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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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war zerkratzt und verblichen, die sta r ken Nähte waren schwarz, der Handgriff war durch viele Jahre des Tragen s glattgescheuert wie ein brauner Kiesel, bis er sich wie eine Verlängerung der Hand anfüh l te. Er verkündete Verläßlichkeit un d Sicherheit; Professionali s mus; ruhigen Wohlstand. E r stammte sicher aus der Zeit vor dem Krieg, vielleicht sogar vor dem Ersten Wel t krieg - geschaffen, um eine Generation oder zwei z u übe r dauern. Solide. Eine Menge wert.
    All das nahm März in sich auf, während er zum Vol k swagen zurückging. Sein Weg umging den Grenzschutz - eine weitere Guns t Friedmanns.
    Charlie stürzte sich darauf wie ein Kind auf sein G e burtstagsgeschenk und fluchte enttäuscht, als sie es ve r schlossen fand. Als Mär z aus dem Flughafengelände h e rausfuhr, wühlte sie in i h rer Tasche herum und fand eine Nagelschere. Sie stocherte damit verzweifelt a n dem Schloß herum, doch die Scherenklingen hinterli e ßen nur wirkungslose Kratzer auf dem Messing.
    März sagte: »Du verschwendest deine Zeit. Ich werde es aufbrechen müssen. Warte, bis wir da sind.«
    Sie schüttelte enttäuscht die Tasche. »Wo sind?«
    Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    Eine gute Frage.

    Jedes Zimmer in der Stadt war vermietet. Das Eden mit dem Dachgartencafe, das Bristol Unter den Linden, der Kaiserhof in der Mohrenstraße - sie alle hatten schon vor Monaten aufgehört, Reservierungen anzunehmen. Die Ri e senhotels mit tausend Zimmern waren ebenso wie die kle i nen Pensionen um die Bahnhöfe herum vollgestopft mit Uniformen. Nicht nur die SA und die SS, die Luftwaffe und die Wehrmacht, die Hitlerjugend und de r Bund Deutscher Mädel, sondern auch all die anderen: der Nati o nalsozialistische Reichskriegsbund, der Deutsche Falke n orden, die NS-Führungsschulen ...
    Vor dem berühmtesten und luxuriösesten aller Berliner Hotels - dem Adlon an der Ecke Pariser Platz und Wi l helmstraße - drängte sich die Menge vor den metallenen Abschirmgittern, um einen Blick auf die Berühmtheiten zu erhaschen: einen Filmstar, einen Fußballspieler, einen Pa r teisatrapen, der wegen des Führertages in der Stadt weilte. Als März und Charlie vorbeifuhren, fuhr gerade ein Me r cedes vor, dessen schwarzuniformierte Insassen in einem Meer von Blitzlichtern badeten.
    März fuhr über den Platz und Unter den Linden hinein, bog nach links ab und dann nach rechts in die Dorothee n straße. Er parkte zwischen den Abfalleimern auf der Rüc k seite des Hotels Prinz Friedrich-Karl. Hier hatte während seines Frühstücks mit Rudi Halder diese Angelegenheit richtig begonnen. Wann war das gewesen? Er konnte sich nicht erinnern.
    Der Geschäftsführer des Friedrich-Karl war wie üblich in einen altmodischen schwarzen Cut und gestreifte Hosen gekleidet und zeigte eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem verblichenen Reichspräsidenten Hindenburg. Er kam g e schäftig zum Empfang und streichelte seine weißen B a ckenbärte, als seien es Schoßtierchen.
    »Sturmbannführer März, welch eine Freude! Wirklich, welch eine Freude! Und zur Erholung gekleidet!« »Guten Tag, Herr Brecker. Eine schwierige Frage. Ich brauche ein Zimmer.«
    Brecker warf die Hände verzweifelt hoch. »Das ist u n möglich! Selbst für einen so ausgezeichneten Kunden wie Sie.« »Kommen Sie, Herr Brecker. Sie müssen da noch was haben. Eine Dachkammer würde genügen, oder eine Besenkammer. Sie würden der Reichskriminalpolizei den größten Dienst erweisen.«
    Breckkes ältliches Auge wanderte über das Gepäck und kam auf Charlie zur Ruhe, wobei in ihm ein Glanz au f leuchtete. »Und dies ist Frau März?«
    »Unglücklicherweise nein.« März legte seine Hand auf Breckers Ärmel und geleitete ihn in eine Ecke, wo sie die ältliche Empfangsdame mißtrauisch beäugte. »Diese junge Dame besitzt Informationen von besonders kritischer Art, aber wir möchten sie vernehmen ... wie soll ich sagen?«
    »In einem informellen Rahmen?« schlug der alte Mann vor.
    »Genau!« März zog hervor, was von den Ersparnissen seines Lebens noch übrig war und begann, Banknoten a b zuzählen. »Für diesen informellen Rahmen< würde die Kriminalpolizei sich Ihnen natürlich angemessen erken n tlich zeigen.«
    »Ich verstehe.« Brecker sah auf das Geld und leckte sich die Lippen. »Und da dies eine Sicherheitsangelegenheit ist, würden Sie zweifellos auch vorziehen, wenn bestimmte Formalitäten - wie zum Beispiel die Registrierung - unter b lieben?« März hörte zu zählen auf,

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