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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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nach Kotze und Schweiß - nach jeder Art von Geruch, die der me n schliche Körpe r absondert. Gott allein mochte wissen, we l che Parasiten in den Textilien hausten. Er durchsuchte die Taschen. Die waren leer. Sein e Hände juckten. Gib die Hoffnung nicht auf. Ein Aufb e wahrungsschein für Gepäck ist ein kleines Ding - eng z u sammengerollt nich t größer als ein Streichholz; ein Einschnitt im Jacken k ragen würde es verbergen. Mit seinem Messer hackte er an den Nähten des lange n braunen Mantels herum, den geronnenes Blut b e deckte, und seine Finger wurden braun und glitschig ...
    Nichts. All der übliche Abfall, den Landstreicher nach seiner Erfahrung mit sich führen - ein Stückchen Kordel und Papier, die Knöpf e und Zigarettenkippen -, waren schon entfernt worden. Die Gestapo hatte Luthers Kleidung sorgfältig durchsucht.
    Natürlich hatte sie. Er war ein Narr gewesen zu glauben, sie hätte nicht. Wütend hackte er in das Material - von rechts nach links, vo n links nach rechts, von rechts nach links ...
    Er trat von den Haufen Fetzen zurück und keuchte wie ein Meuchelmörder. Dann hob er einen der Fetzen auf und wischte Messer un d Hände sauber.

    »Weißt du, was ich glaube?« sagte Charlie, als er mit leeren Händen zum Wagen zurückkam. »Ich glaube, er hat aus Zürich überhaup t nichts hergebracht«
    Sie saß immer noch auf dem Rücksitz des Volkswagens. März drehte sich um, um sie anzusehen. »Doch hat er. N a türlich hat er.« E r versuchte, seine Ungeduld zu unterdr ü cken; es war nicht ihr Fehler. »Aber er hatte zuviel Angst, um es bei sich zu behalten. Also ha t er es aufgeg e ben und einen Aufbewahrungsschein dafür bekommen - entweder am Flughafen oder am Bahnhof - und hatte vor, e s später abzuholen. Ich bin sicher, daß dem so ist. Nun hat Globus es, oder es ist eben verloren.«
    »Nein. Hör zu. Ich habe nachgedacht. Als ich gestern durch den Flughafen ging, habe ich Gott dafür gedankt, daß du mich dara n gehindert hast zu versuchen, das Gemälde mit uns z u rück nach Berlin zu bringen. Erinnerst du dich an die Schlangen? Die haben jed e Handtasche durchsucht. Wie also hätte Luther überhaupt was am Grenzschutz vo r beibringen können?«
    März dachte darüber nach und massierte sich die Schl ä fen.
    »Eine gute Frage«, sage er schließlich. »Vielleicht«, setzte er eine Minute später hinzu, »die beste Frage, die ich jemals gehört habe.«

    Vor dem Hermann-Göring-Flughafen oxydierte die St a tue von Hanna Reitsch im Regen stetig vor sich hin. Sie starrte mit rostverklebten Augen über das Gewimmel vor der Abflughalle. »Bleib du besser im Wagen«, sagte März. »Kannst du fahren?«
    Sie nickte. Er warf ihr die Schlüssel in den Schoß. »Wenn die Flughafenpolizei kommt und dich wegscheucht, versuch nicht, mit ihnen zu diskutieren. Fahr los und komm wieder. Fahr immer im Kreis. Gib mir 20 Minuten« »Und dann?«
    »Ich weiß es nicht.« Seine Hand wedelte durch die Luft. »Laß dir was einfallen.«
    Er ging in die Abflughalle des Flughafens. Die große Digitaluhr über dem Paßkontrollbereich schnappte auf 13.22. Er blickte hinter sich. Er konnte seine Freiheit wah r scheinlich nur noch nach Minuten messen. Oder w e niger, falls Globus bereits einen allgemeinen Alarm ausg e geben hatte, denn nirgendwo wurde im Reich schärfer kontrolliert als auf Flughäfen. Er dachte an Krebs in seiner Wohnung, und an Eisler: » Man erzählt sich, Sie seien verhaftet wo r den .«
    Ein Mann mit einem Andenkenbeutel aus der Ruhme s halle der Soldaten sah vertraut aus. Ein Gest a po-Überwacher? März wechselte abrupt die Richtung und ging zu den Toiletten. Er stand an der Pinkelrinne und pißte Luft, die Augen auf den Eingang gerichtet. Niemand kam herein. Als er hinaus ging, war der Mann gegangen. » Let z ter Aufruf für Lufthansaflug zwo-null-sieben nach Tiflis ...«
    Er ging zum zentralen Lufthansaschalter und zeige e i nem der Wächter seinen Ausweis. »Ich muß Ihren Siche r heitschef sprechen. Dringend.«
    »Vielleicht ist er nicht da, Herr Sturmbannführer.« »S e hen Sie nach.«
    Der Wachmann war lange Zeit fort. 13.27 sagte die Uhr. 13.28. Vielleicht rief er die Gestapo. 13.29. März schob die Hand in die Tasche und spürte das kalte Metall der L u ger. Besser sich hier bis zum Ende verteidigen als in der Prinz-Albrecht-Straße auf dem Steinfußboden herumkri e chen und sich die eigenen Zähne in die Hand spucken. 13.30 Der Wachmann kam zurück. »Hier entlang, Herr Sturmban n

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