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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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führer. Bitte.«

    Friedmann war der Berliner Kripo zur gleichen Zeit wie März beigetreten. Er hatte sie fünf Jahre später verlassen, genau einen Schritt vor einer Korruptionsuntersuchung. Jetzt trug er handgearbeitete englische Anzüge, rauchte zollfreie Schweizer Zigarren und verdiente sich zusätzlich das Fünffache seines Gehaltes durch Methoden, für die man ihn seit langem verdächtigte, die man aber nie hatte nachweisen können. Er war ein Handelsfürst und der Flu g hafen sein korruptes kleines Königreich. Als ihm klar wu r de, daß März nicht gekommen war, ihn zu überprüfen, sondern eine Gunst zu erbitten, geriet er fast in Ekstase. Seine ausgezeichnete Laune dauerte an, während er März durch einen Gang des Abfertigungsgebäudes fortführte. »Und wie geht es Jäger? Und Fiebes? Fährt der immer noch ab auf Fotos von arischen Maiden mit ukrainischen Fensterwäschern? Ach, wie ich euch alle vermisse, ich w a ge nicht, daran zu denken! Wir sind da.« Friedmann schob sich die Zigarre in den Mund und zerrte an einer großen Tür. »Die Höhlen Aladins!«
    Das Metall glitt kreischend auf und ließ einen kleinen Hangar sichtbar werden, der mit verlorenem und verlass e nem Eigentum vollgestopft war. »Die Sachen, die Leute liegenlassen«, sagte Friedmann. »Sie würden es nicht gla u ben. Wir hatten sogar schon einmal einen Leoparden.« »Einen Leoparden? Eine Katze?«
    »Er ist gestorben. Irgendein fauler Schweinehund hat vergessen, ihn zu füttern. Er hat einen guten Mantel abg e geben.« Er lachte und schnalzte mit den Fingern, und aus den Schatten erschien ein ältlicher zusammengeduckter Mann - ein Slawe, weit auseinanderstehende furchtsame Augen.
    »Steh gerade, Mann. Zeig Respekt.« Friedmann gab ihm einen Stoß, der ihn rückwärts taumeln ließ. »Der Herr Sturmbannführer ist ein guter Freund. Er sucht nach etwas. Sagen Sie's ihm, März.«
    »Einen Koffer, vielleicht einen Beutel«, sagte März. »Letzter Flug von Zürich am Montagabend, dem dreizeh n ten. Entweder im Flugzeug liegengeblieben oder im B e reich der Ge päckaufbewahrung.«
    »Verstanden? Richtig?« Der Slawe nickte. »Dann los!« Er schlurfte fort, und Friedmann wies auf seinen Mund. »Stumm. Man hat ihm im Krieg die Zunge herausgeschni t ten. Der ideale Arbeiter!« Er lachte und schlug März auf die Schulter. »Und jetzt. Wie geht es?« »Ganz gut.«
    »Zivilanzug. Arbeit am Wochenende. Muß was Großes sein.« »Vielleicht.«
    »Es geht um diesen Martin Luther, oder?« März antwo r tete nicht. »Sie sind also auch stumm. Ich verstehe.« Friedmann schnippte die Zigarrenasche auf den sauberen Fußboden. »Soll mir recht sein. Ein Braune-Hosen-Job. Möglich?« »Ein was?«
    »Ausdruck des Grenzschutzes. Jemand will was rein b ringen, was er nicht darf. Er kommt zur Kontrolle, sieht die Sicherheitsmaßnahmen, beginnt sich vollzuscheißen. Läßt fallen, was immer es ist, und rennt weg.« »Aber das ist u n gewöhnlich, oder? Ihr öffnet doch nicht jeden Tag jeden Koffer?« »Nur in der Woche vor Führers Geburtstag.« »Was ist mit verlorenem Eigentum, öffnet ihr das?« »Nur wenn es wertvoll aussieht!« Friedmann lachte wieder.
    »Nein. Das war nur ein Witz. Wir haben nicht genug Leute. Es wird auf jeden Fall geröntgt, erinnern Sie sich - keine Waffen, keine Sprengstoffe. Also lassen wir es ei n fach hier und warten ab, ob jemand es haben will. Wenn binnen eines Jahres niemand kommt, öffnen wir es und sehen nach, was wir da haben.« »Ich nehme an, das zahlt ein paar Anzüge.«
    »Was?« Friedmann zupfte an seinem makellosen Ärmel. »Diese armseligen Lumpen?« Es gab ein Geräusch, und er drehte sich um. »Sieht so aus, als hätten Sie Glück, März.«
    Der Slawe kam zurück und trug etwas. Friedmann nahm es ihm ab und wog es in der Hand. »Reichlich leicht. Kann kein Gold sein. Was ist es nach Ihrer Meinung, März? Dr o gen? Dollars? Schmuggelseide aus dem Osten? Eine Schat z karte?« Wollen Sie es öffnen?. März faßte die Waffe in seiner Tasche an. Er würde sie gebrauchen, wenn er mu ß te.
    Friedmann schien geschockt. »Das ist eine Gunst. Von einem Freund zum anderen. Ihre Angelegenheit.« Er gab März den Koffer. »Sie werden sich daran erinnern, Stur m bannführer, oder nicht? Eine Gunst? Eines Tages werden Sie etwas für mich tun, oder? Von Kamerad zu Kamerad?«

    Der Koffer war von der Art, wie sie Ärzte tragen, mit messingverstärkten Ecken und einem kräftigen Messin g schloß, stumpf vor Alter.
    Das braune Leder

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