotel Adlon. Aber natürlich konnte der Kerl seine Visage in zivilisierter Umgebung nicht zeigen. Also hatte er keine andere Wahl, als hier draußen zu schlafen.«
    Dieser Gedanke schien ihn zu befriedigen. Er zeigte März den Reisepaß: Luthers massiges Gesicht starrte unter seinem schwieligen Daumen hervor. »Sehen Sie es sich an, Sturmbannführer, und dann rennen Sie los und erzählen Nebe, daß alles vorbei ist. Die Gestapo wird sich von jetzt an um alles kümmern. Sie können verschwinden und sich ein bißchen ausruhen.« Und genießen Sie es, schienen se i ne Augen zu sagen, solange Sie es noch können.« »Der Herr Obergruppenführer ist sehr freundlich.«
    »Sie werden noch rausfinden, wie freundlich ich bin, März, das verspreche ich Ihnen.« Er wandte sich an Eisler. »Wo ist die verdammte Ambulanz?«
    Der Pathologe stand stramm. »Auf dem Weg hierher, Herr Obergruppenführer. Ganz bestimmt.«
    März begriff, daß er entlassen war. Er ging zu den E i senbahnarbeitern, die etwa zehn Meter entfernt in einer verlorenen Gruppe standen. »Wer von euch hat die Leiche entdeckt?«
    »Ich, Herr Sturmbannführer, Der Mann, der vortrat, trug die blaue Uniformjacke und die weiche Kappe eines L o komotivführers. Seine Augen waren rot, seine Stimme war rauh. War das wegen der Leiche, fragte sich März, oder aus Angst vor der unerwarteten Anwesenheit eines SS-Generals ? »Zigarette?«
    »O ja gerne, Herr Sturmbannführer. Danke.« Der Lo k führer nahm sich eine und warf dann einen verstohlenen Blick auf Globus, der jetzt mit Krebs redete.
    März bot ihm Feuer an. »Entspannen Sie sich. Lassen Sie sich Zeit. Haben Sie so was schon mal erlebt?«
    »Einmal.« Der Mann stieß den Rauch aus und blickte dankbar auf die Zigarette.
    »Das passiert hier alle drei oder vier Monate. Die O b dachlosen schlafen hier unter den Güterwagen, die armen Teufel, um sich vor de m Regen zu schützen. Und wenn dann die Maschinen a n fahren, bleiben sie nicht etwa, wo sie sind, sondern vers u chen, rauszukriechen,
    Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ich muß ihn überfahren haben, als ich zurückgestoßen bin, aber ich h a be nichts gehört. Al s ich zurück auf die Gleise blickte, war er da - einfach ein Haufen Fetzen

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