Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
wissendem Blick an. »Der Herr Reichsminister hatte Probeaufnahmen. Frau Goebbels wird zum Mittagessen zurückerwartet.«
    »Aha. Dann ist ja alles klar« März drehte den Zün d schlüssel, und der VW sprang an. »Wußten Sie, daß Dr. Bühler tot ist?« »Nein.« Der Posten zeigte keinerlei Inte r esse. »Wann ist denn das passiert?« »Montag abend. Er wurde wenige hundert Meter von hier angeschwemmt« »Ich hab nur gehört, daß man eine Leiche gefunden hat.« »Wie war er denn?« »Ich hab ihn kaum gekannt. Er ist nicht oft ausgegangen. Keine Besucher. Hat nie was gesagt. Aber so enden hier schließlich viele von denen.«
    »Wo war sein Haus?«
    »Sie können es nicht verfehlen. Auf der Ostseite der I n sel. Zwei große Türme. Es ist eines der größten«
    »Danke«
    Als er die Chaussee hinabfuhr, sah März in den Rüc k spiegel.
    Der Posten stand da einige Sekunden und sah ihm nach, rückte dann erneut sein Gewehr zurecht und ging langsam in sein Häusche n zurück.
    Schwanenwerder war klein, weniger als einen Kilometer lang und einen halben Kilometer breit, und eine einzige Straße lief al s Einhahnstraße im Uhrzeigersinn herum. Um Bühlers Besitz zu erreichen, mußte März dreiviertel der Straße um die Insel herumfahren. E r fuhr vorsichtig und verlangsamte jedesmal fast bis zum Stillstand, wenn er ein Haus zu seiner Linken erblickte.
    Die Insel, die früher Sandwerder hieß, hatte ihren liebl i cheren Namen von den berühmten Schwanenkolonien e r halten, die am südliche n Ende der Havel lebten. Sie war während des letzten Jahrhunderts in Mode gekommen. Die meisten der Gebäude stammten aus diese r Zeit: große Vi l len mit steilen Dächern und steinernen Fassaden im franz ö sischen Stil, mit langen Auffahrten und Rasenflächen, und vo r spionierenden Augen durch hohe Mauern und Bäume geschützt. Ein Stück aus den Ruinen des Tuilerien-Palastes stand sinnlos a m Straßenrand - eine Säule und ein Stück Bogen, die ein seit langem toter Kaufmann der Wilhelmin i schen Zeit aus Paris hergeschlepp t hatte. Manchmal sah März durch die Gitte r eines Tores einen Wachhund und – einmal - einen Gär t ner, der den Rasen harkte. Die Besitzer waren entweder in der Stadt bei ihre r Arbeit oder verreist oder verhielten sich ruhig.
    März kannte einige von ihnen: Parteibonzen; einen M a nager der Autoindustrie, der unmittelbar nach dem Krieg durch die Profite de r Sklavenarb eit reich geworden war; den Ge schäftsführer von Wertheim, dem großen Kau f haus am Potsdamer Platz, dessen jüdisch e Besitzer vor über dreißig Jahren enteignet worden waren; einen Rüstungsfa b rikanten; den Chef eines Baukonzerns, der die große n A u tobahnen in die östlichen Gebiete baute. Er fragte sich, wie Bühler sich eine so wohlhabende Nachbarschaft leisten konnte, dan n erinnerte er sich an Halders Beschreibung. Luxus wie im alten Rom.
    »KP 17, hier KHQ. KP 7, bitte antworten.« Eine drä n gende Frauenstimme füllte den Wagen. März nahm den Hörer des unter de m Armaturenbrett verborgenen Funkg e rätes auf.
    »Hier KP 17. Was ist los?«
    »KP 17, ich habe hier Sturmbannführer Jäger für Sie.«
    Er war vor den Toren zu Bühlers Villa angekommen. Durch die Metallgitter konnte März die Biegung der gelben Auffahrt und di e beiden Türme sehen, genau wie der Po s ten es beschri e ben hatte.
    »Du hast etwas von Ärger gesagt«, dröhnte Jäger, »und den haben wir.«
    »Also was?«
    »Ich war kaum zehn Minuten hier, als zwei unserer g e schätzten Kollegen von der Gestapo kamen. >Angesichts der herausragende n Position des Parteigenossen Bühler blahblahblah ist der Fall jetzt neu als Sicherheitsangel e genheit eingestuft wo r den<.«
    März hämmerte mit der Faust aufs Steuerrad. »Sche i ße!«
    »... alle Dokumente sind sofort der Sicherheitspolizei zu übergeben, von den Untersuchungsbeamten werden B e richte über de n gegenwärtigen Stand der Untersuchung gefordert, die Kripo-Untersuchung ist mit sofortiger Wi r kung zu bee n den.«
    »Wann »Wann ist denn das passiert?«
    »Es passiert jetzt. Die sitzen in unserem Büro.«
    »Hast du denen gesagt, wo ich bin?«
    »Natürlich nicht. Ich hab sie einfach sitzen lassen und hab ihnen gesagt, ich würde versuchen, dich zu finden. Ich bin direkt in de n zentralen Kontrollraum gegangen.« Jäger senkte seine Stimme.
    März konnte sich vorstellen, wie er der weiblichen Tel e fonistin den Rücken zukehrte. »Hör zu, Xavi.Ich würde jetzt keine Heldentate n empfehlen. Die

Weitere Kostenlose Bücher